Silberband 081 - Aphilie
gebracht worden war. Sein Name wurde auf der Liste des Suchkommandos gelöscht. Anschließend setzten die Männer ihre Aktion fort.
Kathleen schmorte in ihrer Zelle und versuchte, Sinn in das Geschehen zu bringen. Kervin hatte sie also nicht belogen. Er war tatsächlich von einem Doppelgänger befreit worden, der seine Stelle einnahm. Aber was bedeutete das? Warum begab sich jemand freiwillig für einen anderen ins Stummhaus, solange er die Aufforderung noch nicht erhalten hatte?
Aus welchen Motiven immer das geschehen war, die Komplikationen waren vorprogrammiert, sobald die Gleitermannschaften Kervin wirklich erwischten und im Stummhaus Nr. 23 Kervin Caughens zum zweiten Mal eingeliefert wurde.
Am nächsten Tag ihrer Gefangenschaft in Terence wurde Kathleen dem örtlichen Polizeichef vorgeführt, der Routinefragen stellte und dabei ein Formular ausfüllte. Das ging ziemlich glatt über die Bühne, als würden jeden Tag alte Leute gefangen, die vor der Einlieferung ins Stummhaus geflohen waren.
Wieder verbrachte sie eine Nacht im Gefängnis, und am dritten Tag ihrer Gefangenschaft wurde sie am späten Nachmittag abermals geholt. Der Polizeichef machte einen etwas verwirrten Eindruck. Er deutete auf einen Stuhl. »Setzen Sie sich, Kathleen Toaklander. Es ist etwas geschehen, was ich nicht begreife, und ich glaube, es muss ein Irrtum vorliegen. Sie sollten endlich die Wahrheit sagen, das erleichtert meine Aufgabe und kann das Rätsel vielleicht lösen.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
Der Polizeichef deutete auf seine Akten und zuckte hilflos die Schultern. »Ich weiß bestimmt, dass ich nicht verrückt bin, und ich weiß auch, dass in der Stadt moderne Erfassungsmethoden üblich sind. Aber meine Unterlagen beweisen eindeutig, dass ein gewisser Kervin Caughens in der vergangenen Woche aufgegriffen und nach Melbourne ins Stummhaus transportiert wurde.« Er sah sie an. »Sie können ihm nicht mehr schaden, wenn Sie die Wahrheit sagen, Kathleen Toaklander. Waren Sie mit ihm zusammen, als Sie flohen?«
Sie nickte. »Wir beschlossen, gemeinsam zu fliehen, doch letztlich trennten wir uns. Ich weiß nur, dass er geschnappt und nach Terence gebracht wurde. Ich verstehe nicht, warum Sie so ein Aufheben deswegen machen.«
»Das will ich Ihnen verraten. Kervin Caughens wurde vor einer Stunde bei der verlassenen Siedlung gefangen genommen, in der man auch Sie aufgriff. Haben Sie dafür eine Erklärung?«
Also hatten sie ihn doch erwischt. Er war ihr gefolgt und der Patrouille in die Arme gelaufen. Die phantastische Geschichte, die er ihr erzählt hatte, war wahr. Demnach gab es zwei Caughens – der eine schmachtete seit Tagen im Stummhaus Nr. 23 von Melbourne oder war längst tot, der andere befand sich seit einer Stunde in den Händen der Polizei.
»Nein, ich habe keine Erklärung«, gab Kathleen zu.
»Sie bringen ihn hierher. Ich werde ihn selbst fragen. Sie müssen zurück in Ihre Zelle.«
»Darf ich Kervin später sehen?«
»Ich denke schon.«
Der Suchtrupp hatte nur die einzige Aufgabe, dem Stummhaus entflohene Alte in der Wildnis aufzuspüren und bei der zuständigen Polizeibehörde abzuliefern, die für ihren Rücktransport in den jeweiligen Bezirk sorgte. Mit Bürokratie hatten die Uniformierten nicht viel zu tun, ihnen war es auch egal, ob es zwei oder nur einen Kervin M. Caughens gab.
Sie übergaben ihren Gefangenen und flogen wieder davon. Nun hatte der Polizeichef ein Problem und musste sehen, wie er damit fertig wurde. Er ließ Kervin vorführen. Lange betrachtete er den Mann, dann schüttelte er den Kopf. »Ich habe Sie nach Melbourne transportieren lassen, Caughens. Wie ist es möglich, dass Sie abermals fliehen konnten? Mir liegt keine entsprechende Meldung vor.«
Kervin hatte beschlossen, den Ahnungslosen zu spielen. Seinem unbekannten Retter konnte er nicht mehr helfen, wenn der Schwindel mit dem Tausch herauskam, aber er wollte ihn auch nicht belasten.
»Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Es ist heute das erste Mal, dass ich vor Ihnen stehe. Bis vor zwei Stunden befand ich mich in Freiheit. Ich bin noch nie in diesem Gefängnis gewesen. Vermutlich liegt ein Irrtum vor.«
»Unmöglich! Ich erkenne Sie wieder, Sie wurden aus einem Kaff im Osten gebracht und mit dem Transporter nach Melbourne verfrachtet. Ich habe selbst Ihre Einweisung ins Stummhaus abgefertigt. Und nun stehen Sie wieder vor mir. Das ist unbegreiflich.«
»Mir ist das auch unverständlich«, gab Kervin zu.
Der
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