Silberband 054 - Finale für Pluto
Vascalo hatte keine Ahnung, wie er aussah, alle seine
Bemühungen, in dieser Hinsicht Nachforschungen anzustellen, scheiterten an der sturen, fast
mechanischen Denkweise seines auserkorenen Opfers.
Er wurde ein wenig zudringlicher in seinen Kontaktbemühungen. Ihm war so, als würde ihm ein
gewisser Widerstand entgegengesetzt, der jedoch zu brechen war, wenn er den entscheidenden
Vorstoß wagte. Und wenn er nicht verlieren wollte, mußte das bald geschehen. Doch zuvor mußte er
dafür sorgen, daß sein Körper, den er im Raumanzug zurücklassen würde, keinen Schaden erlitt.
Prüfend schaute er auf die Instrumente. Drei Stunden Atemluft!
Das mußte genügen für die Übernahme, für die Vorbereitungen und für den Transport des Körpers
ins Schiff.
Hundert Meter von der Stelle entfernt, an der er lag, entdeckte Vascalo eine schmale Spalte im
Ringwall, aus der grüne Dämpfe stiegen. Selbst dann, wenn in der Zwischenzeit neugierige Terraner
hier auftauchten, würden sie in der Methanspalte niemals einen Pedotransferer vermuten. Dort
würde sein Körper relativ sicher sein, wenn man von der Tatsache absah, daß er erstickte, sobald
der Sauerstoffvorrat zu Ende ging.
Vorsichtig, um nicht an einem scharfen Felsvorsprung hängenzubleiben und womöglich den Anzug
zu beschädigen, zwängte er sich in die Spalte. Sie war zehn Meter tief, dann setzte sie sich nach
einer schrägen Felsplatte nach unten fort.
Vascalo streckte sich auf der Felsplatte aus und konzentrierte sich auf den Kommandanten des
Posbischiffes. Über sich sah er einige Sterne, die in den grünen Schwaden zu schwimmen schienen.
Das Schiff konnte er natürlich jetzt nicht mehr sehen, aber das spielte bei seinem Vorhaben keine
Rolle mehr.
Er bekam Kontakt.
Zuerst vorsichtig, dann immer drängender und intensiver konzentrierte er sich auf den
Posbikommandanten, der ihm sofort einen starken Widerstand entgegensetzte. Vascalo brach diesen
mentalen Widerstand mit brutaler Gewalt.
Doch dann, als er den Posbikommandanten übernommen und somit seinen eigenen Körper verlassen
hatte, als er durch die Augen des Übernommenen seine Umgebung wahrnehmen wollte, wurde er derart
geschockt, daß er um Haaresbreite seinen Plan fast aufgab.
Er hatte nicht das Bewußtsein eines Humanoiden übernommen, sondern das Bewußtsein einer
seelenlosen Automatik, das von einem Stück organischem Gehirn gesteuert wurde.
Er selbst war zu einem sorgsam in Nährflüssigkeit schwimmenden Stück Gehirn geworden, das
durch komplizierte Anschlüsse und Leitungen mit der Robotautomatik des Schiffes verbunden
war.
Und er konnte auch wieder sehen, allerdings nur durch Fernsehkameras, die überall im Schiff
stationiert waren. Er selbst war nun das Schiff!
32.
Das Bewußtsein von Kommandant 86104 war nicht restlos erloschen und damit
ausgeschaltet. Es arbeitete noch immer, es war noch vorhanden, aber es konnte nicht mehr
selbständig denken oder entscheiden. Diese wichtigsten Funktionen eines Gehirns hatte inzwischen
Vascalo übernommen.
Der Kampf zwischen den beiden Kontrahenten war zwar bereits entschieden, aber noch keineswegs
beendet. Vascalo sah ein, daß er sich eine Aufgabe gestellt hatte, die nicht leicht zu lösen
war – wenn sie überhaupt im Endeffekt zu lösen war.
Es half ihm nichts, wenn er nun dem Gehirn seine Befehle erteilte und wenn diese Befehle
befolgt wurden. Sie wurden nur so lange befolgt, wie er selbst die Funktion des Denkens übernahm.
Sobald er auch nur für eine einzige Sekunde diese Tätigkeit einstellte, würde das Bewußtsein des
Posbigehirns wieder die Oberhand gewinnen und seine Entscheidungen selbst treffen.
Und Vascalo mußte das Gehirn wieder verlassen, wenn er seinen Körper holen und in Sicherheit
bringen wollte. Sicher, er konnte versuchen, dem Gehirn einen hypnosuggestiven Block zu
verabreichen, aber er war sich nicht sicher, ob das gelang – und wenn, wie sollte er wissen,
wie lange dieser Block anhielt? Würde die zur Verfügung stehende Zeit genügen, zu seinem Körper
zurückzukehren und sich damit zum Schiff zu bewegen? Würde das Gehirn des Posbiraumers dann
wirklich die Schleusen öffnen, um ihn hineinzulassen?
Vascalo steckte in der Klemme, obwohl er in Sicherheit war. Aber nur sein Bewußtsein war in
Sicherheit, nicht sein sterblicher Körper.
Er wagte den Versuch.
Mit aller Konzentration drang er in die tiefsten Tiefen des fremden Bewußtseins ein, sank
sogar hinab ins Unterbewußtsein und
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