Silberband 077 - Im Mahlstrom der Sterne
Entschlusskraft gelähmt.
»Wir kämpfen gegen die Fremden, wie wir gegen Mucierer kämpfen würden«, sage ich mit erzwungener Ruhe. »Das macht es ihnen leicht, sich gegen uns zu verteidigen.«
Aus dem Mund des Alten Kriegers Bargosch kommt ein animalischer Laut. Es ist der Ton der Verachtung. »Wie sollten wir deiner Ansicht nach gegen sie kämpfen?«
»In vielen kleinen Gruppen, die immer dann zuschlagen, wenn sich eine Gelegenheit dazu ergibt.«
Bargosch empfindet es offenbar für unter seiner Würde, mir darauf zu antworten, denn er wendet sich ab und starrt ins Feuer, als könnte er dort die Antworten auf unsere drängenden Fragen finden. Die Aufmerksamkeit der anderen ist auf Bargosch gerichtet – mich haben sie als einen Unwissenden abgetan, auf den man nicht hören darf.
Ich unterdrücke meinen Zorn und trete auf die Höchste Plattform hinaus. Der warme Wind streicht über mein Gesicht. Weit im Hintergrund sehe ich ein paar dichte Schwärme mucierischer Krieger über das Land fliegen. Ihr Ziel ist der Flugwagen unserer Gegner.
Tofrosch tritt zu mir heraus. Er ist der jüngste Beherrscher der Höchsten Plattform. »Sie wollen nur das Beste«, sagt er nachdenklich.
Ich höre Sympathie für mich aus seiner Stimme heraus. Das erleichtert mich etwas. »Sie wollen nur das Beste«, wiederhole ich ironisch. »Dabei schicken sie Hunderte in den Tod.«
»Den meisten Stammesführern kämen solche Verluste nicht ungelegen«, meint Tofrosch bitter. »Vergiss das nicht! Es hat lange keine großen Kriege mehr gegeben. Der Tod einiger tausend würde die Probleme vieler Felsenburgen verringern.«
»Mir wird elend!«, bringe ich hervor.
Er versucht zu lächeln. »Du bist eben kein richtiger Mucierer«, sagt er scherzhaft, aber ich erkenne den ernsten Unterton in seiner Stimme, die Warnung, die Dinge nicht auf die Spitze zu treiben.
»Ich bin Mucierer«, erwidere ich. »Genau wie du und alle anderen.«
»Die Zugehörigkeit zu einer Art wird nicht allein durch Äußerlichkeiten erreicht«, hält er mir entgegen. »Jedenfalls nicht bei Lebewesen mit einer höheren Intelligenzstufe. Ich habe dich lange Zeit beobachtet. Du bist in vielen Dingen nicht wie wir.«
»Ich denke nach.«
»Zu viel Nachdenken bringt nichts ein, außerdem ist es gefährlich. Warum willst du verändern, was seit Jahrtausenden reibungslos funktioniert?«
Ich sehe ihn an. Zweifellos ist er intelligent, aber trotz seiner Jugend hat er bereits einen Kompromiss mit der Gesellschaft geschlossen. Bisher hat er überlebt. Alles, was er tut, ist darauf abgezielt, auch weiterhin zu überleben. Bestürzt begreife ich, dass ich seine Freundschaft aufs Spiel setze, wenn ich mich weiterhin als Außenseiter exponiere. Ich falte meinen Flugmantel auseinander.
»Was hast du vor?«, fragt Tofrosch.
»Du kannst den anderen sagen, dass ich mich um die Krieger kümmern werde. Ab sofort nehme ich an den Kämpfen teil.«
»Aber wir haben eine Beratung.«
»Das stört mich nicht«, ignoriere ich seinen Einwand. »Wir werden nichts über die Fremden herausfinden, wenn wir in der Felsenburg hocken und über sie diskutieren. Ich will versuchen, zusammen mit den Ersten Kriegern und Häuptlingen eine neue Strategie auszuarbeiten.«
»Nun gut«, sagt Tofrosch niedergeschlagen. »Ich verabschiede dich.«
»Ich verabschiede dich, Tofrosch.« Wir sehen uns noch einmal an, aber in seinen Blicken ist nichts als Verständnislosigkeit. Ich schwinge mich von der Plattform und schließe mich ein paar Kriegern an, die in Richtung des Flugwagens unterwegs sind. Doch der Flugwagen ist nicht mein eigentliches Ziel. Ich will mich jenen Kämpfern anschließen, die sich mit den aus dem Flugwagen ausgebrochenen Fremden auseinander zu setzen haben.
Als ich die Gruppe fast erreicht habe, geschieht etwas Unerwartetes. Hinter unserer Felsenburg erhebt sich unser Gott. Groß und gewaltig ragt er in den Himmel.
Meine Begleiter gehen in Sturzflug über. Sie landen auf dem trockenen Wüstenboden und werfen sich demutsvoll nieder. Instinktiv folge ich ihrem Beispiel. Allein das Auftauchen des mächtigen Gottes hat genügt, um alle unsere Aktivitäten zu lähmen. Ich hebe den Kopf und spähe vorsichtig zur Felsenburg hinüber.
Die vielen Opfer, die wir ihm gebracht haben, müssen unseren Gott gnädig gestimmt haben. Er wird an unserer Seite kämpfen und die Fremden vertreiben.
14.
Sie schwebten so nahe bei der Kalksteinburg in der Luft, dass es Reginald Bull schwer fiel, die wahre
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