Silberband 062 - Götzendämmerung
Magnetfelder innerhalb der Flecken, die zwischen 1.500 und 3.000 Gauß schwankten, und über die Ausdehnung der Protuberanzen oder Filamente, die im Durchschnitt eine Höhe von 50.000 Kilometer erreichten. Also durchaus normale Werte.
Plötzlich jedoch breiteten sich die Sonnenflecken fast blitzschnell aus und veränderten so rasch ihre Form, daß man es mit dem Auge verfolgen konnte. Die Protuberanzen überschritten die Toleranzgrenze von 100.000 Kilometern, schossen immer höher. Manche erreichten die Millionen-Kilometer-Grenze, bevor sie wieder in sich zusammenfielen. Aber damit war der Höhepunkt der Sonnenaktivität noch nicht erreicht.
Die Protuberanzen erreichten immer gigantischere Höhen, stiegen über 1,5 Millionen Kilometer hinauf, also mehr als einen Sonnendurchmesser, und drangen noch weiter vor. Zwei Millionen Kilometer – drei Millionen Kilometer … dann erst fielen sie in sich zusammen und stürzten entlang der Magnetlinien auf die Sonne zurück.
Doch kaum war eine Protuberanz in sich zusammengefallen, als schon wieder andere nachstießen – und ebenfalls weit über die Toleranzgrenze vordrangen. Es schien so, als würde der riesige Atomofen der Sonne überhitzt werden, als würde sie sich aufblähen und zur Nova anschwellen. Dann erlosch das Bild.
»Ich erteile dem Sprecher der Astronomen das Wort«, sagte Bull.
Ohne sich von seinem Platz zu erheben, sprach der Chefastronom in das Mikrophon auf seinem Pult. Die anderen Konferenzteilnehmer sahen ihn auf ihren Bildschirmen, hörten seine Stimme in den Kopfhörern.
»Was Sie eben gesehen haben, war natürlich eine Zeitrafferaufnahme. Da sich die Protuberanzen nur mit einer Geschwindigkeit bis zu siebenhundert Kilometern in der Sekunde bewegen, war dieser Kunstgriff notwendig, um Ihnen ein eindrucksvolles Bild zu vermitteln. Im Augenblick sieht es so aus, als sei die Sonne zum Dreifachen ihres ursprünglichen Durchmessers angewachsen. Die Ausdehnung der Korona hat sich vervierfacht. Das sind beängstigende Werte, und wir können uns ausrechnen, welche Katastrophen auf den Planeten des Solsystems dadurch ausgelöst werden. Aber gefährlicher als das Ansteigen der Temperatur und der Magnetstürme ist die hyperphysikalische Strahlung. Sie könnte das Gleichgewicht unseres Sonnensystems erschüttern, die Planetenbahnen beeinflussen und so zu einer wahrlich kosmischen Katastrophe führen.
Aber soweit wird es dank des Paratronschirmes nicht kommen, obwohl auf der Erde bereits Erdbeben ausgelöst wurden. Es sind noch weitere Erdbeben zu erwarten, ebenso eine Verschiebung des Niveaus der Meere und eine Verlagerung der Gezeiten.
Darüber zu berichten ist nicht meine Aufgabe. Ich möchte Ihnen nur klarlegen, wie es zu der überhöhten Sonnenaktivität kommen konnte. Sie wissen inzwischen alle, daß die Schwarmbeherrscher eine blaue Riesensonne in die Nähe des systemumspannenden Paratronschirms transistierten. Dieser blaue Riese hat einen Durchmesser von dreihundert Millionen Kilometern. Sie können daran ermessen, welcher Unmengen von Hyperenergie es bedarf, um diesen Körper, der dem Zweihundertfachen unserer Sonne entspricht, über Lichtjahre hinweg zu bewegen.
Als der blaue Riese hundert Lichtstunden von Sol entfernt durch einen Strukturriß in den Normalraum zurückfiel, griffen Überlappungsenergien auf unsere Sonne über und beeinflußten sie. Es kam nicht nur zu überhöhter Aktivität im Normalenergiebereich, sondern verstärkt noch auf hyperdimensionaler Ebene. Das geschah ohne jede Verzögerung, überlichtschnell. Und mit der gleichen Plötzlichkeit werden auch die Planeten des Systems betroffen.«
Der Astronom beendete sein Referat.
»Der Sprecher der Hyperphysiker hat das Wort«, verkündete Bull.
In einer der mittleren Reihen schaltete ein kleiner, unscheinbarer Mann sein Kommunikationsgerät auf Rundruf und begann mit krächzender Stimme zu sprechen.
»Die Hyperschockwelle, die beim Einbruch des blauen Riesen in den Normalraum frei wurde, war so gewaltig, daß der Paratronschirm durchsiebt wurde und sämtliche Geräte im Solsystem, die auf fünfdimensionaler Basis arbeiten, gestört wurden. Deshalb besitzen wir nur spärliches Material über die entscheidende Phase der Sonnentransition. Inzwischen wurden die Schäden an den wichtigsten Ortungsgeräten behoben, wir bekommen laufend exakte Daten herein.
Zum einen über die Aktivität von Sol und deren Einfluß auf die Planeten, zum anderen von dem blauen Riesen. Dieser Stern
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