Silberband 083 - Kampf um die SOL
anderen stimmten zu.
Die Space-Jet durchstieß die Wolkenschicht und flog jetzt über dem freien Meer. Kein Schiff war zu sehen. Nicht einmal mehr hundert Meter hoch raste der Diskus nach Südosten auf die lang gestreckte Insel zu. Die Analyse ergab nur geringe Energieausstrahlung und so gut wie keinen Funkverkehr.
»Falls das nicht der geeignete Platz ist, fliegen wir weiter«, sagte die Pilotin und fügte hinzu: »Kennt jemand den Namen des Eilands?«
»Death Pirates Bay«, behauptete Terfy. »Jedenfalls vor vierzig Jahren. Aber noch früher soll sie ganz anders geheißen haben.«
Der Unterschallknall dröhnte über die See, dann huschte der Diskus über die Küste hinweg. Es gab eine Reihe von Ferienhäusern, einen halb leeren Hafen, Motorboote auf dem Sandstrand und sehr viel Wald sowie Tausende von Wasservögeln.
Die Jet sackte durch, wurde stark abgebremst und schwebte geräuschlos auf eine Felsenbucht zu. An drei Seiten umgaben Felsen, bis zum Abbruch mit Bäumen und Gestrüpp bewachsen, eine Bucht. Sie war hochwassergeschützt und bestand aus einem breiten Sandstreifen, der in eine leicht schräge Geröllhalde überging. Ein Teil der Felsen hing weit über, sodass die Jet aus der Höhe kaum zu sehen sein würde.
Knirschend bohrten sich die Landeteller zwischen die weiß gewaschenen Kiesel. Es war später Nachmittag Ortszeit, zwischen den Klippen herrschte Schatten. Nano Balwore hatte die Jet dicht bei den Felsen gelandet, mit einem Zwischenraum von nicht einmal zwei Metern.
»Was jetzt?«, fragte Nayn.
»Wir müssen uns schnell zurechtfinden!«
Terry blickte hinaus aufs Meer und raunte: »Bislang hatten wir unglaubliches Glück. Hoffentlich bleibt es uns noch ein paar Tage treu.« Sie lachte verlegen und half den anderen, das wenige Gepäck, ihre Waffen und einige unverzichtbare Geräte ins Freie zu tragen. Nano aktivierte die Fernsteuerung der Space-Jet, die eine Art Lebensversicherung sein sollte. Anschließend gingen sie über den Sandstreifen in Richtung der verwitterten Treppen und der Uferstraße, die sie im Anflug gesehen hatten.
Sie waren nervös und unruhig, erwarteten einen Zugriff von Sicherheitspersonal oder Robotern. Die Leichtigkeit, mit der sie vom Landeplatz bis zur Straße gelangt waren, täuschte. Sie war eine Folge des Unterschieds zwischen Ovarons Planet und Terra; um rund ein Sechstel fielen hier alle Bewegungen leichter.
Zum ersten Mal sahen sie die Erde in der Realität und bewusst.
»Ein schöner Planet. Aber mich stört dieses Licht«, erklärte Marhola und suchte mit ihren Blicken den Himmel ab.
»Mich stört die Ungewissheit viel mehr«, sagte Terfy. »Weiter! Keine Müdigkeit vorschützen!«
Ihre Mehrzweckarmbänder würden rechtzeitig vor Strahlensperren warnen, lange bevor sie derart überwachte Orte erreichten.
Unter ihnen breitete sich das Meer aus. Nur eine schwache Brandung leckte an der Küste. Momentan gab es nichts, was auf Verkehr zwischen den Inseln schließen ließ. Der Hang, auf dem sie standen, war mit dürrem Gestrüpp bewachsen. Einige Büsche schmiegten sich an hervorstehende Felsen; ein steter Wind hatte sie verkrüppelt. Ebenso trostlos wirkte die vom Strand heraufführende Treppe aus schweren Bohlen, die seit Jahrzehnten verrottete. Schwärzliches Moos wucherte auf den Hölzern.
Die Funkmodule ihrer Armbänder waren auf die gebräuchlichsten Frequenzen justiert. Unvermittelt sagte Marhola: »Die Aphiliker suchen immer noch nach Roi Danton und Reginald Bull.«
»Das ist bemerkenswert, aber für uns vorerst nicht von Belang.«
Hildenbrandts Informationen galten also noch; wenngleich sich die Situation zugespitzt zu haben schien. Es wäre früher undenkbar gewesen, dass Bull und Danton verfolgt wurden. Offenbar hatte es schwere Kämpfe zwischen Aphilikern und Normalen gegeben. Und über allem lastete der grüne Schein Medaillons.
Ein warmer Wind wehte von Westen. Die Frauen waren nach der Mode von vor vierzig Jahren gekleidet. Galten diese Regeln noch, oder waren sie so hoffnungslos unmodern, dass jedes Kind sie schon daran identifizieren konnte?
Hinter der verschmutzten Gleiterpiste wuchs ein tropischer, lichter Wald.
»Einen Augenblick!« Nano Balwore legte die Hand auf den schweren Schocker, den sie im Gürtel trug. »Ich sehe mich nur ein bisschen um. Wartet hier!«
Sie lief los. Mit weit ausgreifenden Sätzen überquerte sie die Piste, sprang über einen Graben hinweg und verschwand zwischen den ersten Bäumen.
Nayn Taibary beobachtete
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