Silberband 032 - Die letzte Bastion
sie würde bald im Nichts untertauchen.
»Ungemütlich«, murmelte Marshall und wußte plötzlich, was Einsamkeit wirklich war.
Melbar Kasom kehrte erfrischt an das Kontrollpult zurück. Marshall hatte den
nächsten Linearflug genau berechnet und von den Computern nachprüfen lassen.
»Sechs Lichtmonate, Melbar.«
Melbar Kasom nickte.
Als sie diesmal aus dem Zwischenraum auftauchten, standen gleich zwei Sonnen seitlich in
Flugrichtung. Die eine war dunkelblau, die andere hellgelb. Während Ras die üblichen Analysen
vornahm, sah Marshall in der Karte nach. Er verfolgte den bisherigen Kurs der Space-Jet und
schüttelte dann ungläubig den Kopf.
»Das kann doch nicht wahr sein! Wieviel haben wir bis jetzt insgesamt im Nebel
zurückgelegt?«
»Ein Lichtjahr. Stimmt was nicht?«
»Eine ganze Menge stimmt nicht.« Marshall tippte mit dem Finger auf die Karte. »Die blaugelbe
Doppelsonne ist hier eingezeichnet. Es gibt nur eine solche Doppelsonne in der ganzen Wolke, und
sie steht genau auf unserem Kurs. Allerdings nur zwei Lichtmonate vom Rand entfernt.«
»Dann haben wir mit jedem Flug, der für sechs Lichtmonate berechnet war, nur einen Lichtmonat
zurückgelegt. Mit gleicher Drosselung müssen wir also nun statt zwei eben zwölf Minuten im
Linearraum bleiben, um ein halbes Lichtjahr zurückzulegen. Hoffentlich stimmt das nun.«
»Wir werden ja sehen.« Marshall legte die Karte beiseite. »Was haben Sie herausgefunden,
Ras?«
Der Teleporter ging die Ergebnisse noch einmal durch.
»Nichts von Bedeutung. Eine ganz normale Doppelsonne, nur daß die blaue eine Variable ist.
Eines Tages wird sie die gelbe Sonne verschlucken, und dann möchte ich nicht gerade in der Nähe
sein. Keine Planeten, wie erwartet und auf der Karte angegeben.«
»Jedenfalls wissen wir nun, woran wir sind«, stellte Kasom abschließend fest. »Multidon muß
knapp drei Lichtjahre vor uns liegen. Grob gerechnet eine Stunde Linearflug. Aber das riskieren
wir doch lieber nicht.«
»Schleichen wir weiter«, schlug Gucky vor. »Wer langsam geht, kommt auch zum Ziel. Und vor
allen Dingen sicherer.«
Kasom grinste plötzlich.
»Auf einmal hast du Zeit, Kleiner. Ich glaube, du hast Angst davor, in die Linse umzusteigen.
Ist es nicht so?«
Gucky bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick, aber dann fiel ihm ein, daß John Marshall,
der neben Kasom saß, Telepath war und seine Gedanken kannte. Also nickte er freimütig. »Klar habe
ich Angst. Aber nicht vor einer Gefahr, sondern nur vor dem Platzmangel in dem Ding. Da kann man
sich ja nicht rühren, und Ras hat ganz schöne breite Schultern. Tronar könnte uns ja den Gefallen
tun und im Stromkreislauf Spazierengehen, aber das wird ihm nicht im Traum einfallen, wie ich ihn
kenne.«
»Er muß die Linse steuern. Aber wenn ihr Glück habt, landet ihr ja schnell auf Multidon und
seid alle Sorgen los.«
»Ich fürchte«, sagte Tronar trocken, »daß sie dann erst richtig losgehen.«
Die farbenprächtige Doppelsonne blieb zurück und versank in der Dunkelheit. Kurze Zeit darauf
ging die Space-Jet für zwanzig Minuten in den Linearraum, und als sie wieder auftauchte, stand
sie ein Lichtjahr weit in der Uklan-Dunkelwolke.
Der Raum war schwarz und ohne Licht. Kasom nickte beifällig, als er einen Blick auf
die Sternkarte warf.
»Stimmt genau«, sagte er zu Ras, der mit den Ortern beschäftigt war. »Nichts.«
»Bei mir auch nichts«, gab der Teleporter zurück. »Und ich bin ganz froh darüber.«
»Keine Ortungen?«
»Wirklich nichts! Wenn ich den Instrumenten glauben wollte, dann wären wir allein im
Universum, zumindest im Umkreis von ein paar Dutzend Lichtjahren. Und daß das nicht stimmt,
wissen wir ja.«
Ein Ruck ging durch das Schiff, und dann spielten die Zeiger auf den Skalen verrückt. Kasom
stabilisierte den Flug durch Antischwerkraftfelder.
»Was war das?« fragte John Marshall von seinem Platz her. »War wie ein Schock.«
»Ein Gravitationssturm«, erklärte Kasom, seiner Sache nicht ganz sicher. »Was soll es sonst
gewesen sein? Wir haben ein Gravitationsfeld durchquert. Ähnliches soll es ja hier geben, wie die
Maahks prophezeiten. Nicht weiter gefährlich.«
»Ich hätte eine bescheidene Frage«, mischte Gucky sich ein, der auf einem freien Tisch hockte
und an einem Konzentratwürfel knabberte. »Gibt es eigentlich noch etwas in diesem Schiff, das
einwandfrei funktioniert? Keine Ortung, Linearantrieb unzuverlässig, draußen eine schwarze Suppe,
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