Silberband 082 - Raumschiff in Fesseln
gesamten Milchstraße war. Doch selbst Leticron hatte bisher davor zurückgeschreckt, sich mit dem Hohen Báalol zu überwerfen, der mit seinen Milliarden parapsychisch begabten Priestern eine respektable Macht darstellte.
Dieser provisorische Báalol-Tempel war mein Ziel. Nicht, weil ich mich zum Pseudoglauben der Antis bekehren lassen wollte, sondern weil es mir gelungen war, zusammen mit ihrem Oberhaupt eine illegale Organisation aufzuziehen, die den marsianischen Schwarzmarkt beherrschte.
In erster Linie tauschten die Báalols bei den Besatzern Rauschmittel gegen hochwertige Lebensmittel aus den Verpflegungsdepots ein, die sie relativ preiswert an die terranische Bevölkerung verkauften. Dadurch wurde die Moral der Besatzer unterhöhlt, und das Los der Unterdrückten konnte in vielen Fällen gemildert werden. Da es Leticron und seinen Vertrauten nicht auf Dauer verborgen bleiben konnte, dass die Báalols ihre Truppen verbotenerweise mit Rauschgift versorgten, würde das Gastspiel der Priester nicht sehr lange dauern.
Mit unwiderlegbaren Beweisen würden die Überschweren endlich eine Handhabe haben, gegen die ›Missionsstationen‹ der Báalol-Priester vorzugehen. Damit erreichte ich im Endeffekt, dass der Einfluss der Báalols auf die Unterdrückten erlosch.
Solche Überlegungen behielt ich natürlich für mich. Der Oberpriester war selber schuld, wenn er nicht weiter dachte.
Als ich den Turmbau erreichte, trat mir ein Mann entgegen, der in einen sandbraunen Kapuzenumhang gekleidet war. Ich erkannte den Unterpriester Gen-Laak.
»Führe mich zu Kun-Sool«, sagte ich.
Wir glitten in einem Antigravlift in die oberste erhaltene Etage, stiegen aus und durchquerten einen Saal, in dem zehn Priester auf dem Boden hockten, in geistige Konzentration versunken. Sie hatten sich zu einem parapsychischen Block zusammengeschlossen. Vielleicht beeinflussten sie mittels Hypnosuggestion gerade eine einflussreiche Persönlichkeit, vielleicht absolvierten sie auch nur eine Übung.
Hinter dem Saal lagen die Arbeitsräume des Hohepriesters. Er begrüßte seinen Untergebenen mit einem Kopfnicken. Mir reichte er die Hand.
»Ich grüße dich, Kalteen«, sagte er. Im Unterschied zu Gen-Laak und anderen Unterpriestern hatte er längst eingesehen, dass ich nicht zu seiner Religion zu bekehren war. Folglich unterließ er alle weiteren Versuche.
»Ich grüße dich, Kun-Sool«, erwiderte ich.
Gen-Laaks Gesicht verfärbte sich einen Stich ins Grünliche, als ich seinen Hohepriester wie einen gewöhnlichen Menschen anredete. Kun-Sool gab seinem Untergebenen ein Zeichen zu gehen, dann wandte er sich wieder an mich und fragte: »Was führt dich heute zu mir, Kalteen?«
Ich sagte es ihm, und er antwortete mir mit einer bejahenden Handbewegung.
In der Abenddämmerung kehrte ich ins Jassich-Viertel zurück. Die Straßen wirkten nicht mehr so verlassen wie am Tag. Zwei bewaffnete Überschwere gingen Patrouille. Sie blieben stehen, als sie mich sahen, denn sie kannten mich sowohl als Sklaven Lagot Vermallons als auch wegen meiner Tätigkeit als Anführer der Sekte des Ewigen Feuers. Seltsamerweise wurden diese Sekten, die die Ankunft des Vhrato verkündeten, von den Überschweren geduldet. Vielleicht hielten sie diese Betätigung für ein Ventil, das dem Abbau von Aggressionen diente.
Einer der beiden Überschweren – er hieß Behan Macrallyn – winkte mich zu sich heran und sagte: »Du scheinst viel freie Zeit zu haben, Kalteen. Warum bist du nicht bei deinem Herrn?«
»Vermallon hat mir Urlaub gewährt«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
»Warum?«, erkundigte sich Macrallyn. »Ist deine alte Mutter krank?« Er grinste dabei.
»Meine Mutter ist lange tot«, sagte ich. »Vermallon hat mich beurlaubt, damit ich mich darauf vorbereiten kann, in der Arena zu kämpfen. Er will mich bald in die Arena schicken.«
Beide Überschweren schauten mich verdutzt an. »In die Arena?«, fragte Macrallyn. »Warum denn das? Ich dachte, du wärst sein bester Sklave.«
»Das dachte ich bisher auch«, antwortete ich. »Aber ich habe ihm einen Tipp gegeben, der sich als falsch erwies. Zur Strafe soll ich mein Leben in der Arena lassen.«
Macrallyn lachte dröhnend, dann meinte er: »Das wird bestimmt ein toller Spaß, Kalteen. Kennst du deinen Gegner schon?«
»Nein«, sagte ich. »Aber er kennt mich ebenfalls nicht – noch nicht.«
Beide Männer lachten. »Du gibst ganz schön an, Sklave«, stellte Macrallyn fest, nachdem er und sein
Weitere Kostenlose Bücher