Silberband 021 - Strasse nach Andromeda
»Hört beide zu. Seht ihr dort unten am Ozean die Kraftstation?«
Gucky winkte verächtlich ab.
»Längst gesehen. Die schaffen wir im Handumdrehen.«
»Schön.« Rhodans Gesicht war ernst. Wenn er Teleporter wäre, er hätte selbst getan, was getan
werden mußte. Es widerstrebte ihm, immer wieder Gucky, einen der treuesten Freunde, die er je
kennengelernt hatte, in Gefahr zu bringen. »Ich mache euch darauf aufmerksam, daß ich euch keine
Befehle gebe, sondern nur eine Frage stelle: Wäret ihr bereit, die Schirmfeldprojektoren jener
Station zu zerstören?«
»Mach es nicht so feierlich«, sagte Gucky fast beleidigt. »Schließlich will auch ich wieder
nach Hause, und wenn ich nicht dort hinunterspringe, komme ich nie heim. Was soll die ganze
Fragerei dann?«
Rhodan räusperte sich.
»Entschuldige, Kleiner. Aber wir haben keine Zeit für unnütze Worte. Ihr macht das gleiche wie
schon auf Sexta. Seht euch bitte vor! Und dann nehmt euch in acht, daß ihr keine überflüssigen
Zerstörungen anrichtet. Die Justierungsstation für den Sonnentransmitter muß dort unten sein, und
wenn wir sie beschädigen …«
Er sprach den Satz nicht zu Ende, aber das war auch nicht nötig. Jeder an Bord der CREST II
wußte nur zu gut, was das für Folgen haben mußte. Niemand war mit den Funktionsdetails des
Gigant-Transmitters vertraut, niemand konnte helfen, wenn die geringste Kleinigkeit der
Transmitterjustierung ausfiel.
»Wir halten uns bereit. Und … Perry, auf mich kannst du dich verlassen, das solltest du
wissen.«
Rhodan strich Gucky über das seidige Nackenfell. Es war eine Geste, aber sie zeigte, wie stark
beide Wesen auch emotionell verbunden waren.
Im nächsten Augenblick hatte Rhodan sich abgewandt. Sein Gesicht hatte jede Weichheit
verloren, es war verkörperter Wille geworden. Eigenhändig stellte er eine Verbindung zur
Feuerleitzentrale her.
»Major Wiffert!« meldete sich eine knappe Stimme.
Rhodan holte tief Luft.
»Halten Sie drei Gravitationsbomben auf Abruf feuerbereit, Wiffert! Sobald ich Ihnen das
Kommando gebe, strahlen Sie die Bomben gleichzeitig auf einen Punkt des gegnerischen
Schutzschirms ab. Haben Sie verstanden?«
»Jawohl!«
Rhodan nickte ernst.
»Es darf keine Fehler geben. Melden Sie Abrufbereitschaft zu Oberst Rudo!«
Er nickte dem Epsaler zu, und der nickte zurück.
»Sollen wir nicht ein Landekommando bereitstellen? Ich dachte an Captain Redhorse.«
»Nein, Rudo. Diesmal bleiben wir zusammen. Sobald die Schutzschirme erlöschen, landen wir in
der Nähe des Kraftwerks unter Einhaltung aller Vorsichtsmaßregeln.«
Die Lampe des Interkoms flackerte auf.
»Feuerleitzentrale«, murmelte Oberst Rudo nach einem Blick auf die Nummer der Anzeigetafel,
dann stellte er die Verbindung her.
»Hier Major Wiffert. Drei Gravitationsbomben, abstrahlbereit, auf Zielpunkt einjustiert.«
Rhodan hatte mitgehört. Er beugte sich zum Mikrophon.
»Abstrahlung in zwei Minuten, Wiffert. Achtung … Zeit zählt ab jetzt. Klar?«
»Klar, Sir.«
Rhodan blickte sich nach den Mausbibern um. Er sah, daß jegliche Anweisung überflüssig war.
Die beiden starrten wie hypnotisiert auf den Suchschirm. In dem Augenblick, in dem die geballte
Kraft der Gravitationsbomben dort unten einschlug, würden sie das Ziel erfaßt haben und
teleportieren.
Mit unbewegtem Gesicht ließ sich Rhodan erneut mit der BOX-8323 verbinden.
»Was besagt Ihre Ortung?«
»Keine Fremdortung«, hörte er.
»Gut! Noch einmal: Sie greifen nicht in die Geschehnisse auf Quinta ein, solange die CREST II
nicht in direkter Gefahr schwebt. Ihnen obliegt nur die Sicherung gegen den Raum hin. Bei
eventuellen Angriffen, gleich welcher Art, setzen Sie alle Mittel zur Abwehr ein, und zwar so,
daß die CREST II möglichst ungestört ihre eigentliche Aufgabe erfüllen kann!«
»Befehl verstanden und gespeichert.«
Als Rhodan abschaltete, waren es noch fünfundvierzig Sekunden bis zum Beginn der Aktion. Er
fühlte, daß sich seine Stirn mit kleinen Schweißperlen bedeckte, aber ansonsten war er jetzt die
Ruhe selbst. Lächelnd drehte er sich zu Gucky um.
»Macht eure Sache gut, Kleiner. Aber denkt auch an euch selbst. Ich möchte die Heimreise nicht
ohne euch antreten.«
»Okay, Chef!« piepste Gucky ungehalten. »Störe uns jetzt nicht!«
Rhodans Lächeln erstarb. Mit beiden Händen umklammerte er die Lehne von Rudos Sessel.
Er sah nicht, daß Oberst Rudo die Empfangskapazität des Interkoms verstärkte.
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