Silberband 077 - Im Mahlstrom der Sterne
dass ich mehr schwanke, als mir lieb ist.
Ich weiß nicht, warum, aber ich ignoriere völlig, dass am Ende des Ganges die Wand verschwunden ist. Bevor ich mir richtig darüber klar werde, rutsche ich über den Abgrund. Ich bin 63 Etagen hoch, das Trümmergerippe des Hotels ragt bis zu mir empor. Mir wird schwindlig.
Ich kippe nach vorn, aber instinktiv krallt sich einer meiner Pseudofüße an einem Mauervorsprung fest. Jemand schreit. Die Stimme ist tief unter mir, von der Straße aus hat mich jemand gesehen. So hänge ich zwischen Himmel und Erde dieser fremden Welt, und die Lichter der nächtlichen Stadt wirbeln in einem bunten Reigen um mich herum. Der Whisky hat mich so geschwächt, dass ich mich nicht hochziehen kann. Vielleicht will ich es in diesem Augenblick auch gar nicht. Plötzlich sehe ich alles ganz klar vor mir: mein Leben, meine Bestimmung und alles, was damit zu tun hat. Ich bin dieser ganzen Sache überdrüssig. Der Griff meiner Pseudoklaue lockert sich. Ich bin mir darüber im Klaren, dass auch ein Matten-Willy den Sturz aus dieser Höhe nicht überleben wird.
Doch da ist Cardok. Er steht hoch über mir, breitbeinig, die wurmähnlichen Augenbrauen ungläubig hochgezogen, als könne er nicht verstehen, was da geschieht. »Zum Teufel mit dir, Filz!«
Er packt das fußähnliche Gebilde, mit dem ich mich die ganze Zeit über festgehalten habe, und zieht mich hoch. Ich könnte diesen ›Fuß‹ opfern und meinen Körper in die Tiefe fallen lassen, aber Cardoks Anwesenheit hindert mich daran. Vor ihm kann ich nicht mein Gesicht verlieren, ich darf ihm gegenüber nicht solche Schwächen zeigen.
»Man würde mir die Verantwortung für deinen Tod geben«, sagt er. »Vielleicht bildest du jetzt gefälligst einen Hintern, damit ich dir einen Tritt versetzen kann.«
Ich habe später oft erlebt, dass kein Matten-Willy diesem Cardok etwas abschlagen konnte. Und ich schwöre, dass ich in jener unvergesslichen Nacht dort oben in luftiger Höhe eine Wölbung machte, die eine gewisse Ähnlichkeit mit einem menschlichen Gesäß besaß. Doch Cardok macht von der Möglichkeit, seine Drohung zu verwirklichen, keinen Gebrauch.
»Schon gut«, sagt er. »Geh zurück auf dein Zimmer, Filz.«
Ein bisschen später lässt die Wirkung des Alkohols nach. In Erinnerung an meinen Unfall, der beinahe tödlich geendet hätte, beginne ich zu zittern. Und als hätte er geahnt, dass ich jetzt in ein kritisches Stadium gerate, taucht Cardok noch einmal bei mir auf.
»Man muss sich selbst kontrollieren können, wenn man alles genießen will«, sagt er in seiner sachlichen Art. »Wer nicht dazu in der Lage ist, sollte die Finger von allen Dingen lassen, die ihm gefährlich werden könnten.«
»Ich bin noch jung«, antworte ich verlegen. »Es war zum ersten Mal.« Ich erahne seine nächste Frage und füge noch hinzu: »Zu jeder Delegation gehört ein junges Mitglied. Auf diese Weise lernen wir am ehesten den Umgang mit Fremdintelligenzen.«
Was für ein hochgestochener Quatsch!, denke ich. Als wäre Cardok eine Fremdintelligenz. Er versteht mich doch!
Er lächelt mich an. Es gibt eine besondere Sorte von Wesen, die sich immer und überall verstehen, welchem Volk sie auch angehören!, sagt dieses Lächeln. Und sein Lächeln ist eine Einladung, diesem Kreis beizutreten.
So war Cardok!
***
Wir sind jetzt eine Gruppe von 22 Matten-Willys, die das Plasma in die schützenden Tanks zurückschieben. Das Plasma ist schwerfällig und schwer zu steuern; obwohl es weiß, dass es nur innerhalb eines präparierten Behälters überleben kann, hat es eine instinktive Furcht vor Gefängnissen aller Art.
»Ein Funkspruch!«, höre ich einen Mann rufen. »Wir empfangen einen Funkspruch. Er muss von einem terranischen Schiff kommen.«
Ich wundere mich, dass überhaupt noch ein funktionierendes Funkgerät an Bord von BOX-7149 existiert.
Ich strahle eine telepathische Frage an Gucky aus. Welches Schiff kann das sein? Ich dachte, außer diesem Posbiraumer hätte keine Einheit einsatzfähige Triebwerke?
Es gibt ein paar Beiboote, die ebenfalls im Ortungsschutz von Imperium-Alpha standen, erreichen mich die Impulse des Ilts. Das wäre eine mögliche Erklärung.
Ich bin gespannt, was sich außerhalb des Schiffs ereignet. Noch wissen wir nicht genau, wo wir herausgekommen sind, aber alles deutet darauf hin, dass wir bald wichtige Informationen bekommen werden.
Wir haben das Plasma endgültig in die Behälter zurückgedrückt. Die Lecks werden
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