Silberband 082 - Raumschiff in Fesseln
Untersuchungen, während überall im Schiff die wildesten Theorien wuchsen. Schließlich ließ Rhodan die letzten Startvorbereitungen stoppen und informierte die Besatzung über alle Details. Aber das war nicht viel, nur Spekulationen und Vermutungen.
»Ich bin selbst keinesfalls überzeugt«, schloss er. »Um Gewissheit zu bekommen, werden wir eine Korvette notfalls opfern.«
Längst hatte er alle Variationen, die ihm blieben, genau durchdacht. Mit Beibooten, die mit Erzeugnissen des Planeten noch nicht in Berührung gekommen waren, die Mannschaft zur Zelle Zwei hinaufzubringen? Sinnlos – er opferte den größten Teil des Schiffs.
Oder die Mannschaft von der SZ-2 abholen lassen? Das würde auch diesen Teil der SOL aufs Höchste gefährden.
Alles wieder ausladen? Das blieb als letzte Möglichkeit. Aber viele Stoffe waren schon integriert. Er dachte an den duftenden Braten und das knackige Gemüse …
»ES war schnell«, flüsterte Rhodan zu sich selbst. »Und ebenso schnell scheint sich die Gefahr zu realisieren.« Er erteilte seine Anordnungen. Eine Korvette wurde startfertig gemacht und von der Hauptzentrale in Fernsteuerung genommen.
Kishin Mandruga stand neben Parsena Parman im Konferenzraum der Pionierabteilung. Mit ihnen beobachteten einige Dutzend Frauen und Männer die Holos. Da war die Übertragung aus der Zentrale, daneben die geöffnete Hangarschleuse und – aus der Perspektive mehrerer Robotsonden – die Landschaft aus vielen Kilometern Höhe bis hin zum nahen stationären Orbit und der SOL-Zelle-2. Dort schimpfte inzwischen niemand mehr über die entgangenen Steaks.
Dann löste sich die kleine Korvette aus ihren Verankerungen und glitt in den Nachmittag des Planeten hinaus.
Alle Optiken folgten dem kleinen Kugelraumer. Fünf Kilometer Höhe … Nichts geschah. Das Warten zerrte an den Nerven.
Zehntausend Meter. Langsam stieg die Korvette weiter empor und näherte sich der Grenze der Atmosphäre zum Weltraum.
Nichts!
»SENECA hat sich geirrt.« Parsena krallte ihre Finger in Kishins Oberarm. Atemlos verfolgten beide den Flug.
Weltraumschwärze umfing das Beiboot. Es näherte sich der SZ-2.
In drei Hologrammen loderte plötzlich eine stechende, grelle Glut auf. Die Menschen schrien auf. Zu diesem Zeitpunkt war die Explosion völlig überraschend erfolgt. Niemand hatte noch ernsthaft daran geglaubt.
Die Feuerkugel weitete sich aus, wurde dabei fahler und erlosch nach einer Weile. Nur noch vereinzelte Glutschleier blieben übrig. Aber auch sie verwehten.
Schweigen breitete sich aus. Schon der erste Versuch hatte mit erschreckender Deutlichkeit gezeigt, dass SENECA Recht behielt.
»Stellt euch vor, die SOL wäre gestartet!«, ächzte einer der Pioniere.
»Dann hätten wir alle keine Probleme mehr«, bemerkte ein anderer.
»Du bist verrückt. Keine Sorge, früher oder später finden wir heraus, was wirklich geschehen ist!«
Kishin griff nach Parsenas Hand und zog sie mit sich aus dem Konferenzraum auf den Korridor hinaus. »Wir werden lange Zeit hier bleiben müssen!«, sagte er ruhig.
Er wusste nicht, welche Bedrohung sie ins Schiff geschleppt hatten, aber er konnte sich die Konsequenzen deutlich ausmalen.
»Was willst du damit sagen?«, fragte sie und blickte ihn an.
»Das bedeutet neue Einsätze der Pioniere außerhalb des Schiffs. Vielleicht werden wir zu unserem Felsen und den Büschen voller Zikaden zurückgehen können.«
Parsena zögerte. »Das kann wohl nicht alles sein. Jeder an Bord weiß jetzt, dass wir um ein Haar in eine gewaltige Katastrophe hineingerast wären. Was geschieht weiter?«
Kishin Mandruga hob unschlüssig die Schultern. Er versuchte, die nächsten Schritte Rhodans und der anderen Verantwortlichen vorauszusehen. »Wir werden warten. Weil die Untersuchungen der Rohstoffe sehr lange dauern werden. Niemand weiß, wonach gesucht werden muss. Nicht einmal SENECA – denke ich jedenfalls.«
Die Untersuchungen würden alle personellen und technischen Ressourcen der SOL beanspruchen. Mindestens elf Dutzend verschiedener Materialien waren in das Schiff gebracht worden. Kishin fühlte sich schon jetzt krank und er fragte sich, wie Perry Rhodan diese neue Enttäuschung überwinden würde.
»Wir müssen warten!«, wiederholte er eindringlich.
Das größte Raumschiff, das Menschen je gebaut hatten, war gefangen auf Last Stopp, und die Explosion, von SENECA vorausgesagt, hatte auch die Besatzung zu Gefangenen gemacht.
Fünf Stunden lang wanderte Perry Rhodan
Weitere Kostenlose Bücher