Silberband 071 - Das Erbe der Yulocs
der Pygmäe. Selbst wenn er sich auf der Tischplatte aufrichtete, erreichte er nicht die Größe des Jägers in dessen jetzigem Körper. Er sprang auf. Die großen Augen leuchteten aus dem faltigen Gesicht.
»Das ist ein freudiges Wiedersehen mit dem Tuuhrt!« rief er und klatschte dabei in die Hände. Dann wandte er den Kopf zur Seite und blickte schräg über die Schulter. »Meinst du nicht auch, Gniggar, du Riesenroß?«
Da war niemand. Er sprach in die Luft hinein und bekam auch keine Antwort. Trotzdem nickte er befriedigt und wandte den Blick wieder in Richtung des Jägers.
»Das meine ich aber auch, Gniggar«, sagte er. »Wir können uns für die Geschäftsverbindung mit dem Tuuhrt nicht glücklich genug preisen.«
Torytrae zeigte keine Spur von Überraschung. Er wußte seit langem, daß Leggan-Leg glaubte, einen unsichtbaren Begleiter zu haben, der ihn vor Gefahren schützte.
»Ich komme soeben vom Regierungszentrum, dem Yaanzardoscht«, eröffnete der Jäger die Unterhaltung. »Merkwürdige Dinge sind während meiner Abwesenheit geschehen, und eines davon interessiert mich im Zusammenhang mit einer Aufgabe, die ich zu erfüllen habe.«
»Nennen Sie es mir«, forderte Leggan-Leg ihn auf, »und ich werde versuchen, mehr darüber zu erfahren.« Wieder drehte er den Kopf zur Schulter. »Nicht wahr, Gniggar?«
Torytrae wartete Gniggars Antwort nicht ab. »Doynschto, der Transplantationsexperte, ist entführt worden«, sagte er. »Ich muß wissen, von wem und wohin.«
»Ah ja!« erinnerte sich der Zwerg. »Eine merkwürdige Angelegenheit. Spielte sich erst vor wenigen Tagen ab. Wir … wunderten uns darüber.«
»Warum?«
»Doynschto war in unseren Kreisen ein nicht oft, aber ein gern gesehener Kunde. Als der Rote Anatom noch hier verkehrte, war besonders er es, der sich einer äußerst lebhaften Geschäftsverbindung mit dem Sanften rühmen konnte. Wir wußten, daß es dem Sanften gutging. Er hatte nicht den geringsten Grund, Nopaloor zu verlassen. Und dennoch ging er. Deswegen wunderten wir uns.«
»Moment mal«, brummte Torytrae. »Er ging nicht, sondern er wurde entführt. Das macht einen Unterschied, nicht wahr?«
»Macht es das, Gniggar?« fragte Leggan-Leg lächelnd und wandte sich nach seinem imaginären Gesprächspartner um. »Gniggar meint, es sei gleichgültig. Ich dachte, Sie kämen geradewegs vom Yaanzardoscht. Hat man Sie dort nicht aufgeklärt?«
Torytrae war nicht verwirrt. Er begann zu verstehen, daß an Doynschtos Entführung nicht alles so war, wie er es sich vorgestellt hatte. Aus Leggan-Legs hinhaltenden Worten ließ sich entnehmen, daß Doynschto nicht mit Gewalt und gegen seinen Willen entführt, sondern daß seine Entführung nur vorgetäuscht worden war.
»Reden Sie, Leggan-Leg!« forderte er den Pygmäen auf.
»Sie werden sich daran erinnern, daß unsere Verbindung eine rein geschäftliche ist, und …«
»Selbstverständlich. Wieviel?«
Leggan-Leg war auf diese Frage längst vorbereitet. »Zehntausend«, antwortete er ohne Zögern.
»Einverstanden«, brummte der Jäger. Er zog eine bunte Registriermarke aus der Tasche und warf sie auf den Tisch. Leggan-Leg ergriff sie eilig, fast gierig, und schob sie in einen für derartige Marken vorgesehenen Schlitz an der Konsole seines Interkoms. Er studierte die Anzeige auf dem Bildschirm und drückte in rascher Folge eine Reihe von Tasten. Die Marke sprang aus dem Schlitz. Der Zwerg nahm sie auf und reichte sie dem Jäger zurück.
»Nun sprechen Sie!« drängte dieser ungeduldig.
»Als wir von Doynschtos Entführung hörten, waren wir sehr bestürzt«, sagte Leggan-Leg. »Denn er war, wie schon gesagt, ein Kunde, der mit dem Geld nicht gerade knauserig umging. Wir wollten ihn zurückhaben, als Kunden. Deswegen mußten wir zuerst erfahren, wer ihn entführt hatte und wo er sich seit seiner Entführung befand.
Wir drangen nachts in Doynschtos Klinik ein und sahen uns um. Die Leute vom Geheimen Organ-Kommando waren schon dagewesen, das sahen meine Spezialisten sogleich. Aber sie hatten die Spuren nicht verwischt. Wir ermittelten folgendes: Erstens, es gab keinerlei Anzeichen eines Kampfes zwischen Doynschto und seinen Entführern. Zweitens, aus Doynschtos Unterlagen fehlten sämtliche Papiere, die sich mit der Theorie der Gehirntransplantation und der Nullzeitbrücke befaßten. Das sind Dinge, von denen kaum ein Mensch etwas versteht. Jemand, der aufs Geratewohl in Doynschtos Akten gewühlt hätte, hätte bei seiner Suche nach
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