Silberband 055 - Der Schwarm
in jedem Fall noch ihren Instinkt, den die Menschen und andere hochzivilisierte Völker fast völlig verloren hatten.
Während er die beiden Hunde beobachtete, überlegte Opprus, was mit ihren ehemaligen Besitzern geschehen sein mochte. Solange man zurückdenken konnte, hatten Menschen und Hunde zusammengelebt, ihre Freundschaft hatte über Jahrtausende hinweg angedauert. Opprus fragte sich, was Hund und Mensch miteinander verband. War es die Bereitschaft zur Unterwürfigkeit, die den Hund zu einem Freund der Menschen machte?
Die Gedanken des Mannes wurden unterbrochen, als unmittelbar vor ihnen zwei Halbwüchsige aus einem Torbogen traten. Einer von ihnen besaß einen Lähmstrahler. Er hielt ihn, als wüßte er nicht genau, wie er damit umzugehen hatte.
Der junge Mann zielte auf die Hunde. Er traf einen. Das Tier begann zu jaulen, als seine Beine den Dienst versagten und unter ihm wegknickten. Der zweite Hund bellte heftig. Seine Nackenhaare sträubten sich. Als er an seinem gelähmten Begleiter zu schnüffeln begann, wurde auch er von einem Strahl erfaßt und fiel zu Boden. Er lag auf dem Rücken, seine Läufe zuckten konvulsivisch. Die beiden Halbwüchsigen hatten Opprus und dessen Begleiter noch nicht gesehen. Sie stießen unverständliche Schreie aus und rannten auf die Hunde zu. Jeder von ihnen ergriff sich ein Tier und warf es über die Schulter.
»Was haben die vor?« fragte Gryndheim unsicher.
Opprus musterte ihn überrascht. »Wissen Sie das nicht?«
Der Sergeant wich seinem Blick aus. »Ich kann es mir fast denken.«
Einer der Jungen blieb plötzlich stehen und stieß seinen Begleiter an. Er machte ihn auf die zwei Männer in der Nähe des Hauses aufmerksam. Sofort ließ der zweite Halbwüchsige den Hund fallen und griff nach dem Lähmstrahler.
»Aufpassen!« sagte Opprus. Er hob seine Waffe und zielte sorgfältig. Bevor der Junge abdrücken konnte, hatte Opprus ihm die Waffe zerstrahlt. Die Hitze erfaßte die Hand des jungen Mannes. Er schrie auf.
»Kommt!« rief Opprus und rannte auf die beiden Fremden zu.
Der unbewaffnete Halbwüchsige versuchte, seinen Hund vor den Blicken der drei Männer zu verstecken. Seine Unbeholfenheit machte deutlich, in welcher geistigen Verfassung er sich befand.
»Ihr braucht euch nicht zu fürchten!« rief Opprus. »Wir tun euch nichts.«
»Das ist mein Hund«, sagte der Junge, der die Waffe getragen hatte. Er bückte sich und krallte seine Hände in das nasse Fell des bewußtlosen Tieres. »Das ist mein Hund.«
Der zweite Junge begann zu schluchzen.
»Nehmt die beiden mit«, sagte Opprus leise. »Niemand will sie euch abnehmen.«
»Onkel Bea?« fragte der zweite Junge schüchtern. Er trat näher heran und fixierte Opprus aufmerksam. »Onkel Bea?«
»Ich bin nicht dein Onkel«, versetzte Opprus. »Sag mir, wer du bist.«
»Pernick«, sagte der Junge mühsam. Mit dem Namen schienen sich für ihn traurige Erinnerungen zu verbinden, denn er begann noch lauter zu schluchzen. Sein Begleiter packte ihn mit einer Hand und zog ihn auf das Haus zu.
»Manche«, sagte Gryndheim erschüttert, »wissen überhaupt nichts mehr. Wie sollen sie existieren?«
»Wenn wir anfangen, uns darüber Gedanken zu machen, werden wir den Verstand verlieren.«
Sie gingen weiter. Hinter dem Wohnsektor lag ein Gebiet, das früher als Sperrzone gegolten hatte und nur für Mitarbeiter der Zentrale betretbar war. Doch das war jetzt vorbei. Die relativ wenigen Immunen waren nicht in der Lage, die an der Oberfläche liegenden Stationen von Imperium-Alpha ebenfalls zu bewachen. Da dort keine lebenswichtigen Stationen lagen, hatten Danton und Galbraith Deighton dieses Gebiet freiwillig geräumt. Nur ein paar Roboter patrouillierten dort, um eventuell angreifende Banden rechtzeitig entdecken zu können.
Nun hatte sich herausgestellt, daß jemand, der intelligent genug war, um die Verhältnisse genau zu kennen, die Lage genutzt hatte und von dem geräumten Sektor aus in die Wetterstation eingedrungen war. Die Saboteure waren noch nicht einmal von den Robotern entdeckt worden. Für die Besatzung der Wetterstation mußte der Überfall überraschend gekommen sein. Das ließ die Verantwortlichen vermuten, daß die verbrecherischen Eindringlinge genau gewußt hatten, wie sie vorgehen mußten.
Für Opprus war es unbegreiflich, wie jemand so etwas tun konnte.
Die Täter – es schien festzustehen, daß es mehrere gewesen waren – mußten gewußt haben, daß sie mit ihrem Vorgehen Millionen
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