Silberband 077 - Im Mahlstrom der Sterne
Astronom Dr. Gillian über Interkom in der Kommandozentrale. »Ich bin bereit zu der gewünschten Demonstration, Sir. Wann kann ich Sie erwarten?«
»Wir kommen sofort hoch«, antwortete ich. Die etwa zwanzig Wissenschaftler, darunter der Chefmathelogiker Professor Dr. Eric Bichinger und der Chefphysiker Professor Dr. Renus Ahaspere, waren bereits in der Kommandozentrale versammelt.
»Folgen Sie mir bitte!«, forderte ich sie auf, während ich mich zum Antigravlift begab. Die vier Mutanten, allen voran Gucky, schlossen sich mir ohne Aufforderung an. Bevor ich in den Antigravschacht trat, warf ich noch einen Blick zurück auf den Panoramaschirm. Dort bot sich mir ein Bild, an dem ich mich einfach nicht satt sehen konnte.
Zwei Galaxien schwebten im Leerraum, die durch die ›Nabelschnur‹ miteinander verbunden waren. Wir hatten uns mit der MARCO POLO und der kleinen Flotte 150.000 Lichtjahre in vertikaler Richtung von der Position der Erde entfernt und schwebten nun mit tausend Schiffen im Leerraum. Hier hatten wir vorerst Beobachtungsposten bezogen. Die restlichen fünfhundert Schiffe bildeten die einzelnen Glieder einer Verbindungskette zur Erde und dem Mahlstrom. Ich hatte sie in unregelmäßigen Abständen postiert und so eine Funkbrücke geschaffen. Wir standen mit den einzelnen Relaisschiffen in ständigem Kontakt, Auswertungsergebnisse wurden ausgetauscht, miteinander verglichen, verarbeitet – sodass sich nach und nach ein abgerundetes Bild der kosmischen Situation dieses Raumsektors ergab.
Das erste Ergebnis dieser Forschungsarbeit war die Demonstration im Observatorium der MARCO POLO. In einem Punkt hatten wir jedoch eine große Enttäuschung erlebt: Es war uns nicht möglich gewesen herauszufinden, welche der vielen Sterneninseln die heimatliche Milchstraße war. So wussten wir nach wie vor nicht, in welche Region des Universums es uns verschlagen hatte. Aber die Astronomen aller Schiffe arbeiteten nach wie vor an diesem Problem, sodass die winzige Hoffnung blieb, dass es uns vielleicht doch noch gelang, unsere Position im Universum bestimmen zu können. Allerdings glaubten daran wirklich nur noch unverbesserliche Optimisten.
Dr. Gillian erwartete uns im Holo-Planetarium. Unter der Kuppelwandung war der fremde Weltraum aus der Perspektive der MARCO POLO zu sehen. Doch war die Szene verfremdet. Von dem Materieschlauch zwischen den beiden Galaxien war noch nichts zu sehen; die beiden Galaxien standen dicht beieinander, waren aber nicht miteinander verbunden. Nachdem wir alle Platz genommen hatten, begann Dr. Gillian mit seinem Vortrag.
»Die neuesten Erkenntnisse, die wir auf dieser Forschungsexpedition gewonnen haben, decken sich im Großen und Ganzen mit den ersten Vermutungen und Theorien. Für einen Laien mag es demnach so aussehen, als hätten wir kein neues Wissen hinzugewonnen. Für uns Astronomen ergeben sich aber unzählige neue Aspekte. Immerhin sind wir nun in der Lage, die Vorgänge, die vor zwei Milliarden Jahren in diesem Raumsektor stattgefunden haben, wirklichkeitsnah zu rekonstruieren. Betrachten Sie die beiden Galaxien. Jede von ihnen hat in etwa die Ausmaße unserer Milchstraße. Sie sehen eine Momentaufnahme, wie sie ausgesehen haben könnten, bevor die beiden Sterneninseln miteinander kollidierten. Jetzt wollen wir die Zeit weiterdrehen, und zwar in geraffter Form.«
Die beiden Galaxien auf den Kuppelwänden kamen in Bewegung. Ganz deutlich war zu sehen, wie die beiden Sterneninseln expandierten. Die Sterne an den Rändern der Galaxien strebten aufeinander zu, und dann vermischten sich die Himmelskörper der einen Galaxis mit denen der anderen.
»Dieser simulierte Vorgang ist natürlich millionenfach beschleunigt«, erklärte dazu der Astronom. »Jetzt können Sie ganz deutlich sehen, wie die beiden Galaxien miteinander kollidieren. Es sieht fast so aus, als würden zwei bisher voneinander getrennte Zahnräder ineinander greifen. Und jetzt können Sie sehen, wie die beiden Sterneninseln sich wieder voneinander lösen. Sie sind nur mit ihren Randzonen zusammengestoßen. Dennoch kann man ermessen, was für eine gewaltige kosmische Katastrophe sich hier abgespielt hat, wenn man sich in Erinnerung ruft, welche gewaltigen Massen dabei aufeinander trafen. Eine unvorstellbare Wechselwirkung von Kräften und Gegenkräften hat stattgefunden, deren Sekundäreffekt selbst den Hyperraum erschüttert haben muss.«
In der Zeitrafferprojektion des Planetariums rasten die beiden Galaxien
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