Silberband 032 - Die letzte Bastion
Antwort, daß er sich relativ schnell auf die Realitäten einstellen
konnte. Er machte Molat keine neuen Vorwürfe wegen seiner offenen Befehlsverweigerung, sondern
tat diesen Zwischenfall schweigend ab.
»Ich würde die angeforderte Flotte längst in Marsch gesetzt haben, Faktor II, wenn ich sie zur
Verfügung hätte. Die Maahks haben uns jedoch diese Möglichkeit genommen, indem sie seit Tagen
konzentrierte Angriffe auf sämtliche Heimatsysteme der Original-Tefroder führen. Dadurch sind die
betreffenden tefrodischen Verbände gebunden, desgleichen der größte Teil der Duploflotte, da
unsere Industriewelten und Stützpunkte ebenfalls von Maahk-Verbänden berannt werden. Alles, was
ich Ihnen schicken kann, sind siebzehntausend bunt zusammengewürfelte Einheiten der
Duploflotte.«
Trinar Molat erschrak.
»Siebzehntausend, und nicht einmal ein aufeinander eingespielter Verband, sondern ein Aufgebot
aller derer, die nicht gut genug waren, die anderen Welten zu verteidigen. Das kann Tamanium
nicht retten. Wann schicken Sie die Schiffe überhaupt los?«
»Sie sind bereits unterwegs, Faktor II!«
Der Fiktivschirm erlosch, die Stimme verebbte.
Trinar Molat stand wieder ganz allein in der Memohalle.
»Triebwerke auf Leerlauf!« quäkte die unmodulierte Stimme der Automatik.
»Ausschleusmanöver in zehn Sekunden! Neun … acht … sieben …«
Omar Hawk und Melbar Kasom standen hinter der Reihe leerer Kontursessel. Es war ein
gespenstischer Anblick, die Aggregate und Maschinen der KW-5 ohne das Zutun von Menschen arbeiten
zu sehen.
Unter ihren Füßen vibrierte der stählerne Boden. Die Maschinen der Korvette sandten ihr
monotones Dröhnen in jeden Raum. Auf der Panoramagalerie wich die rötliche Helligkeit des Hangars
dem Meer der Sterne Andromedas, die sich im schwarzen Ausschnitt der geöffneten Schleuse
zeigten.
Und noch etwas anderes zeigte sich plötzlich.
»Zwei … eins … null!« plärrte die Automatenstimme.
Ohne daß ein Ruck zu bemerken gewesen wäre, befand sich das Beiboot jählings im freien Raum.
Das Dröhnen der Triebwerke schwoll zu einem dumpfen Donnern und Tosen an. Die Bordwand der
WILHELMINA versank in der Schwärze des Alls.
»Es wird Zeit!« sagte Kasom.
Doch keiner der beiden Umweltangepaßten rührte sich von der Stelle, obwohl es tatsächlich
höchste Zeit wurde, die bereitstehende Moskito-Jet aufzusuchen.
Hawks Blick hatte sich förmlich an dem wabernden Glutring festgesaugt, der mitten im
Luum-System entstanden war, ein viele Kilometer durchmessender Flammenkreis, aus dem silbrig
schimmernde Kugeln schossen – und in der Dunkelheit verschwanden, sobald sie aus dem Bereich
des roten Lichtscheins gerieten.
»Ausgerechnet jetzt greifen sie an!« murmelte der Ertruser mit Erbitterung.
Der Oxtorner lächelte. Dann kniff er die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, geblendet durch
die überall auftauchenden, ultrahellen Glutbälle, die mit wahnwitziger Geschwindigkeit
expandierten.
Die Entsatzflotte der MdI und die Verbände des Imperiums, der Posbis und der Maahks hatten die
Raumschlacht eröffnet. Und das in dem Augenblick, in dem eine solche Störung das ganze
Unternehmen Hawks gefährden konnte. Er wunderte sich nur, daß anscheinend niemand damit gerechnet
hatte, daß die Duploflotte durch einen Situationstransmitter plötzlich mitten im Luum-System
erscheinen würde.
Doch es war zu spät, das angelaufene Unternehmen zu stoppen oder die einzelnen Schritte zu
variieren. Die Positronik hatte ihre feste Programmierung und würde nicht davon abweichen.
»Gehen wir!« sagte Hawk tonlos.
Die beiden Männer wandten sich von dem Bild der Vernichtung ab und stürmten durch das offene
Schott der Zentrale. Der Antigravlift brachte sie innerhalb einer halben Minute in den Hangar, in
dem der Raumjäger auf der Abschußrampe ruhte. Der Okrill wartete in der Speicherkammer, in der
sonst die Transformgeschosse lagen.
Als sie sich in ihre Kontursitze warfen, schrillte das Alarmsignal durch den Hangar, das
Signal, das den Beginn des Linearfluges anzeigte.
»Noch sechzehn Sekunden bis zum Wiederaustritt!« verkündete eine Lautsprecherstimme.
Sechzehn Sekunden! dachte Omar. Hoffentlich schaffen es die Posbis, in dieser kurzen
Zeit eine Gasse durch die Phalanx der Duploschiffe zu schlagen. Gelang es ihnen nicht, würde der
Erfolg des ganzen Unternehmens gleich Null bleiben. Zwei Mann vermochten sich gegen einen
überlegenen Gegner nicht lange zu
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