Silberband 022 - Schrecken der Hohlwelt
Zeitgewinn für uns.« Er setzte sich an die Spitze der Gruppe. Je näher er an die Außenwand der
Zentrale kam, desto stärker fühlte er die Drohung einer nahen Gefahr.
Der Rohrdurchlaß stieß ununterbrochen Dampf aus. Die Leitungen waren feucht von Kondenswasser.
Prüfend sog Redhorse die Luft ein, als er neben dem Loch ankam. Der Qualm war geruchlos.
»Wasserdampf!« stellte Losar lakonisch fest und rieb sein verletztes Bein. »Hoffentlich ist es
kein Hochdruckkessel, in den wir einsteigen wollen.«
Entschlossen zwängte Redhorse seinen Oberkörper durch die Öffnung. Im ersten Augenblick machte
ihn der heiße Dampf benommen. Hustend fuhr er zurück. Seine Augen tränten. Ohne etwas zu sagen,
unternahm er einen zweiten Versuch. Diesmal gelang es besser. Er arbeitete sich zwischen den
Rohren weiter. Sein Körper lag eingebettet zwischen den Rohrpassagen.
Belchmans Stimme kam merkwürdig dumpf von außen.
»Können Sie etwas sehen?«
Redhorse nieste. »Nein«, gab er zurück. »Es ist alles finster. Die Luft scheint jedoch
erträglich zu sein.«
An seinen Füßen entstand eine Bewegung. Redhorse schloß daraus, daß zumindest einer der Männer
ihm folgte. Innerhalb weniger Sekunden war seine Kleidung von Feuchtigkeit durchtränkt. Seine
Haare klebten ihm im Gesicht. Trotzdem kroch er weiter durch die Dunkelheit. Seine Füße erzeugten
dumpfe Geräusche, wenn er seitlich wegrutschte und mit den Stiefelabsätzen gegen eines der Rohre
schlug.
»Donnerwetter!« rief Sanchon irgendwo hinter ihm. »Das ist wie eine Sauna, gerade das Richtige
für meine Figur.«
Redhorse mußte lächeln. Im gleichen Augenblick rutschte er ab und glitt zwischen zwei Rohren
hindurch. Verzweifelt suchten seine Hände nach Halt, doch das nasse Metall bot keinen Widerstand.
Er schlug hart mit dem Rücken auf.
»Was ist passiert, Captain?« rief Belchman.
»Wo sind Sie?« schrie Losar von oben.
»Ich bin ausgerutscht«, erwiderte Redhorse. »Hier unten ist es nicht ganz so dunkel. Man kann
aufrecht stehen.«
»Wir folgen Ihnen«, kündigte der Waffenmeister an.
Redhorse hörte sie rumoren, vier zu allem entschlossene Männer, die ihm überallhin folgen
würden.
»Es ist heiß«, bemerkte Sanchon.
Redhorse sah eine Gestalt aus dem Qualm auf sich zukommen.
»Losar?« fragte er.
»Ich bin es«, sagte Aybron und blieb neben Redhorse stehen. »Dort drüben scheint es noch
heller zu werden.«
Auch Redhorse sah die Stelle, wo sich der Dampf langsam aufzulösen schien. Es dauerte nicht
lange, bis auch Belchman und Sanchon auftauchten. Losar erschien zuletzt, er humpelte
schwerfällig heran.
Redhorse schaute sich um. Überall ragten dunkle Schatten aus dem Wasserdampf, doch es war
unmöglich, nähere Einzelheiten zu erkennen. Von allen Seiten kam das Geplätscher von Wasser.
Der Captain zog die Pistole aus dem Stiefel und ging weiter. Nach wenigen Metern stieß er auf
ein Netz. Fast wäre er hineingefallen. Das Netz war ein unregelmäßiges Geflecht aus weichem
Stoff, der unter Redhorses Händen nachgab. Es hing frei von oben herunter. Es tropfte vor
Feuchtigkeit. Redhorse zog es erst leicht, dann fester, um die Festigkeit des Materials zu
prüfen. Neben ihm untersuchte Belchman den eigenartigen Vorhang.
»Was kann das sein?« fragte Sanchon. »Eine Falle?«
»Das glaube ich nicht«, antwortete Redhorse. Er ging einige Schritte weiter, doch das Netz war
überall. Die einzelnen Löcher waren etwas größer als Redhorses Hand. Der Captain bückte sich und
stellte fest, daß das Geflecht fest im Boden verankert war. Redhorse zog sein kleines Messer aus
der Tasche, um einige Stränge durchzuschneiden, doch das Material widerstand seinen Bemühungen.
Es ließ sich auch nicht vom Boden lösen.
Der Cheyenne überlegte. Wozu das Netz auch war, es hinderte sie an einem weiteren
Vorwärtskommen. Sanchon zerrte wütend daran herum.
»Ich nehme an, daß es eine Sperre ist«, sagte Belchman. »Was es allerdings aufhalten soll,
werden wir wahrscheinlich nie erfahren.«
Redhorse klammerte sich mit beiden Händen fest und zog sich einige Meter in die Höhe. In
diesem Augenblick dachte er nicht daran, daß es in Wirklichkeit nur Millimeter waren, die er
überwand. Das Netz schwankte, gab jedoch nicht nach.
»Wir werden versuchen, es zu überklettern«, sagte er.
Er klomm weiter in die Höhe. Je höher er kam, desto dunkler wurde es. Endlich erreichte er
einen Querträger, an dem das Netz aufgehängt war. Er
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