Silberband 080 - Menschheit am Scheideweg
wieder zu der Holo-Darstellung hinüber. Allmählich klärte sich das Bild. Die Farbschleier verschwanden. Deutlich schälten sich die Sterne und Galaxien heraus. Die MEBRECCO befand sich außerhalb des Mahlstroms, dessen energetische Störungen hier nicht mehr wirksam waren. Alle Voraussetzungen für einen Erfolg waren gegeben. Der Tender flog bereits in den Randregionen der der Ploohn-Galaxis entgegen liegenden Milchstraße, am anderen Ende der Nabelschnur.
Der Astronom schloss seine Vorbereitungen ab und rief die Hauptleitzentrale. »Wir sind so weit«, sagte er nur und unterbrach die Verbindung wieder.
Er wusste, dass in diesem Augenblick die Ergebnisse des SPARTAC überall auf den Schirmen des Tenders zu sehen waren. Das bedeutete, dass sämtliche Besatzungsmitglieder die Suche nach der Milchstraße mitverfolgen konnten.
Jasser Kanscho wurde sich dessen bewusst, dass er die Möglichkeit besaß, ebenfalls einige Worte an alle zu richten. Damit hätte er den Worten des Kommandanten einige stichhaltige Gegenargumente hinterherschicken können. Aber er verzichtete darauf, diese Chance zu nutzen. Er wusste, dass alle zwanzigtausend Menschen auf die Schirme blickten und hofften. Lange, allzu lange lebten sie nun schon in Ungewissheit. Sie wollten endlich wissen, ob es noch eine Spur von Hoffnung gab, die Milchstraße jemals wieder zu finden.
Kanscho konnte nachempfinden, was die Terraner gefühlt hatten, als die Erde aus der heimatlichen Galaxis verschwand. Es musste ein Schock für sie gewesen sein. Sie mussten sich heimatlos gefühlt haben. Für alle Menschen, die jemals die Erde verlassen hatten, war eine tief verwurzelte Sehnsucht nach diesem Planeten geblieben. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass sich viele Planeten-Staaten später von Terra abgewendet oder sogar Krieg gegen die Erde geführt hatten.
Ebenso war es für die Menschen, die die Heimatgalaxis mit der Erde verlassen hatten. Die Milchstraße war für sie die wirkliche Heimat. Dafür gab es keinen Ersatz. Dorthin zog es sie zurück, obwohl es auch hier Sonnen gab, unter denen die Erde leben konnte.
Kanscho selbst erging es ebenso. Auch er konnte sich nicht mit dem Gedanken abfinden, dass die Erde für alle Ewigkeiten im Mahlstrom bleiben sollte. Für ihn war der Auftrag, die Milchstraße zu finden, daher mehr als ein wissenschaftliches Experiment.
Mit leiser, eindringlicher Stimme begann er, die Sternenbilder zu kommentieren, wählte aus und vergrößerte einzelne Sektoren des Alls. Zur gleichen Zeit tastete die Hauptpositronik des Tenders das Spiegelbild ab, das SPARTAC erfasste. Zusammen mit der kleineren, aber stark spezialisierten Positronik des Observatoriums verglich sie die Daten. Auf diese Weise analysierte sie Sektor für Sektor und versuchte, Übereinstimmungen mit den gespeicherten Daten zu finden.
Stunde um Stunde verrann. Allmählich ließ die Spannung nach. Die Menschen an Bord verloren die Hoffnung, dass sich dieses Mal ein Erfolg einstellen könnte. Dann aber schrie Jasser Kanscho plötzlich auf.
»Wir haben etwas gefunden!«, rief er. »Der erste Anhaltspunkt!«
Oberst Danzien Germell meldete sich Sekunden später.
»Reden Sie schon, Jasser! Was ist los?«, fragte er.
»Stören Sie mich gefälligst nicht!«, entgegnete der Astronom unerwartet scharf. Er schaltete ab und widmete sich seiner Arbeit mit glühendem Eifer. Er hatte das Bild einer Galaxis identifizieren können, das annähernd mit den gespeicherten Daten übereinstimmte.
Eine halbe Stunde verstrich, Kanscho und Vasnotsch arbeiteten fieberhaft. Schließlich rief Kanscho die Hauptleitzentrale. »Danzien«, sagte er energisch. »Wir müssen unsere Position verändern.«
»Sagen Sie doch schon, was Sie aufgespürt haben!«, forderte der Kommandant.
»Gedulden Sie sich noch eine halbe Stunde, Danzien.« Er gab den Kurs durch, den der Tender nach seinem Willen einschlagen sollte. Oberst Germell war einverstanden. Dies war ihr Auftrag, und noch wollte er sich daran halten.
Die MEBRECCO nahm Fahrt auf. SPARTAC brauchte nicht abgeschaltet zu werden. Das gigantische Spiegelfeld raste mit durch den Raum, da die Energiefeldprojektoren fest mit dem Raumschiff verbunden waren. Die Astronomen arbeiteten mit höchster Konzentration.
Fast eine Stunde lang flog der Tender mit einer Geschwindigkeit, die nur knapp unter der des Lichts lag, auf dem Kurs, den Kanscho bestimmt hatte. Dann endlich ließ der Chefastronom den Raumflug abstoppen.
»Jasser – was ist los?«,
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