Silberband 052 - Exil im Hyperraum
sobald man uns entdeckt. Wir brauchen ein gutes Versteck, schätze ich.«
»Das beste Versteck ist eine andere Identität, Freund. Sie böte uns außerdem den Vorteil, daß wir uns in dieser seltsamen Stadt umsehen könnten.«
Atlan lachte leise.
»Von dir mußte ja ein solcher Vorschlag kommen«, flüsterte er. »Ich bin einverstanden. Aber wir sollten uns beeilen, denn die niedergeschlagenen Posten werden nicht ewig bewußtlos bleiben.«
Ich nickte zustimmend und sah mich aufmerksam um. Der Urutak stand schweifwedelnd vor mir und blickte zu mir auf. Seine schwarzen Augen glänzten. Zweifellos hatte er mich zu seinem Herrn erwählt.
Als ich sicher sein konnte, daß sich niemand in unserer Nähe aufhielt, trat ich auf den schmalen Plattenweg hinaus, überquerte ein Rasenstück und tauchte zwischen hohen Bäumen unter. Nach einiger Zeit stand ich vor dem schmalen Tor, das sich neben dem Pavillon in der Mauer befand. Es war unverschlossen, quietschte aber durchdringend, als ich es öffnete.
Atlan und ich blieben einige Sekunden stehen und lauschten. Doch es rührte sich nichts. Wir traten durch das Tor und ließen es vorsichtshalber offen.
Draußen lag eine enge Gasse, auf unserer Seite von der Parkmauer flankiert, auf der gegenüberliegenden von einer Reihe zweigeschossiger Gebäude mit vergitterten Fenstern.
Schon wollten wir auf die andere Seite überwechseln, als ich das Summen einer Maschine hörte. Ich zog Atlan durch das Tor zurück und schloß es, wobei mir der kalte Schweiß ausbrach. Diesmal ließ es sich jedoch geräuschlos bewegen.
Der Arkonide bedeutete mir durch Gesten, ich sollte auf seine Schultern klettern. Ich befolgte die Aufforderung. Als ich auf ihm stand, ragte mein Kopf zur Hälfte über die Mauerkrone. Ein Scheinwerfer blendete auf und ließ seinen Lichtkegel über die Mauer wandern. Rasch duckte ich mich, aber ich hatte noch den mit Uniformierten besetzten Mannschaftsgleiter entdecken können, der langsam durch die Gasse fuhr.
Fast genau neben dem Tor hielt das Fahrzeug an. Ich wagte kaum zu atmen und tastete mit einer Hand nach dem Halfter, in dem sich die Hochenergiewaffe befand.
Doch niemand verließ den Gleiter.
Dafür dröhnte plötzlich ein Lautsprecher los. Eine Stimme verkündete, daß die ›Arrivawächter‹ einen uartischen Perdaschisten suchten, der drei Pilger und einen Wächter getötet hätte. Für Hinweise, die zur Ergreifung des Flüchtigen führten, wäre eine hohe Belohnung ausgesetzt.
Ich grinste innerlich. Die Methoden der Polizei schienen in der Galaxis der Ganjasen die gleichen zu sein wie auf der fernen Erde.
Als der Lautsprecher verstummte und ich am anschwellenden Summen hörte, daß der Gleiter sich wieder in Bewegung setzte, riskierte ich noch einen Blick. Das Fahrzeug fuhr langsam davon und leuchtete mit dem drehbaren Scheinwerfer über die Mauerkrone und in die dunklen Winkel zwischen den flachen Gebäuden. Ich kletterte von Atlans Schultern.
»Also Arrivawächter nennt sich die Polizei hier«, sagte der Arkonide. »Aber was ist ein Perdaschist, und noch dazu ein uartischer?«
»Uninteressant für uns«, entgegnete ich. »Wichtiger ist die Tatsache, daß es hier Pilger gibt. Zwei harmlose Pilger wären genau die richtige Verkleidung für uns.«
Ich öffnete die Tür behutsam. Sie quietschte nur schwach. Atlan und ich sahen nach links und rechts, dann liefen wir über die Straße. Wir gingen so schnell wie möglich an den niedrigen Häusern entlang und suchten nach einem Durchschlupf. Wir durften uns möglichst nicht auf Straßen und in Gassen bewegen, in denen jeden Moment ein Polizeifahrzeug auftauchen konnte.
Endlich kamen wir zu einem abgerissenen Gebäude. Robot-Baumaschinen bewiesen, daß hier noch vor kurzem gearbeitet worden war. Dabei hatte man eine Lücke geschaffen, durch die wir auf eine breite Straße sehen konnten. Die Silhouetten von Gestalten in wallenden Umhängen bewegten sich auf dieser Straße.
»Greifen wir uns zwei der Burschen heraus«, schlug Atlan eiskalt vor.
In diesem Augenblick heulte aus der Richtung des Pfortenhäuschens eine Sirene auf, eine Stimme rief scharfe Befehle. Ich holte tief Luft. Jetzt wußten die Arrivawächter also, daß uns die Flucht an die Oberfläche gelungen war. Nun würde man uns in der Stadt ebenso hetzen wie zuvor in den subplanetaren Korridoren.
Atlan und ich verstanden uns ohne Worte und Gesten. Wir liefen über das planierte Grundstück und stellten uns hinter einen halbzerfetzten Strauch.
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