Silberband 022 - Schrecken der Hohlwelt
Dampfpfeife klang.
Als Redhorse wagte, nach Losar zu sehen, war der Waffenmeister gerade in der Mitte des freien
Platzes zwischen den Gebäuden angekommen.
Er bot ein unwirkliches Bild, wie er in einer Hand die Waffe schwang, während er mit der
anderen seine Jacke zu löschen versuchte, die irgendwie Feuer gefangen hatte. Von Oleg Sanchon
war überhaupt nichts mehr zu sehen. Belchman und Aybron tauchten abwechselnd an der Ecke des
Gebäudes auf und schossen auf die Verfolger.
Die Trümmer des explodierenden Wagens brannten. Eine Flammenkaskade schoß daraus hervor. Ein
einzelnes Rad, wie durch ein Wunder unversehrt, rollte über den Boden, bis es sich zur Seite
neigte und in immer flacher werdenden Kreisen niedersank.
Ein Schuß streifte Redhorses Arm. Er taumelte. Die Umwelt schien im Rattern und Dröhnen der
Waffen zu versinken, im Knistern der Flammen und im Schreien Belchmans, der wie ein Verrückter
die Arme in die Luft warf, um Redhorse zu größter Schnelligkeit anzutreiben.
Eine Serie von Querschlägern heulte am Haus entlang.
Lope Losar kam neben Belchman an. Redhorse sah, daß der Waffenmeister humpelte und mehr in die
Deckung hineinfiel, als er ging.
Dann war auch Redhorse am Ende des Gebäudes angelangt.
Wie aus weiter Ferne hörte er das regelmäßige Tack-Tack von Minirakgeschossen.
Das war Sanchon.
Und Sanchon war noch irgendwo auf dem freien Platz. Die Tatsache, daß er schoß, bewies, daß er
noch am Leben war.
Redhorse schaute sich aufmerksam um. Sie befanden sich jetzt zwischen zwei langen Gebäuden.
Auf der linken Seite sah der Cheyenne ein großes Tor, das etwas offenstand. Von dort schien keine
Gefahr zu drohen. Es widerstrebte Redhorse jedoch, jetzt dorthin zu fliehen – solange
Sanchon noch nicht in Sicherheit war.
Lope Losar riß seine Hose auf. Seine linke Wade war blutverkrustet.
»Diese üblen Bunkerköpfe!« sagte er.
Damit hatte er den Namen für die Bewohner Llalags geprägt. Redhorse zog einen kleinen
Notverband aus seiner Universaltasche. Dann desinfizierte er die Wunde.
»Sie werden nicht gehen können«, sagte Redhorse und versuchte seine Stimme sorglos klingen zu
lassen.
»Ich kann gehen«, erklärte der Waffenmeister. »Ich kann sogar rennen.«
»Wir müssen uns beeilen«, sagte Belchman von der Ecke her. »Sie kommen rasch näher.«
»Wo ist Sanchon?« fragte Redhorse.
»Auf dem Dach des flachen Gebäudes dort drüben«, sagte Belchman.
Redhorse blickte in die angegebene Richtung. Oleg Sanchon lag auf dem Dach einer kleinen
Halle. Er hatte sich an den Lianen einer Schlingpflanze hochgearbeitet.
Sanchon schoß nicht mehr. Unter ihm standen drei Roboter und warteten offenbar darauf, daß sie
ihren Gegner zu sehen bekamen.
Redhorse fragte bedrückt: »Ob er tot ist?«
»Dieser Elefant?« Belchman grinste.
»Machen wir uns keine Sorgen um ihn. Im Augenblick scheinen sich die Bunkerköpfe mehr für uns
zu interessieren.«
Plötzlich hob Sanchon den Kopf und blickte zu ihnen herüber. Redhorse winkte ihm zu. Der
Techniker gab ein kurzes Zeichen mit der Hand. Redhorse versuchte, dem abgeschnittenen Mann
begreiflich zu machen, wohin sie sich wenden würden. Schließlich nickte Sanchon verstehend.
Da schlugen die ersten Geschosse vor ihnen ein.
»Es geht los!« rief Belchman.
Wie wenig hat er von einem Mediziner an sich, dachte Redhorse verwundert, und
wieviel von einem Kämpfer.
Dann rannten sie gemeinsam auf das Tor am Ende des Gebäudes zu. Auch Losar rannte, obwohl sein
Gesicht vor Schmerzen verzogen war. Kaum waren sie hinter dem Tor, als die ersten Verfolger
kamen.
Redhorse und seine Begleiter gelangten in eine halbdunkle Halle, die als Lagerraum zu dienen
schien. Im ungewissen Licht sah Redhorse einige quadratische Gegenstände.
Lope Losar stöhnte leise. Unverhofft brach eine Flut unklarer Empfindungen über Redhorse
herein. Ausgelöst durch Losars schmerzvolles Stöhnen hämmerte unaufhörlich der Gedanke in sein
Bewußtsein: Du bist zwei Millimeter groß! Du bist zwei Millimeter groß!
Jener Teil von Redhorses Verstand, der mit der üblichen Schärfe arbeitete, begriff bestürzt,
daß er diese Erkenntnis bisher gewaltsam in seinem Unterbewußtsein niedergedrückt hatte, daß sie
dort nur auf einen günstigen Moment geistiger Unachtsamkeit gelauert hatte, um mit dämonischer
Heftigkeit hervorzubrechen.
Einen Augenblick lang – während ein fürchterlicher Kampf in ihm tobte – glich der
Cheyenne einer Statue,
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