Silberband 068 - Anti-Universum
fertig, zuerst die Waffe zu heben und auf den anderen zu schießen.
Aus kürzester Entfernung waren Fehlschüsse so gut wie ausgeschlossen. Sie würden beide treffen, wenn die Kampfhandlungen wiederaufgenommen wurden.
Der Kreis schließt sich! dachte Rhodan I entsetzt.
»Merkst du, worauf es hinausläuft?« fragte Rhodan II erstickt. »Die Parallelität verlangt einen letzten Triumph.«
»Nein!« sagte Rhodan I.
Er weigerte sich, an die Endgültigkeit dieses Schicksals zu glauben. Es gab zu viele kleine Unterschiede – hatte sie immer gegeben.
Allein die Tatsache, daß Rhodan II am rechten Arm verletzt war und die linke Hand zum Schießen benutzen mußte, bewies es.
»Wir werden uns umbringen, Bruder!« Rhodan II schluchzte fast. »Das ist nur logisch. Dann gibt es keinen Perry Rhodan mehr, weder für dieses noch für dein eigenes Kontinuum.«
Plötzlich begriff Rhodan I, daß der andere von diesen Worten nicht überzeugt war, daß er genauso an seinen Sieg glaubte wie Rhodan I. Der Diktator wollte mit seinen Worten den Doppelgänger nur verwirren. Er wollte die Entschlußkraft von Rhodan I lähmen. Das mußte er tun, denn durch die Verletzung am rechten Arm befand er sich jetzt im Nachteil.
Als sie noch knapp zwanzig Schritte voneinander entfernt waren, blieben sie stehen. Beide schienen in diesem Augenblick einem geheimen Signal gefolgt zu sein.
»Jetzt ist alles andere nebensächlich geworden, Bruder«, sagte Rhodan II. »Jetzt gibt es nur noch dich und mich. Nun wird die Entscheidung fallen.«
»Es mußte so kommen«, sagte Rhodan I. »Es war unausweichlich.«
Durch die Sichtscheiben der beiden Helme glaubte er zu erkennen, daß dem anderen Tränen über das Gesicht liefen. Er nahm an, daß er sich täuschte. Rhodan II war kein sensibler Mensch, er würde nicht ausgerechnet jetzt irgendwelchen Gefühlen nachgeben.
»Wenigstens ist die Entscheidung zwischen uns ehrlich«, sagte Rhodan I. »Sie können den Kopf nicht mehr aus der Schlinge ziehen.«
»Ehrlich?« rief Rhodan II. »Spricht so mein Bruder, der seit seinem Auftauchen in dieser Galaxis Parolen verbreitet, in denen er Freiheit und Humanität fordert? Dieser Mann steht jetzt unverletzt einem Verletzten gegenüber, der seine Waffe mit der linken Hand halten muß. Wie kann dieser Zweikampf ehrlich enden?«
Rhodan I starrte ihn an. Er wußte genau, daß sein Gegner den letzten Bluff versuchte, aber er mußte zugeben, daß Rhodan II ihn an der wunden Stelle getroffen hatte.
»Ich ziehe jetzt meine Waffe und stecke sie in die linke Seite des Gürtels!« hörte er sich sagen.
»Das willst du wirklich tun, Bruder?«
»Ja!«
Rhodan I wollte seine Worte in die Tat umsetzen, doch als seine Hand auf die Waffe hinabsank, griff auch Rhodan II blitzschnell nach seinem Strahler.
In Gedankenschnelle begriff Rhodan I, daß sein Doppelgänger ihm nicht traute. Rhodan II rechnete mit irgendeinem Trick. Er glaubte einfach nicht daran, daß sein Widersacher gleiche Voraussetzungen für sie beide schaffen wollte.
Als Rhodan II die Waffe hob, schoß Rhodan I.
Schräg unter Atlan lag die zerstörte Kuppel. Um die Transmitterstation mußte ein erbitterter Kampf stattgefunden haben. Der Arkonide wußte, daß die beiden Männer sich nicht mehr in der Nähe der Kuppel befanden. Sie waren weiter draußen in der Ebene. Beide hatten versucht, den eigentlichen Stützpunkt zu erreichen. Aus den Gesprächen, die Atlan über Helmfunk mitgehört hatte, ging jedoch hervor, daß keiner der beiden Rhodans dieses Ziel erreichen würde.
Atlan ahnte, daß die Entscheidung gefallen war – und er befürchtete, daß die Prophezeiung von Rhodan II Wirklichkeit geworden war.
Er wagte nicht, die eigene Helmsprechanlage zu benutzen. Unbewußt fürchtete er, mit einer schrecklichen Wahrheit konfrontiert zu werden.
Er flog über die Kuppel hinweg. Vor ihm lag die große Ebene.
Wenige Augenblicke später sah er zwei dunkle Punkte im Eis. Als er näher kam, erkannte er, daß es die beiden Rhodans waren. Sie lagen beide bewegungslos im Eis.
In Atlan krampfte sich alles zusammen.
Unwillkürlich unterbrach er den Flug. Er ließ sich auf das Eis hinabsinken. Seine Gedanken wirbelten durcheinander.
Was würde geschehen, wenn beide Rhodans nicht mehr am Leben waren? Gab es dann für die Überlebenden der MARCO POLO I eine Möglichkeit, in die Normalwelt zurückzukehren? Würde sich die Prophezeiung von ES auch in einem solchen Fall erfüllen?
Der Arkonide ging zu Fuß weiter. Bald
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