Silberband 025 - Brennpunkt Andro-Beta
schöner vorgekommen. Hier, im Wohngebiet der
Blaurüssel, gab es nur reine Zweckbauten. Baynes sah nicht einen einzigen Park. Auch schien es in
dieser Halle keine Anpflanzungen zu geben.
Wenn die B-Kaste alle militärischen Aufgaben verrichtete und gleichzeitig den Polizeidienst
versah, hatten die Blaurüssel sicher keine Zeit für irgendwelche anderen Arbeiten. Baynes fragte
sich, warum die B-Kaste nicht die Macht übernahm, sondern sich willig der C-Kaste unterordnete.
Militärisch mußte die B-Kaste der C-Kaste weit überlegen sein.
Warum konnten die Twonoser keine homogene Gesellschaft bilden? Das hätte alles wesentlich
vereinfacht. Dieses Kastensystem komplizierte jeden Versuch, den Gegner zu verstehen.
Baynes begriff erstaunt, daß er sich unbewußt einen Gedanken Perry Rhodans angeeignet hatte.
Das hatte jedoch nichts zu bedeuten. Natürlich erkannte auch Baynes die Schwierigkeiten des
Problems. Er hätte aber völlig andere Maßnahmen zu seiner Lösung ergriffen.
Angriff galt schon immer als die beste Verteidigung, dachte Baynes, während der Zug immer
schneller wurde.
»Ich bin gespannt, was uns an der nächsten Station erwartet«, unterbrach Kasoms Stimme seine
Gedanken. »Bestimmt hält der Zug noch einige Male, bevor wir unser Ziel erreicht haben.«
Ohne seine Geschwindigkeit zu verlangsamen, raste der Zug einen langgezogenen Hügelkamm
hinauf. Baynes preßte sein Gesicht gegen das Fenster. Als er nach oben blickte, sah er, daß die
Hallendecke hier nur noch dreißig bis vierzig Meter entfernt war. Ihre Farbe erinnerte Baynes
unwillkürlich an Marzipan. Gleich darauf meldete sich sein Magen. Sie hatten schon längere Zeit
nichts mehr zu essen bekommen.
»Wann erhalten wir wieder Nahrung?« fragte er und wandte sich vom Fenster ab.
»Ich glaube nicht, daß wir von der Wachmannschaft noch etwas bekommen«, erwiderte Rhodan. »Wir
werden uns mit allen Wünschen an die A-Kaste wenden müssen, wenn wir in deren Wohngebiet
angekommen sind.«
»Vielleicht bekommen wir ein Bioparasiten-Steak mit viel Zwiebeln«, seufzte Kasom.
»Dieses Zeug würde ich niemals anrühren«, erklärte Baynes würdevoll.
Kasom lachte dröhnend. »Was glauben Sie, haben Sie in den vergangenen Tagen gegessen?«
Baynes erschauerte. Er fühlte Übelkeit in sich aufsteigen. Wie verroht mußte dieser Ertruser
sein, wenn er über solche Dinge noch lachen konnte? Baynes begann Tolot zu beneiden. Mit seinem
Konvertermagen konnte der Haluter praktisch alles verspeisen, was ihm unter die Finger kam.
Der Zug fuhr in einen Tunnel. Vor dem Fenster wurde es dunkel. Gleichzeitig hatte sich die
Abteilbeleuchtung wieder eingeschaltet. Baynes spürte, daß seine Hände zitterten. Er war sich
bewußt, wie weit er von der Erde entfernt war und wie wenig Aussicht bestand, daß er in nächster
Zeit dorthin zurückkehren konnte.
Baynes blickte durch das Fenster in die Dunkelheit des scheinbar endlosen Tunnels. Er sah sein
eigenes Gesicht in der Scheibe. Langsam griff er nach seiner Mundharmonika.
»Stört es Sie, wenn ich spiele, Sir?« fragte er Rhodan.
»Keineswegs, Fähnrich«, gab Rhodan zurück. »Es wird uns auf andere Gedanken bringen.«
Weiter raste der Zug durch das Adernsystem des toten Giganten. Es war eine unwirkliche Fahrt,
die jetzt wieder in die Tiefe führte. Baynes setzte das Instrument an die Lippen und schloß die
Augen. Dann spielte er dreimal hintereinander Rhapsodie in Blue ohne einen einzigen
Fehler.
Baynes hatte aufgehört zu spielen. Das gleichmäßige Dahingleiten des
Interkastenzuges machte ihn müde. Ab und zu unterhielt sich Perry Rhodan leise mit John Marshall.
Kasom saß mit geschlossenen Augen auf seinem Platz, während Tolot unbeweglich in der Mitte des
Abteils stand. Keine noch so rasende Kurvenfahrt vermochte den Haluter zu erschüttern.
Baynes wandte den Kopf, so daß er Atlan sehen konnte. Der Arkonide war noch schweigsamer als
John Marshall. Die innere Würde, die Atlan ausstrahlte, trug nicht dazu bei, Baynes für ihn
einzunehmen. Dabei war ihm Atlan nicht unsympathisch. Er glaubte jedoch, daß er vor den Augen
dieser Männer nicht bestehen könnte. Sie repräsentierten all das, wonach er strebte.
Lord Baynes kniff die Augen fest zusammen. Von Geburt an waren diese Männer vom Glück
begünstigt worden, sagte er sich. Man hatte sie förmlich in diese Stellungen hineingedrängt. Und
nun waren sie mächtig, erfahren und gelassen. Ein Mann wie Kendall Baynes bedeutete
Weitere Kostenlose Bücher