Silberband 024 - Die Para-Sprinter
Duplo hörte den Fahrer vom Steuersitz springen und nach
hinten kommen. Die Türen glitten auf. Helligkeit drang herein.
Atlan drückte die Bahre ins Freie. Der Fahrer betrachtete den Duplo wie ein seltenes Tier.
Woolver hoffte, daß es ihm nicht überall so erging. Es war ein unangenehmes Gefühl, durch das
Portal der Klinik geflogen zu werden. Der Duplo war überzeugt davon, daß er durch die Fenster von
mindestens zwanzig Augenpaaren beobachtet wurde, deren Besitzer wahrscheinlich alle gern erfahren
hätten, was mit ihm los war.
Lediglich der Wächter neben dem Eingang schien der Ankunft Woolvers keine übermäßige Bedeutung
beizumessen. Er winkte nachlässig mit der Hand, und der Transport konnte passieren.
Der erste Mann, den Woolvers Duplikat in der Klinik kennenlernte, war Dr. Latham. Die Augen
des Mediziners schienen ihn durchbohren zu wollen.
»Das gefällt mir aber gar nicht«, stellte Dr. Latham ärgerlich fest. »Er hätte viel früher
operiert werden müssen.«
»Hören Sie auf, ihm Angst einzujagen, Doc«, mahnte Atlan. »Wir haben an Bord der CREST alles
getan, was in unserer Macht stand.«
»Sieht böse aus«, sagte er. Dann wiederholte er noch einmal, nur viel ernster: »Sieht bös
aus.«
Atlan wurde ärgerlich. »Wollen wir ihn nicht wenigstens in sein Zimmer bringen, damit er von
dieser Bahre herunterkommt, Doc?«
Dr. Latham räumte widerwillig den Gang, und die Bahre schwebte davon. Der Duplo war jetzt
völlig verwirrt. Entweder war dieser Latham ein gewohnheitsmäßiger Pessimist, oder er hatte eine
unangenehme Art, allen Leuten die Wahrheit zu sagen. Tronar Woolver nahm an, daß das letztere
zutraf.
Er verwünschte die Tatsache, daß er drei Schüsse auf sich abgefeuert hatte. Zwei hätten
wahrscheinlich genügt. Nun mußte er damit rechnen, mehrere Tage in der Klinik zu verbringen.
Die Bahre wurde in einen Raum geschoben. Der Duplo war vollauf damit beschäftigt, sich um die
unbekannte Umgebung zu kümmern. Das Krankenzimmer machte einen unverfänglichen Eindruck, es sah
genauso aus, wie der Duplo es erwartet hatte, nachdem er die Erinnerung Tronar Woolvers an solche
Räume durchforscht hatte.
Es gab ein großes Fenster mit einer Plastikjalousie, die man heruntergelassen hatte, so daß
nur gedämpftes Licht hereindrang. Das Fenster selbst machte keinen sehr widerstandsfähigen
Eindruck. Niemand schien mit der Flucht Woolvers zu rechnen. Das erschien dem Duplo als weiterer
Beweis für sein gelungenes Täuschungsmanöver.
Auf dem Schränkchen neben dem Bett standen Blumen, diesmal sogar echte. Atlan und Dr. Latham
schoben die Bahre neben das Bett und legten den Duplo mit großer Vorsicht auf das vorbereitete
Lager. Woolver stöhnte, als würde er jeden Augenblick in Ohnmacht fallen.
Latham breitete eine Decke über ihm aus.
Atlan blickte auf die Uhr.
»Ich habe jetzt einige wichtige Besprechungen, Major«, erklärte er. »Sie können sich jedoch
darauf verlassen, daß ich regelmäßig vorbeikomme.«
Woolver zeigte ein dankbares Lächeln.
Atlan verließ den Raum. Latham stand am Fußende des Bettes und blickte den neuen Patienten
unschlüssig an.
»Es ist sicher nicht gut, wenn wir sofort mit der Behandlung beginnen. Sie können sicher etwas
Ruhe gebrauchen.«
»Ja«, bestätigte der Duplo. »Das kann man wohl sagen, Doc.«
»Hören Sie auf, mich Doc zu nennen!« fauchte Latham. »Für Sie bin ich Dr. Latham.«
»In Ordnung, Doc«, erwiderte Woolver.
Latham schnaubte ärgerlich und stampfte hinaus. Auf dem Gang hörte ihn der Duplo mit einem
Helfer schreien. Jetzt war er überzeugt, daß hier niemand ahnte, wer er in Wirklichkeit war.
Man hielt ihn für den echten Major Tronar Woolver, Spezialist der USO.
Der Duplo drehte sich auf die Seite und schloß befriedigt die Augen. Grek-1 hätte sich keinen
besseren Agenten wünschen können.
Woolvers Doppelgänger schlief ein. Er erwachte nach einigen Stunden. Als er die Augen
aufschlug, saß jemand neben seinem Bett. Es war ein kleiner, elegant aussehender Mann in einem
schillernden Stahlfaseranzug. Sofort schlug eine Warnglocke in Woolvers Gehirn an. Er war
hellwach.
In der Erinnerung Tronar Woolvers schien es diesen Mann nicht zu geben. Der Duplo beschloß
deshalb, sich vorsichtig zu verhalten.
»Hallo!« sagte er.
»Hoffentlich habe ich Sie nicht geweckt«, erwiderte der Mann. »Ich bin Dr. Nardini. Man hat
mich zu Ihrem persönlichen Betreuer ernannt.«
»Aha!« sagte der Duplo
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