Silberband 062 - Götzendämmerung
ausgestoßen.
Aber er war nicht wahnsinnig!
Die Diagnose war zu früh gestellt worden. Das Untersuchungsergebnis der Mediziner war zweifellos von Angst diktiert – und von den Erlebnissen, die andere Ressortverantwortliche gehabt hatten, wenn einer ihrer Kollegen seine geistige Stabilität verloren hatte. Er selbst war nur organisch erkrankt; eine Folge der Überarbeitung, die ihrerseits daher kam, daß die neuaufgenommenen Wesen dieser Galaxis sich als unerwünschter Störenfried entpuppt hatten. Sie schienen wie Bakterien: Auf günstigem Nährboden vermehrten sie sich rasend schnell und wurden durch Ansteckung zu einer echten Gefahr.
Dadurch, daß sie auftauchten, Verwirrung hervorriefen und schnellstens wieder verschwanden, steckten sie an. Die Verwirrung und die Zerstörungen riefen ihrerseits wieder Reaktionen hervor und Anstrengungen. Diese galaktischen Störer, die sich völlig unberechenbar benahmen, würden noch viel Unheil anrichten.
Der Vulkan kam in Sicht, und das Schiff zog eine große Schleife durch die dünne Luft. Sein eigenes Schicksal stand Y'Xanomrymer deutlich vor Augen.
»Ich will nicht!« flüsterte er heiser. Er fühlte sich wieder völlig gesund. Er betrachtete die langen, schlanken Beine, die in einer dünnen Hose steckten. Die Füße mit ihren langen Zehen waren in kostbares, lederartiges Material gehüllt. Der schlanke und wohlproportionierte Körper zeigte keinerlei Spuren einer Krankheit.
»Ich will nicht zu einem Wahnsinnigen abgestempelt werden!« sagte er leise und erbittert.
Das Raumschiff näherte sich dem Vulkan und somit dem Landeplatz.
Wenn es gelandet war, würde eine Rampe ausgefahren werden. Die kleinen stummen Purpurnen würden dann die Götzen aus dem Schiff treiben und in einen großen, ausgeschleusten Gleiter hineinbugsieren. Dieser Gleiter startete dann und setzte die kranken Götzen an einem Ort ab, der noch nicht so dicht besiedelt war. Dort mußten sich die Ausgesetzten mit Hilfe ihrer Roboter eine Behausung schaffen. Y'Xanomrymer schauderte, als er daran dachte: Jeder seiner dreißig Freunde, auf eine andere Art wahnsinnig, benutzte seine Paragabe dazu, um sich ein bizarres kleines Reich zu schaffen, dessen Grenzen er eifersüchtig verteidigte.
»Ich werde nicht zu ihnen gehören!« sagte er.
Er wußte noch nicht, was er tun konnte. Er selbst war in einen Ablauf der Aktionen eingegliedert worden, aus dem er nicht entkommen konnte. Dieser Planet war für alle anderen tabu. Erst dann, wenn sie gelandet waren, konnte er handeln. Oder es wenigstens versuchen.
Er setzte sich wieder, blickte den Schirm an und sah den Raumhafen näherkommen. Sand wallte auf, als sich das Raumschiff tiefer senkte.
»Ich bin nicht wahnsinnig!« sagte er leise.
Klickend öffneten und schlossen sich seine Insektenkiefer. Aufgeregt zitterten die kurzen Antennen seiner Fühler, die an exotische Blumen erinnerten.
Die Diagnose war falsch gewesen! Er war überarbeitet – und die Ärzte schlossen daraus, er habe zuviel Strahlung abbekommen.
Aber noch besaß er seine zerstörerische Gabe. Er konnte Flüssigkeitsmengen aller Art dadurch verdampfen, daß er sich konzentrierte und die Flüssigkeit in einen anderen Aggregatzustand übergehen ließ. Gleichgültig dabei war, ob diese Flüssigkeit gebunden oder offen war; ob sie aus einer Pfütze oder dem Inhalt eines Fasses bestand oder innerhalb eines Lebewesens in Adern und feinen Blutgefäßen verteilt auftrat.
Durch einen Gedankenbefehl verdampfte Y'Xanomrymer eine kleine Menge oder eine große Menge davon – wie es ihm beliebte. Er würde diese Fähigkeit anwenden, um von diesem Aussätzigenplaneten wieder herunterzukommen.
Das Schiff war gelandet.
Alles, was jetzt kam, hatte sich vorher deutlich in seinen Gedanken abgezeichnet. Die Purpurnen kamen, öffneten die Schleusen der einunddreißig Räume und führten die Götzen, die unter dem Einfluß eines milden Betäubungsmittels standen, aus dem Schiff. Ein Gleiter wartete. Sein Laderaum war voller Überlebensgegenstände. Auch die Roboter zur persönlichen Fürsorge befanden sich bereits in aktiviertem Zustand dort. Jeder dieser Robots war auf die Impulse eines einzelnen Götzen eingestellt worden. Ein unzerstörbares Herr-Diener-Verhältnis war programmiert. Bis zum Lebensende würde die Energie der Maschinen reichen; dann erst konnte man sie auf einen neuen Götzen umprogrammieren. Die Götzen nahmen Platz, und das Begleitkommando der zwanzig Purpurnen überwachte sie. Kaum war
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