Silberband 023 - Die Maahks
diesen Eindruck gewonnen. Wir sind geflohen, um mit Ihren Oberbefehlshabern Verbindung
aufzunehmen. Wir möchten einen Krieg zwischen den Intelligenzen der Milchstraße und Ihrem Volk
verhindern. Wir sind davon überzeugt, daß ein vernünftiges Gespräch zur rechten Zeit Früchte
tragen wird. Weshalb sollten wir also starten, nachdem wir mit Mühe und Not hier angekommen sind?
Finden Sie das nicht unlogisch? Sie sind doch klare Denker, oder?«
»Das war aber eine lange Rede«, spöttelte Hegha. »Frage ihn, weshalb uns die Kommandeure der
über dem Horrorsystem postierten Raumschiffe unangefochten durchgelassen haben. Vielleicht redet
er endlich.«
»Zwecklos«, lehnte Sörlund ab. »Unsere Freunde haben ein Geheimnis, das sie uns anscheinend
erst im letzten Augenblick anvertrauen wollen.«
»Wahrscheinlich dann, wenn es zu spät ist«, behauptete Cole Harper schläfrig. »Laßt sie in
Ruhe. Der Raumhafen ist öde und leer. In der Traktorstation rührt sich auch nichts. Wenn Hegete
etwas unternehmen will, soll er hinausgehen und nachschauen, wie die Apparaturen funktionieren.
Das beruhigt die Nerven. Arcus soll versuchen, ob er die in weiter Ferne erkennbaren Glasbäume
kleinhacken kann. Vielleicht brauchen wir einmal Brennholz.«
»Du bist auch ein Nagel zu meinem Sarg«, stellte Sörlund bekümmert fest. »Woher nimmst du
deine Ausgeglichenheit?«
Cole lächelte.
»Veranlagung. Außerdem sollen sich Halbtote nicht mehr über Dinge aufregen, die zu erledigen
den Lebenden zusteht. Also – wer macht mit mir ein Schläfchen?«
»Der Teufel soll dich holen«, knurrte Arcus fassungslos. »Ich mache die Bordwaffen klar.«
»Das machst du nicht«, gebot Sörlund.
Hegete drehte sich auf dem Absatz seiner Prothese um und ging zu seinem Platz zurück. Sein
Gesicht war noch verkniffener. Er dachte an die geheime Spezialausrüstung der ALTAI, die man
getreu nach den Richtlinien der Solaren Abwehr eingebaut hatte.
Wie sollten die Geräte eingesetzt werden, wenn sich niemand um die Ankömmlinge aus einer
anderen Galaxis kümmerte?
Sörlund winkte den fünf Maahks zu, hakte den Übersetzer in den Kombigürtel seines druckfesten
Raumanzuges ein und ging ebenfalls zu seinem Sitz zurück.
Wieder beobachteten sie die Bildschirme der Panoramagalerie. Sie boten das gleiche Bild wie
Stunden zuvor.
Weit hinter dem Raumhafen wuchsen Berge in den Himmel. Von den drei blauen Riesensonnen dieses
künstlich aufgebauten Systems waren zwei auf den Bildschirmen zu erblicken. Die eine stand genau
nördlich, die zweite war nur noch als Sichel im südöstlichen Sektor zu sehen.
Die hohen Berge jenseits der Platzgrenzen schimmerten immer noch wie zerbröckeltes
Kristallglas. Die wenigen Gewächse westlich des Hafens boten auch keinen Anlaß zu hoffnungsvollen
oder enthusiastischen Äußerungen. Sie waren fremdartig und nach den biologischen Gesetzen eines
Sauerstoffplaneten ausgesprochen stilwidrig.
Halgor Sörlund traf eine Entscheidung.
»Wenn man sich in einer Stunde noch nicht gemeldet hat, versuchen wir den Start. Nein –
keine Diskussionen. Das ist ein Befehl!«
Major Halgor Sörlund, der Mann, dem die wenigsten Menschen eine blitzschnelle
Reaktion zugetraut hätten, schreckte zuerst auf.
»Vorsicht!«
Der Ausruf riß Cole Harper aus dem Schlummer. Ohne einen Ton zu verlieren, fuhr er seinen
Sessel herum und beobachtete seine Kontrollen.
Imar Arcus beugte sich nach vorn und schaute auf die Bildschirme.
»Gespenster?« ließ sich Hegete Hegha hören.
Als er ebenfalls bemerkte, daß sich die kleine ALTAI vom Boden abhob und ohne fühlbare
Andruckbelastungen Fahrt aufnahm, pfiff er laut und schrill durch die Zähne.
Son-Hao zuckte zusammen. Der Blick, den er Hegete schenkte, war nicht besonders
freundlich.
»Na also, es ist doch jemand da«, meinte Sörlund. »Verliert jetzt nicht die Nerven! Entweder
hat man sich plötzlich an uns erinnert, oder man hat eine bestimmte Testserie abgeschlossen. Wir
fliegen über das Land hinweg.«
»Höhe knapp viertausend Meter«, meldete Arcus. »Was soll nun dieser Scherz wieder bedeuten?
Wohin bringt man uns?«
Niemand antwortete. Arcus kniff die Lippen zusammen und blickte sich unwillig um. Dabei
entdeckte er die fünf Maahks. Sie hatten sich von ihren Lagern erhoben und drängten sich hinter
der Panzerplastscheibe zusammen.
»Versuchen Sie die Flucht!« ertönte die Stimme ihres Sprechers aus dem Lautsprecher eines
aktivierten Translators.
Weitere Kostenlose Bücher