Silberband 082 - Raumschiff in Fesseln
auch nur eine sehr kleine. Aber ich ertrage diese verdammte Gefangenschaft nicht mehr. Wenn Sie alle sagen: Wir machen nicht mit, Major, dann muss ich auch bleiben. Wenn Sie mitmachen, starten wir.«
Der Navigator schüttelte verwundert den Kopf. »Von Loyalität ist nicht mehr die Rede? Derselben Loyalität, die uns dazu brachte, mit Rhodan aus dem Mahlstrom zu fliehen?«
»Nach beinahe vier Jahrzehnten hat sie sich erschöpft. Wenigstens bei mir!«, rief Tontro laut, dämpfte augenblicklich seine Stimme und fuhr leiser fort: »Ich will niemanden zum Verrat überreden. Aber ich bin entschlossen, mit der CINDERELLA zu starten. Weil ich nicht noch ein Jahrzehnt in der SOL bleiben und das Sonnensystem suchen will. Ich bitte euch abzustimmen. Geht ihr mit mir oder nicht?«
»Ich schwanke«, sagte einer der drei Männer. »Ich werde niemanden von uns melden, aber ich bin nur per Mehrheitsbeschluss zu überzeugen. Wir brauchen mindestens vierzig Mann. Und Frauen – vermutlich kommen wir aus dem Kugelsternhaufen nicht heraus und müssen eine eigene Kolonie gründen. Ich stelle das zur Debatte.«
Der Erste sagte hart: »Ich mache mit, Tontro. Wir sind schon zwei.«
»Drei!«, warf der Dritte ein, ein vierschrötiger Mann mit üppigen Muskeln. Auch er wirkte unsicher und verstört. Aber alle im Schiff waren das.
»Gut. Dann fragen wir die Crew. Je eher wir von der SOL weg sind, desto besser für uns. Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier«, sagte Tontro.
Sie sahen sich an und schwiegen. Jeder von ihnen wusste, dass sie aus Daseinsangst handelten und aus Verzweiflung.
Kishin Mandruga begegnete Rhodans Blick mit ruhigen Augen. Eben erst war er geweckt und gebeten worden, in Rhodans Kabine zu kommen.
»Noch verschlafen?«, fragte der Terraner.
Merkwürdig, dachte Kishin, wenn man mit ihm allein ist, wirkt er wie ein normaler Mensch, nicht wie ein uralter und erfahrener Unsterblicher. »Leider«, antwortete er. »Sie haben mich rufen lassen, und ich denke mir, dass es dringend ist. Vermutlich kann ich in den nächsten Jahren noch lange genug schlafen. Was liegt an, Sir?«
»Probleme«, murmelte Rhodan und reichte Mandruga eine Tasse Kaffee. »Wachen Sie erst einmal auf, Kishin.«
»Das geschieht gerade. Probleme?« Der Chef der Pionierabteilung seufzte leise. »Wer hat in diesem Schiff keine?«
»SENECA«, sagte Rhodan zur Verblüffung Mandrugas. »Ich glaube, wir brauchen Sie wieder. Aber diesmal für eine … delikate Mission.«
Kishin Mandruga trank den heißen, pechschwarzen Kaffee und schaute hoch. »Ich bin bereit. Was bezeichnen Sie als delikat?«
»Sie haben die letzte Mitteilung SENECAs gelesen. Ich erwarte Panik auslösende Reaktionen, vereinzelte Aktionen aus Angst und Ausbrüche einiger weniger stabiler Besatzungsmitglieder. Etliche werden versuchen, das Schiff zu verlassen.«
»Und wenn die SOL gesperrt wird? Sämtliche Luken bewacht, die Schleusen und Rampen?«
»Das würde wohl auch die noch Unentschlossenen auf dumme Ideen bringen. Hören Sie, Kishin«, Rhodans Stimme war drängender geworden, er beugte sich vor und sprach leiser, »ich kann nicht nach vier Jahrzehnten Irrfahrt plötzlich sagen, wir warten gemeinsam, niemand verlässt das Schiff, wir starten in wenigen Stunden. Ersteres ist unklug, Letzteres wäre eine beleidigende Lüge. Und bei allen Appellen an die Vernunft – Sie wissen selbst, wie hoch die Erfolgsquote ist.«
Mandruga nickte langsam und überdachte die Argumente. »Ich verstehe genau, was Sie meinen. Was brauchen Sie?«
»Zuverlässige, schnelle und weitestgehend unsichtbare Teams, die sich um die Flüchtenden kümmern. Ich bin sicher, dass wir in absehbarer Zeit starten können. Wann das sein wird, weiß ich aber nicht. Achten Sie darauf, wo die Leute hingehen, dass sie sich nicht zu großen Gefahren aussetzen, und wenn wir unser Problem bereinigt haben, müssen Sie mir helfen, die Leute wieder an Bord zu holen.«
»Geht in Ordnung, Sir. Wie viele Teams zu wie vielen Leuten?«
»Das überlasse ich Ihnen!«
Mandruga goss sich noch eine Tasse voll und trank langsam. Er rechnete. Nach einigen Minuten sagte er leise: »Fünfundzwanzig Teams zu je drei Leuten. Gemischte Teams. Für diese Anzahl Leute kann ich garantieren. Nicht für mehr, denn was Sie für das Schiff ausgeführt haben, gilt ebenso für meine Abteilung. Aber diese Anzahl ist sicher und wird obendrein durch die Arbeit abgelenkt.«
»Einverstanden. Ich wünschte, es gäbe Arbeit, mit der ich einige
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