Silberband 076 - Raumschiff Erde
Schwarm zorniger Wespen strich der blasse Strahl meiner Waffe über die Reihen der Angreifer. Schließlich geriet ihr Vormarsch ins Stocken. Etwa achtzig waren noch auf den Beinen, und vor ihnen türmte sich ein Wall von denen, die zu Boden gegangen waren und sich schreiend vor Schmerzen krümmten. Ich feuerte unverdrossen weiter, und nachdem ich abermals zehn Leute zu Boden gesandt hatte, begann sich das Blatt zu wenden. Von irgendwoher rief jemand: »Aufhören, Leute! Es hat keinen Zweck! Rückzug!«
Die Stimme kam mir merkwürdig bekannt vor. Aber ich konnte den Rufer nicht sehen. Er verbarg sich irgendwo in der Menge. Die Randalierer fluteten zurück, in Richtung Ausgang. Ich hatte keinerlei Ehrgeiz, sie zu verfolgen. Erst als sichere dreißig Meter zwischen mir und den Abrückenden lagen, setzte ich mich in Bewegung. Ich wollte die Sperren an den Ausgängen inspizieren, um zu sehen, wie die Aufständischen in den geschützten Bereich hatten eindringen können. Als ich an die Grenze zum inneren öffentlichen Bereich kam, waren die Randalierer schon außer Sicht. Nur die deutlichen Spuren der Zerstörung zeigten, welchen Weg sie genommen hatten. Ich untersuchte die Sperre, durch die sich der Ein- ebenso wie der Auszug vollzogen zu haben schien, konnte nichts Außergewöhnliches daran finden und beschloß, die Angelegenheit den Experten zu überlassen. Inzwischen hatten die unversehrt gebliebenen Wachroboter wieder Aufstellung genommen, und einige von ihnen waren damit beschäftigt, die Trümmer beiseite zu räumen. Durch die gläserne Wand hindurch erkannte ich die Bewegungen stählerner Kampfmaschinen. Mein Alarm hatte gewirkt, wenn auch ein wenig spät.
Als ich an einem Seitengang vorbeikam, glaubte ich, im Hintergrund eine schattenhafte Bewegung wahrzunehmen. Durch den Anblick der Kampfroboter sicher gemacht, dachte ich mir nichts dabei, in den Gang einzudringen und nachzuforschen, ob sich womöglich ein Nachzügler der Randalierer hier irgendwo versteckt hatte. Ich war etwa zwanzig Schritte weit gekommen, da öffnete sich hinter mir eine Tür mit leisem Zischen. Im gleichen Augenblick sagte eine hämische Stimme: »Sieh mal einer an! Also hat mein Trick doch funktioniert.«
Ich fuhr herum. Ein paar Schritte vor mir stand Nelliver Heron.
Ich verfluchte meine Nachlässigkeit. Der Paralysator steckte wieder im Gürtel. Dafür hielt Heron jedoch eine klobige Projektorpistole in der Hand, altmodisch zwar, aber nichtsdestoweniger tödlich. Ich wich vorsichtig einen Schritt zurück. Aber es zeigte sich, daß Heron auch in dieser Hinsicht vorgesorgt hatte. Plötzlich spürte ich einen harten Druck gegen den Rücken, unmittelbar links der Wirbelsäule. Der Mann hinter mir war nicht besonders gesprächig. Er sagte nur: »Stopp!«
Ich sah ihn mir an. Er war an die zwei Meter groß, mit Schultern, die einem Preisringer alle Ehre gemacht hätten. Er wirkte nicht besonders klug, aber intelligent genug, um den Lauf seiner Pistole genau dorthin zu halten, wo er im Ernstfall den größten Schaden anrichten konnte. Ich blieb stehen und sah Nelliver Heron an. Auf Situationen, in denen ich zur Hilflosigkeit verdammt bin, reagiere ich gewöhnlich mit kalter Wut. Dieser Fall bildete keine Ausnahme. Ich war wütend – so wütend, daß ich das Blut im Rhythmus des Herzschlags klopfen hörte.
»Du bist ein hirnverbrannter Narr, Nelliver Heron«, fauchte ich den Rothaarigen an. »In einer Minute sind die Kampfroboter hier, und dann bist zu mitsamt deinem Genossen ein toter Mann.«
»Irrtum, Staatsmarschall«, sagte er. »Tot wirst du sein, nicht wir! Wir haben nämlich auf dich gewartet.«
Mein Verstand arbeitete auf Hochtouren. Ich mußte die Waffe in die Hand bekommen! Aber wie? Der Aufenthalt zwischen zwei Pistolenmündungen ist außerordentlich ungemütlich. Der Kerl hinter mir brauchte nur eine Zehntelsekunde, um den Finger um den Abzug zu krümmen. Auf Zeit konnte ich auch nicht spielen. Heron konnte sich denken, daß das Gellen der Alarmsirenen irgendwelche Abwehrkräfte in Marsch gesetzt hatte und ihm nur noch ein paar Augenblicke blieben, um das auszuführen, was er sich vorgenommen hatte. Blieb mir nur noch eines: Ich mußte ihn aus dem Gleichgewicht bringen, zur Unvorsichtigkeit verleiten.
Ein wenig theatralisch streckte ich die Brust heraus und rief: »Also schön, Heron! Hier bin ich! Schieß!«
Ich sah seine Mundwinkel zucken. »Du glaubst wohl nicht, daß ich es ernst meine, wie?« fragte er.
»Ich glaube,
Weitere Kostenlose Bücher