Silberband 032 - Die letzte Bastion
halten.
Trotz seiner Bedenken tat er ganz mechanisch die Handgriffe, die vor dem Start einer
Moskito-Jet nötig waren. Sobald die Korvette den Linearraum verließ, ging es um
Sekundenbruchteile. Eine Verzögerung von nur einer halben Sekunde konnte bei der knappen
Zeitkalkulation bereits das Ende der Besatzung bedeuten.
Und dann waren die sechzehn Sekunden um.
Gleichzeitig mit dem schrillen Alarmzeichen öffnete sich das Hangartor, gleichzeitig wurde die
Jet von gewaltigen Kräften nach vorn gerissen und mit unerhörter Wucht in den Weltraum
geschleudert. Im Heckschirm schrumpfte der schwarze Schatten der Korvette zu einem wesenlosen
Nichts zusammen, während immer mehr von der roten Glut des Halbraumschirmes um Tamanium sichtbar
wurde.
Dieser Eindruck währte jedoch nur Sekunden. Dann wurde der Heckschirm von der strahlenden
Helligkeit einer gigantischen Kunstsonne ausgefüllt.
Die fünfzig Transformbomben der KW-5 waren explodiert.
Wegen der Blendwirkung vermochten Hawk und Kasom die weiteren Vorgänge nur auf einem
speziellen Ortungsschirm zu verfolgen. Sie sahen, wie die bisher unsichtbaren Strukturfeldlinien
des Halbraumfeldes scharf und deutlich hervortraten. Sie schienen sich mit der Energie der
Bombenexplosion vollzusaugen – und zerflatterten schließlich zu einem staubartigen
Geflimmer, das innerhalb der nächsten Sekunden verblaßte.
Hawk hatte unterdessen den Raumjäger gewendet.
Das Fahrzeug schoß mit wahnwitziger Beschleunigung auf den strudelnden Trichter zu, der das
rote Halbraumfeld Tamaniums unterbrach und sich rasch nach allen Seiten ausdehnte.
»Viertausend Kilometer Durchmesser!« meldete Kasom. Und noch immer kam die Bewegung des
Strudels nicht zur Ruhe, eines Strudels, der eigentlich aus nichts bestand. Der Eindruck beruhte
auf einer optischen Täuschung.
Omar biß die Zähne zusammen, als er die Jet durch das von zuckenden Feuerrändern umrahmte Loch
steuerte. Fast die gesamte nördliche Halbkugel des Planeten war jetzt ohne Schutzschirm. Die
erste Phase des Planes war geglückt.
Aber noch immer tobte im Weltraum die Schlacht.
Von ihrem Ausgang würde es abhängen, ob die zweite Phase ebenfalls glückte.
Die graugrün gescheckte Oberfläche Tamaniums schien auf die Moskito-Jet zuzufallen.
Ein weniger abgebrühter Mann als Omar Hawk wäre durch diesen Eindruck vielleicht zur Panik
getrieben worden. Doch der Oxtorner handelte vollkommen kühl. Es war nicht möglich, den Raumjäger
zu früh abzubremsen. Dadurch hätten die automatisch arbeitenden Abwehrstellungen auf der
Planetenoberfläche Zeit gefunden, das winzige Ziel zu erfassen und abzuschießen.
In zehn Kilometern Höhe schaltete Hawk die Bugdüsen des Triebwerks ein. Etwa dreißig Gravos
kamen mit grausamer Härte durch. Das war selbst für die Umweltangepaßten zuviel. Ihre Gesichter
zogen sich zu breitflächigen Grimassen auseinander. Rote Schleier huschten über die Augen, und
ein schmerzhaftes Stechen in der Herzgegend erzeugte kreatürliche Todesangst.
Als Omar wieder einigermaßen klar sehen konnte, blickte er in das grelle Leuchten der
Impulsglut, die gegen die Oberfläche Tamaniums tobte. Die Schiffszelle ächzte und bebte nach von
der gewaltigen Belastung; das schrille Singen des Andruckneutralisators zeigte an, daß das
Aggregat noch immer überlastet wurde. Aber wenigstens ließ es jetzt nur knapp fünf Gravos durch,
und bis zu 4,8 Gravos waren für einen Oxtorner völlig normal.
In fünfhundert Metern Höhe zwang er die Moskito-Jet in den Horizontalflug. Der Raumjäger
huschte über schemenhaft erkennbare Wälder und Hügel und setzte am Eingang zu einem von
Bergwänden umrahmten Tal zur Landung an.
Ungefähr zwei Kilometer weit glitt das Fahrzeug über hartes Steppengras, dann verharrte es
kurz in der Luft und sank allmählich zu Boden. Nur das Kanzeldach und das Seitenleitwerk ragten
über das hohe Gras hinaus.
»Phase zwei«, stieß Kasom erregt hervor.
Omar Hawks Blick folgte dem ausgestreckten Arm des Ertrusers.
Von irgendwoher aus dem Blau des Himmels zuckten blendend helle Strahlenbündel hernieder. Das
Donnern verdrängter Luftmassen erschütterte die Atmosphäre.
»Die Posbis!« schrie Melbar Kasom.
Hawk nickte.
Es mußte den Schiffen der biopositronischen Roboter trotz der Duploflotte gelungen sein, bis
zur Zentralwelt der MdI vorzustoßen. Sie schossen allerdings nur mit normalen
Energiewaffen – ein Zeichen dafür, daß zwar das rote Halbraumfeld um
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