Silberband 083 - Kampf um die SOL
hochgezüchteten technischen Anlagen konfrontiert werden. Sie lernen, vielleicht unbewusst, sehr viel dabei, und in ihren kindlichen Gehirnen könnte der Plan entstanden sein, das Gelernte zu benutzen, um trotz aller Wachen ins Freie zu gelangen.«
Kosum wollte erneut widersprechen. Doch er erinnerte sich an seine eigene Kindheit und seine vielfältigen Bestrebungen, jeder Disziplin und der Bevormundung durch die Erwachsenen zu entkommen. Das war ihm öfter gelungen, als die Erwachsenen nach den Regeln der Logik erwarten beziehungsweise befürchten konnten. Warum sollten die Kinder der SOL weniger erfinderisch sein als er in seiner Jugend?
Er räusperte sich. »Ich werde mehrere Suchmannschaften auf den Weg schicken. Wenn Sie wollen, begleiten Sie die Leute. Ich nehme an, dass Sie als Strahlungsspezialisten aktuell sowieso unterbeschäftigt sind.«
»Wir haben keine akuten Probleme zu bewältigen, Sir«, erwiderte Ytria Emraddin. »Was wir machen, sind Berechnungen und Analysen von Ergebnissen früherer Forschungsexpeditionen. Doch das kann ebenso warten. Ich danke Ihnen, Sir.«
»Nichts zu danken«, erwiderte Mentro Kosum. Er lächelte amüsiert und fügte hinzu: »Wenn die Bengel draußen gefunden werden, heil und gesund, wie ich hoffe, möchte ich sie sehen. Wer es fertig gebracht hat, unsere Schleusenwachen zu überlisten, der verdient wirklich Beachtung. Bitte vergessen Sie das nicht.« Seltsamerweise war Kemal Emraddin verlegen, als er antwortete:
»Wir werden daran denken, Sir. Ich danke Ihnen ebenfalls.«
Als das Paar die Hauptzentrale der SZ-1 verlassen hatte, lächelte der Emotionaut immer noch. Er dachte an einen Streich zurück, den er im Alter von fünf Jahren verübt hatte. Damals war er mit seiner Vorschulgruppe in einem Raumschiff durch das Solsystem geflogen. Begleitet worden waren sie von vier Erzieherinnen unter Leitung einer älteren Dame, die sich durch extrem konservatives Denken ausgezeichnet hatte und oft eine Plage gewesen war.
Nach drei Wochen Flug mit Stationen auf etlichen Planeten und Monden sowie eigenmächtigen Exkursionen durch die Sektionen des Raumschiffs hatten Mentro Kosum und ein anderes Vorschulkind aus Ersatzteilen sowie Teilen aus Elektronik-Baukästen einen Manipulator improvisiert. Als sie das Gerät eines Schiffsabends eingeschaltet hatten, hatten die Offiziere auf der Panoramagalerie statt der vertrauten Sterne die ältliche Dame bewundern können, die sich in ihrer Kabine gerade auf die Nachtruhe vorbereitet hatte und, da sie nichts von der Bild-Ton-Übertragung ahnte, bei ihren diversen Verrichtungen keinerlei Scheu walten ließ.
Obwohl der Kommandant die illegale Übertragung nach rund zehn Minuten durch Zwischenschaltung eines Zusatzreglers gestoppt und seinen Leuten strengstes Stillschweigen über den Vorfall auferlegt hatte, war doch einiges durchgesickert. So hatten nicht nur Kosum und sein Mitverschwörer erfahren, dass ihr Plan aufgegangen war. Auch die Erzieherin hatte gehört, in welchen Posen sie sich der Zentralebesatzung dargeboten und welchen Lacherfolg sie damit erzielt hatte. Nach Rückkehr auf die Erde hatte sie eine Klage gegen den Kommandanten angestrengt, der jedoch beweisen konnte, dass er an dem Vorfall keine Schuld trug. Sie aber war durch den Schock so verändert worden, dass die ihr anvertrauten Kinder und Erzieherinnen künftig von moralistischen Eskapaden verschont geblieben waren.
Mentro Kosum reagierte auf seine Erinnerungen so erheitert, dass er laut lachte. Erst ein dezentes Räuspern riss ihn in die Wirklichkeit des Jahres 3578 zurück. Er blickte auf und erkannte vor sich Dr. Jurinam Melussem, einen der Kybernetiker, die sich auf Weisung Rhodans in letzter Zeit sehr intensiv mit SENECA beschäftigten.
Melussem blickte den Emotionauten leicht indigniert an, sagte aber nichts.
»Was soll der vorwurfsvolle Blick, schau doch selbst einmal zurück«, deklamierte Kosum einen improvisierten Knüttelvers. Bevor der Kybernetiker darauf reagieren konnte, erklärte er: »Sie müssen schon entschuldigen, aber ich erinnerte mich an ein Kindheitserlebnis. Lachen Sie nie, wenn Sie an Ihre Kindheit denken?«
Melussems Gesicht erhellte sich. Aber gleich darauf wurde er wieder ernst. »Doch, Sir. Nur beschäftigt mich im Augenblick die Frage, mit wem SENECA trotz seines Versprechens, den Kontakt mit keloskischen Instrumenten zu meiden, Hyperkomverbindung hat.«
Kosum versteifte sich für einen Moment. Seit er – vor unendlich langer Zeit, wie
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