Silberband 023 - Die Maahks
Schiff hier auftauchen
würde.
Die kleine Traktorstation war offenbar nicht von irgendwelchen Lebewesen besetzt. Sie
arbeitete vollautomatisch.
Das riesige Landefeld machte einen gepflegten Eindruck. Alles deutete darauf hin, daß hier oft
Raumschiffe landeten. Wir mußten jedoch die ALTAI verlassen, wenn wir Einzelheiten herausfinden
wollten.
Früher oder später würde Sörlund den Befehl zum Aussteigen geben, dessen war ich sicher.
Vielleicht würde er zunächst nur ein paar Roboter ausschleusen.
Der Major ging in der Zentrale auf und ab. Ein solch sichtbares Zeichen offener Unruhe war bei
ihm derart bemerkenswert, daß wir vier anderen uns fragend anblickten.
Sörlunds Raumanzug knirschte, als der Major mit einem Ruck seine Wanderung unterbrach.
»Vielleicht will man uns nur weich machen«, sagte er. »Wenn wir erst richtig nervös sind, wird
jeder Verhandlungspartner überlegen sein.«
Selbst bei lebhafter Phantasie konnte ich mir keinen ruhigeren Verhandlungspartner als Sörlund
vorstellen. Allein der Anblick, den er in seiner Sonderanfertigung eines Raumanzuges bot, mußte
jedes Lebewesen beunruhigen.
Sörlund machte eine entscheidende Handbewegung.
»Also gut«, rief er aus. »Fangen wir noch einmal von vorne an. Es muß eine logische Erklärung
für unser Hiersein geben.«
Je länger wir jedoch darüber sprachen, desto verworrener erschien uns unser Problem – und
die Absichten der Unbekannten, die uns nach Alpha-Zentra gebracht hatten.
Schließlich sagte Sörlund: »Ich sehe schon, daß wir warten müssen, um Klarheit zu
erhalten.«
Die genaue Uhrzeit unserer Landung auf Alpha-Zentra habe ich nicht festgehalten,
aber sie fand irgendwann in den Nachmittagsstunden des 1. April 2401 statt.
Nun sind wir also hier, abgeschnitten von der übrigen menschlichen Gemeinschaft, über zwei
Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. Ich weiß nicht, warum ich mich entschlossen habe,
meinen Bericht nicht fortzusetzen, gleichgültig, was uns die Zukunft bringen wird. Vielleicht ist
es eine gewisse Resignation gegenüber den unbekannten Mächten, die uns im Augenblick beherrschen.
Doch das glaube ich nicht.
Die Energie, mit der wir uns an unsere Aufgabe machten, scheint zwar erloschen zu sein, doch
an ihre Stelle ist eine ruhige Entschlossenheit getreten, alles zu tun, um unsere Lage zu
verbessern.
Son-Hao sagte, daß die ALTAI wahrscheinlich unser Sarg sei, doch er sagte es mit einem
Lächeln, das mir deutlich zeigte, daß er selbst nicht an diese Worte glaubte. Er hat etwas von
seiner Lebendigkeit eingebüßt, der kleine Leutnant. Er ist irgendwie ruhiger und reifer geworden.
Die Linien in seinem Gesicht sind schärfer geworden, die Nase tritt stärker hervor.
Auch an Harpers sportlicher Gestalt sind die Strapazen der letzten Tage nicht spurlos
vorübergegangen. Der vierunddreißig Jahre alte Biophysiker, der so selten aus sich herausgeht,
hat dunkle Schatten unter seinen Augen.
Und Imar Arcus? Seine kräftige Gestalt scheint aus einem anderen Material als unsere Körper zu
bestehen, denn er bewegt sich nach wie vor mit wuchtigen Schritten, ein dynamischer, impulsiver
Mann. Und doch, die wasserblauen Augen des Ultraenergie-Ingenieurs scheinen sich jetzt öfter zu
verschleiern. Ab und zu fährt Arcus mit den Händen nachdenklich über sein kurzgeschorenes rotes
Haar.
Auch mit mir ist eine Veränderung vorgegangen, ich spüre es. Ich lache nicht mehr so häufig,
und ich muß mich zusammenreißen, damit mein Spott, den meine Freunde so gewöhnt sind, nicht immer
stärker in Zynismus umschlägt.
Mit den Todgeweihten, die ASTO IV verlassen haben, haben wir zumindest in seelischer Hinsicht
kaum noch etwas gemeinsam.
Wir sitzen in der Zentrale der ALTAI, die Helme unserer Anzüge sind aufgeklappt, weil wir den
Sauerstoff in den Aggregaten sparen wollen.
Die anderen nehmen weitere Messungen und Untersuchungen der Atmosphäre vor, während ich meinen
Bericht beende.
Die fünf Maahks funken noch immer.
Flach dehnt sich das Landefeld vor uns aus, in seiner hellen Ebenmäßigkeit nur von der
Traktorstation unterbrochen. Ein geheimnisvoller Ruf scheint von diesem Raumflughafen
auszugehen.
Aber dieses Gefühl kenne ich schon von anderen Raumhäfen. Sie erwecken alle die gleichen
Sehnsüchte in mir. Einen Sternenhafen zu betreten, bedeutet immer Abschied zu nehmen und ein
Stück in die Zukunft vorauszueilen.
Ich erinnere mich an die Worte Sörlunds, die er beim Betreten
Weitere Kostenlose Bücher