Silberband 028 - Lemuria
funktionierte.
»Oberleutnant Messier!« rief er.
»Jawohl, Sir«, kam die Antwort. »Können Sie nicht anordnen, daß jemand den Stöpsel aus der
Wanne zieht, damit diese verwünschte Brühe abläuft? Ich kann nichts sehen außer diesem Zeug.«
»Lassen Sie Ihre Witze!« drang Uwanoks Stimme aus dem Empfänger. »Das hier ist weder
Badewasser noch befindet es sich in einer Wanne. Ich schätze, die ANGEKOK ist mitten in einem
schleimigen Urozean gelandet, wenn ich mir auch nicht erklären kann, warum das Luk undicht
geworden sein soll.«
»Stellen Sie Ihre Helmsender auf minimale Leistungsabgabe!« befahl Shelton nach kurzem
Nachdenken. »Danach versuchen Sie zu schwimmen. Sobald der Empfang leiser wird, wissen wir, daß
wir uns voneinander entfernen, und müssen die entgegengesetzte Richtung einschlagen.«
»Woran erkennt man hier eine bestimmte Richtung?« nörgelte der Marsianer. »Ich kann meine Hand
noch nicht einmal dann sehen, wenn ich sie gegen den Helm lege.«
»Mit der Zeit werden Sie schon lernen, nach Gefühl zu schwimmen!«
Das war typisch ›Eisberg‹. Er machte sich vorläufig keine Gedanken darüber, wie sie in diese
Lage geraten sein könnten. Er tat nur alles, um sein Kommando zusammenzuhalten. Das weitere, so
hoffte er, würde sich danach schon finden.
»Zählen Sie. Ich bleibe an Ort und Stelle!« rief er. »Uwanok, Sie die geraden und Sie,
Messier, die ungeraden Zahlen.«
»Eins …«, begann der Marsianer.
»Zwei …«, zählte der Captain.
»Drei … vier … fünf … sechs … sieben … acht …«
»Bewegen Sie sich überhaupt?« fragte Shelton ungeduldig. »Der Empfang bleibt völlig
konstant.«
»Haben Sie schon einmal geträumt, Sie befänden sich auf der Flucht und Sie kämen keinen
Millimeter voran, obwohl Sie Ihre Beine wie verrückt …?«
»Ich träume nie, Oberleutnant!« gab Shelton zurück.
»Irgend etwas stimmt hier nicht«, stellte der Eskimo sachlich fest.
Pierre begann hysterisch zu lachen.
»Ich meinte es völlig ernst, Kleiner«, wies Uwanok ihn zurecht. »Während meiner Jugend habe
ich auf dem nördlichsten Zipfel Alaskas gelebt, und in den Semesterferien bin ich oft mit meinen
Brüdern auf die Jagd gegangen. Dort gibt es Schneestürme, in denen man die Hand nicht vor Augen
sehen kann. Selbst ein Kompaß würde Ihnen also dort nichts nützen, mein Junge. Es gehört eine Art
sechster Sinn dazu, die Orientierung nicht zu verlieren. Ich besitze diesen Instinkt, oder wie
auch immer man das nennen kann. Aber hier versagt er vollkommen. Ich weiß tatsächlich nicht, ob
ich mich von der Stelle bewege. Ihr Beispiel mit dem Angsttraum war schon richtig, schätze
ich.«
»Wenn man in einer Flüssigkeit Schwimmbewegungen macht, bewegt man sich vorwärts!« beharrte
der Kommandoleiter auf seinem Standpunkt. »Das ist ein physikalisches Gesetz.« Ihm kam mangels
jedweder Phantasie nicht in den Sinn, daß die bekannten physikalischen Gesetze in einem damit
nicht erklärbaren Medium ihre Gültigkeit verloren haben könnten.
»Bleiben Sie, wo Sie sind!« fuhr er fort. »Jetzt werde ich schwimmen!«
Während er sich kraftvoll abstieß – oder jedenfalls glaubte, es zu tun –, zählte er
langsam. Niemand unterbrach ihn, bis er Hundert erreicht hatte.
Dann sagte Aino Uwanok sarkastisch:
»Auf der Raumakademie habe ich einmal gelernt, daß ein Offizier um so mehr Pflichten hat, je
höher er im Rang steht, und daß das, was man einem Soldaten nicht zumuten würde, für einen
Offizier kein Hindernis sein dürfe. Ich schätze, Sie haben von diesem Grundsatz noch nichts
gehört, Sir …«
›Eisberg‹ Shelton hörte auf zu zählen. Er wußte, wie Uwanok seine Bemerkung gemeint hatte,
aber er dachte viel zu sachlich, als daß er darin eine Beleidigung gesehen hätte.
»Ich bin also weder lauter noch leiser geworden?« vergewisserte er sich.
»Nicht im mindesten«, bestätigte Aino. »Es tut mir leid, wenn ich Sie durch meine Bemerkung
gekränkt haben …«
»Ach, Unsinn!« unterbrach ihn Shelton. »Ich habe Ihren Spott ja geradezu herausgefordert.«
Das, was er sich nicht hatte vorstellen können, erschien ihm nun, nach der experimentellen
Bestätigung, als nüchterne Tatsache.
»Wir befinden uns demnach in einem Medium«, folgerte er, »das zu wenig physikalischen
Widerstand bietet, als daß wir uns kraft unserer Arme und Beine daran abstoßen könnten. Es
hindert Funkwellen nicht an der Ausbreitung, aber offensichtlich
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