Silberband 033 - OLD MAN
eins Gravos.«
»Gibt es sonst noch irgendwelche Gefahren?« erkundigte sich Dr.-Ing. Malaut, der
Hochenergietechniker unter Atlans Begleitern.
»Ich werde rechtzeitig rufen«, versprach Rasto Hirns mit einem schiefen Blick auf den
kleingewachsenen, kahlköpfigen Mann. »Sie kommen von Notrin, wie? Dort sollen die Leute die Kraft
im Gehirn haben; vorausgesetzt, sie haben eins mitbekommen. Worauf warten Sie noch?«
Atlan unterdrückte ein Schmunzeln. Dieser Hirns paßte zu seinem Gebieter wie die Faust aufs
Auge.
Der Notriner hüstelte erheitert. Dr. Aahl-Parut, der dem Volk der Aras entstammende Chefarzt
der IMPERATOR, betrachtete Hirns mit prüfenden Blicken. Als er etwas sagen wollte, winkte Atlan
ab.
Er ging auf die großen Schleusentore zu, stieg vorsichtig über die Gleitschienen hinweg und
absorbierte den Sog der künstlichen Gravitationen.
In der Vorhalle hatten sich etwa fünfzig verwegen aussehende, buntgekleidete Männer
eingefunden. Sie lehnten schief an den Wänden, einige kratzten sich die verwilderten Haare, und
andere saßen auf mitgebrachten Klapphockern.
Major Skor Kandrete, dem Ersten Feuerleitoffizier und Waffenspezialist des USO-Flaggschiffes,
wurde fast übel. Kandrete war für seine strengen Disziplinforderungen bekannt. Er konnte es nicht
unterlassen, vor sich hinzuflüstern:
»Lümmel! Dieses Benehmen ist unerhört.«
Der Gigant stampfte auf einige Männer zu. Sie stießen sich mit den Schultern von den Wänden
ab, erhoben sich und nahmen so etwas wie Haltung an.
»Na also«, brummte der Epsaler zufrieden. »Was halten Sie von unserem militärischen Drill,
Sir?«
Atlan beherrschte sich krampfhaft. Major Kandrete war blaß vor Wut, und Dr. Malaut war
offenbar erschüttert.
Hirns begann zu brüllen.
»Aufstehen, Haltung annehmen. Ihr da drüben – drückt nicht die Schotten ein. Ein hohes
Tier muß ordentlich begrüßt werden. Na …?«
Nur der stangendürre Ara ließ sich nicht beeindrucken. Er bemerkte alles und sah alles.
»Phantastisch«, lachte Atlan. »Ich habe selten diszipliniertere Männer gesehen. Meine
Hochachtung.«
»Achtung, der König kommt!« schrie jemand aus dem Hintergrund.
Atlan wappnete sich innerlich auf die erste Begegnung mit einem Mann, den er bisher nur vom
Hörensagen kannte.
Zuerst tauchte ein riesenhaft gebauter Ertruser auf. Sein zernarbter Oberkörper war nackt.
Seine Beine steckten in farbenprächtigen Pumphosen, unter denen er rotgestreifte Strümpfe und
grüne Stoffschuhe mit nach oben gewölbten Spitzen trug. Sein Haupt wurde von einer Art Turban
bedeckt.
Oro Masut schritt gemächlich zwischen den Reihen der Freifahrer hindurch und zerstäubte aus
seiner Handspritze Duftwolken.
Ab und zu brüllte er: »Platz dem König.«
Major Kandrete bekam gläsern schimmernde Augen. Dr. Malaut zog seine elektronische Kamera aus
der Tasche und begann zu filmen. Sein Gesicht drückte Verzückung aus. Malauts zweites Fachgebiet
war kosmische Völkerkunde.
Masut blieb vor den Besuchern stehen, starrte sie an und umnebelte sie anschließend mit einer
Duftwolke.
Atlan verzog keine Miene.
Roi Danton kam aus dem Gang hervorgetänzelt. Er trug unter dem Dreispitz eine weiße Perücke,
hielt mit zwei Fingern den Griff des Kavalierdegens vom Körper ab und wedelte sich mit der
anderen Hand Luft zu.
Als er Atlan bemerkte, blieb er stehen, legte theatralisch beide Hände gegen die Brust und
säuselte verzückt:
»Bonjour, Sire, willkommen an Bord meines Schiffes. Permettez-vous que je me présente? Roi
Danton, mon ami. Pardon – Sire.«
Roi schob den linken Fuß vor, winkelte das rechte Knie an, riß den Dreispitz vom Kopf und ließ
ihn während einer tiefen Verbeugung durch die Luft sausen. Mit der anderen, vom Körper
abgespreizten Hand hielt er die Balance.
Rufe des Entzückens ausstoßend, tänzelte er auf Atlan zu und schwenkte nochmals den Hut.
»Comment allez-vous, Sire? Wie geht es Ihnen, Majestät?«
Atlan musterte den hochgewachsenen Mann mit einem alles umfassenden Blick. Starr in das
gepuderte, lächelnde Gesicht sehend, entgegnete er:
»Merci, Monsieur, très bien.«
»Was haben Sie gesagt?« erkundigte sich Kandrete argwöhnisch. »Stimmt etwas nicht?«
»Nein. Ich habe nur bestätigt, daß es mir gutgeht.«
Roi lächelte unverzagt. Er führte seine Lorgnette vor die Augen, sah hindurch und meinte
herablassend:
»Gestatten Sie, Monsieur, daß ich Sie lorgnettiere.«
»Ich gestatte überhaupt nichts,
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