Silberband 078 - Suche nach der Erde
zu viel hatte, das ging Jellifer Humdran ab. Er wirkte wie eine dürre Gerte, die der nächste Windstoß entzweibrechen mochte. Obwohl Humdran über zwei Meter groß war, seinen Vorgesetzten also noch um eine Handbreit überragte, hätte man aus Bulmer Agboshts Substanz wahrscheinlich drei Jellifer Humdrans fertigen können.
Zwischen Agbosht und Humdran herrschte eine gewisse Animosität, von der Eingeweihte überzeugt waren, dass sie nur gespielt sei. Humdran erzählte jedem, der es hören wollte – solange nur Bulmer Agbosht sich nicht in der Nähe befand –, dass der Erste Botschafter neidisch auf ihn sei, weil er erstens mehr Erfolg bei den Frauen hatte und zweitens Agbosht um eine Handbreit überragte. Beides, so Jellifer Humdran, könne Agboshts krankhaftes Geltungsbedürfnis nicht verkraften.
Wiederum an eingeweihter Stelle wusste man jedoch zu sagen, dass es zumindest mit Jellifer Humdrans Erfolgen bei der Frauenwelt nicht so weit her war, wie der dürre Erste Botschaftsrat gewöhnlich zu behaupten pflegte. Man nannte ihn den ›Tiger von Chemtenz‹ nicht aufgrund seiner Erfolge, sondern wegen seiner Prahlereien.
Respektlos platzte er in das Arbeitszimmer des Ersten Botschafters, stemmte die Arme in die Seiten und stieß hervor: »Das ist eine feine Manier, einen vor lauter Arbeit abgewirtschafteten Untergebenen an seinem einzigen freien Tag innerhalb der letzten vier Wochen zum Dienst zu rufen!«
Bulmer Agbosht saß tief in seinen Sessel zurückgelehnt und musterte Jellifer Humdran schweigend. »Noch eine solche Frechheit«, sagte er schließlich mit überraschend sanfter Stimme, »und ich lasse Ihnen auf ein halbes Jahr das Gehalt sperren. Sie wissen, dass das in meiner Machtbefugnis liegt, nicht wahr?«
Es blitzte aus Jellifer Humdrans grauen Augen. »Natürlich weiß ich das. Aber in diesem Fall sähe ich mich gezwungen, der Frau des Ersten Botschafters mitzuteilen, wie viel Alkohol der Erste Botschafter im Laufe eines Arbeitstages verkonsumiert, obwohl er sich das wegen seines Blutdrucks nicht leisten kann.«
»Humdran«, erwiderte Agbosht, »Sie sind ein widerwärtiger, heimtückischer Schnüffler. Wie ich es mit Ihnen fünf Jahre lang ausgehalten habe, ohne einen Herzinfarkt zu bekommen, ist mir völlig schleierhaft. Gut! Vergessen wir also die ganze Sache und wenden wir uns Wichtigerem zu. Sie wissen von dem unerwarteten Besuch?«
Jellifer Humdran nickte. Von einem Augenblick zum andern war er völlig sachlich geworden. »Ich bin informiert. Ein Walzenraumschiff der K-Klasse, wenigstens eintausend Mann Besatzung, aus Richtung Gelb-Nord-Sektor, also wahrscheinlich von einer der maahkschen Hauptwelten. Der Besuch wurde erst angekündigt, als das Fahrzeug eine halbe Lichtstunde vor Kraltmock aus dem Hyperraum auftauchte.«
»Und das zu einem Zeitpunkt«, ergänzte Bulmer Agbosht, »da wir keinen Besuch der Maahks erwarten. Was bedeutet das?«
»Dicke Luft!«
»Genau meine Ansicht, Humdran. Treffen Sie Ihre Vorbereitungen, und wenn die Maahks landen, bereiten Sie ihnen einen Empfang dritter Klasse. Mehr können sie bei derart unangemeldeten Visiten nicht erwarten.«
»Verstanden, Sir«, antwortete Humdran und verließ den Raum.
Schon die Art, wie die Landung des Maahk-Schiffs sich abwickelte, war für Jellifer Humdran ein Beweis, dass es sich bei diesem Besuch um keinen der üblichen handelte. In zwei Kilometern Höhe scherte die riesige Maahk-Walze plötzlich aus dem Leitfeld aus und nahm Kurs auf den nördlichen, der Stadt am nächsten gelegenen Rand des Raumhafens. Dadurch wurde Jellifer gezwungen, sein Empfangskomitee umzugruppieren und an den neuen Landeort des Raumschiffs zu dirigieren. Jellifer Humdran war ein erfahrener Kenner des diplomatischen Protokolls. Die Eigenwilligkeit der Maahks ärgerte ihn. Er traf seine Dispositionen ohne sonderliche Eile, was dazu führte, dass das Raumschiff schon gelandet und die Energiebrücke ausgefahren war, als die Empfangsdelegation erst am Rand des Sichtkreises auftauchte. Jellifer bestrafte die Maahks für ihre Rücksichtslosigkeit, indem er den Empfang dritter Klasse in einen fünfter Klasse umwandelte.
Eine Gruppe von fünf Maahks hatte das Raumschiff bereits verlassen und stand wartend am Fuß der Energiebrücke, als Jellifers Komitee endlich vorfuhr. Die Maahks trugen auf der Sauerstoffwelt Chemtenz ihre Schutzanzüge, die unter dem im Innern der Monturen herrschenden Druck in grotesker Weise aufgebläht waren. Es war früh am
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