Silberband 035 - Magellan
entsprach etwa dem eines Oberstleutnants der Solaren
Flotte.
»Besser konnten wir es gar nicht treffen«, meinte Oro. »Mit einem solchen Individuum läßt sich
eher eine Verständigung erreichen als mit farblosen Durchschnittsexemplaren.«
»Erst müssen wir ihn einmal haben«, erwiderte Melbar ironisch.
»Das dürfte keine Schwierigkeiten bereiten!« sagte Oro Masut wegwerfend. »Er sieht uns ja
nicht. Ich schlage vor, daß einer von uns sich in seinen Rücken begibt und ihm den Fluchtweg
abschneidet. Der andere wartet über ihm auf eine günstige Gelegenheit.«
»Einverstanden!«
Kasom hängte seine Luftbüchse über den Rücken und lockerte den Schockblaster.
»Ich schneide ihm den Rückweg ab. In solchen Dingen habe ich mehr Erfahrung als du. Bleib hier
oben und unternimm gar nichts, es sei denn, er läuft dir geradewegs vor die Fäuste.«
Oro hatte nichts dagegen einzuwenden. Er wußte, daß ein Spezialist der USO bedeutend mehr
Tricks beherrschte, als der Leibwächter eines Freihändlerkönigs sich vorstellen konnte.
Kasom aktivierte seinen Antigravantrieb, ließ aber noch 0,1 Gravos wirksam werden, damit er
nicht zu langsam absank. Dann stieß er sich leicht mit den Füßen ab, schwebte fast waagerecht
etwa zwanzig Meter weiter und fiel dann mit der Geschwindigkeit eines sinkenden Blattes nach
unten.
Der gurradsche Offizier stand auf einem kleinen Felsvorsprung und blickte unverwandt über den
Talkessel.
Ob er wohl Heimweh hat? fragte sich Melbar und wunderte sich darüber, daß er einen
Gurrad mit dem Begriff ›Heimweh‹ in Verbindung brachte. Man wußte ja noch so gut wie nichts über
sie. Möglicherweise besaßen sie gar keine Heimat im herkömmlichen Sinn, keinen Planeten, der für
sie das bedeutete, was die Erde für die Terraner war. Oder Kolonien, auf denen sie sich
entwickelt hatten. Vielleicht zogen ihre Familien gleich Nomaden durch die Magellanschen Wolken.
Irgendwann einmal aber mußte es anders gewesen sein, denn kein humanoides Volk entwickelt sich
mitten im Weltraum. Wahrscheinlich waren ihre Ursprungsplaneten längst von den Hypnokristallen
versklavt worden.
Kasom landete etwa fünfzehn Meter unterhalb des Felsvorsprunges, auf dem der Gurrad stand. Er
schaltete seinen Antigravantrieb aus und wartete einige Minuten regungslos.
Der Offizier rührte sich nicht.
Die Sache kam Kasom mit einemmal viel zu einfach vor. Er spähte angestrengt nach unten, ob man
vielleicht eine Falle für ihn und Masut aufgebaut hatte. Irgendwie konnten die Gurrads von ihrer
Existenz erfahren haben.
Aber auf dem Talboden gab es keinerlei Anzeichen für besondere Aktivität.
Achselzuckend beschloß Melbar Kasom, den Aufstieg zu wagen.
Er ließ sich Zeit, damit auch nicht das geringste Geräusch entstand. Zentimeterweise arbeitete
er sich an den Guerillaoffizier heran. Dann trennten ihn nur noch wenige Meter von ihm. Melbar
stand auf gleicher Höhe mit dem Gurrad.
Als er sprang, wandte der Offizier ihm sein Gesicht zu. Erschrecken blitzte im Hintergrund
seiner Schlitzaugen auf. Doch da schlug Kasom bereits leicht zu.
Betäubt sank der Gurrad zusammen.
Kasom fing ihn auf, warf ihn über seine Schulter und ging dem Gefährten entgegen …
12.
»Urlvarist lorgha«, sagte ihr Gefangener in seiner kehligen Sprache.
»Können Sie mich verstehen?« schallte es aus dem Lautsprecher des kleinen Translatorgerätes,
das auf Kasoms Knien stand.
Die beiden Ertruser atmeten so lautstark, daß Orrugh, wie ihr Gefangener hieß, über das ganze
Löwengesicht lächelte.
»Orrugh trudor garraoth!« stieß er hervor – und der Translator übersetzte es mit »Orrugh
freut sich auch!«
Die ganze Nacht und den folgenden halben Tag über hatten sich Kasom und Masut abwechselnd mit
dem gefangenen Offizier der Gurrads beschäftigt.
Zwischendurch war Masut auf der Jagd gewesen. Er brachte schließlich ein erlegtes Tier mit,
das so groß war wie ein ausgewachsenes terranisches Lama und auch so ähnlich aussah. Sie hatten
es enthäutet, zerlegt und geröstet, und ihr Gefangener war von dem Fleisch begeistert
gewesen.
Überhaupt herrschte ein kameradschaftliches Verhältnis zwischen den beiden Ertrusern und dem
Gurrad. Der Offizier hatte sich als hochintelligent erwiesen und war Melbar und Oro eine große
Hilfe bei ihren Bemühungen gewesen, den Translator mit den Sprachelementen der Guerillas zu
programmieren.
Anfangs hatten sie Begriffe wie Berg, Tal, Raumschiff, Mensch, Waffe und
Weitere Kostenlose Bücher