Silberband 084 - Eine Galaxis stirbt
zu Judith zurückzukehren.
Ob die Hypnoblöcke lange genug stabil würden, war eine Frage, die niemand eindeutig beantworten konnte. André Noir musste von Erfahrungswerten ausgehen, die nicht mit Marschiere-Viels gesammelt worden waren, denn für vorausgehende Experimente war keine Zeit.
Stunden später gesellten sich zu den drei Tieren, die von Anfang an Judiths Begleiter gewesen waren, zwei Marschiere-Viels hinzu. Danach schlossen weitere dieser Giganten auf. Ihre Abstände zueinander betrugen zwischen zwei und fünf Kilometern, so dass die Herde, die schließlich durch die glutheiße Landschaft stampfte, eine enorme Ausdehnung besaß.
Zweihundert Kilometer von den Ausläufern des Stützpunkts entfernt, stiegen Atlan und Vren Hortox zum letzen Mal mit ihren Fluganzügen auf. In geringer Höhe, um nicht in den Bereich der gegnerischen Ortungen zu geraten, kreisten sie über der Herde.
»Alle marschieren nach Plan«, stellte Atlan zufrieden fest.
»Es ist faszinierend, wie diese Riesentiere Noirs parapsychischer Programmierung folgen«, erwiderte der Oxtorner. »Mich wundert, dass noch niemand darauf gekommen ist, sie zu exportieren und bei planetengebundenen Kriegen als lebende Kampfpanzer einzusetzen.«
»Hoffentlich geschieht das niemals«, sagte der Arkonide. »Diese Tiere haben ein Recht auf ein normales Leben wie alle anderen Lebewesen auch. Es gefällt mir schon nicht, dass wir sie für unsere Zwecke missbrauchen müssen.«
»Wir verhelfen ihnen lediglich zu einer reichhaltigen energetischen Mahlzeit.« Hortox lachte. »Ob unser Roboter so viel Energie absorbieren kann wie die echten Marschiere-Viels, ist eine andere Frage.«
»Wir werden sehen.« Atlan war sich des Risikos bewusst, das er mit dem Angriff auf den larischen Stützpunkt einging. Doch es gab keine andere Möglichkeit, die Konstruktionsunterlagen der ganjasischen Dakkarkome zu erbeuten.
Als Hortox und er sich davon überzeugt hatten, dass keines der Marschiere-Viels ausscherte, kehrten sie zu Judith zurück. Die Herde würde den südlichen Rand des Stützpunkts in neuneinhalb Stunden erreichen und genau zur gleichen Zeit von der hereinbrechenden Nacht eingeholt werden.
Atlan schickte seine Leute zur Ruhe. Es reichte aus, wenn er allein Wache hielt. Sein Zellaktivator sorgte dafür, dass er nicht so schnell ermüdete.
Judith marschierte unermüdlich weiter – und mit ihr die Herde der Marschiere-Viels …
Captain Francesco Mozart hätte die Frage nach seiner eventuellen Verwandtschaft mit dem terranischen Komponisten einer präkosmischen Epoche nicht beantworten können. Er wusste nicht einmal, dass vor rund 1.800 Jahren ein Wolfgang Amadeus Mozart gelebt hatte. Doch für diese Bildungslücke durfte ihn niemand verantwortlich machen. Er war auf einem Planeten der Ross-Koalition aufgewachsen, der ebenso vom Konzil der Sieben Galaxien beherrscht wurde wie alle anderen zivilisierten Welten der Milchstraße. Im Alter von zehn Standardjahren hatten ihn die Laren, wie Millionen andere Terranerabkömmlinge auch, in eine Kadettenschule gesteckt und im Sinn des Konzils erzogen.
Er hatte seitdem kein schlechtes Leben geführt. Die Laren legten Wert darauf, dass die Männer, die eines Tags für sie die Kastanien aus dem Feuer holen sollten, keinen Grund zur Auflehnung bekamen. Deshalb begriff er nicht, weshalb manche Zivilisten ihn und seine Kameraden als Sklaven bezeichneten.
Seit seiner Stationierung auf Last Hope war das jedoch nicht mehr geschehen. Hier gab es keine Zivilbevölkerung. In dem riesigen Zentrum lebten außer larischen Wissenschaftlern nur larische Raumsoldaten und die ihnen unterstellten militärischen Hilfskräfte.
Captain Mozart gehörte zum Wachregiment 505, in dem ausschließlich Menschen dienten. Da die Kompetenzbereiche zu den Laren scharf abgegrenzt waren, gab es nie Schwierigkeiten. Nur selten ließen untergeordnete larische Dienstgrade ihre Vorschriften außer Acht und behandelten die Menschen von oben herab. Höheren Offizieren unterliefen solche Fehler nie.
Deshalb war Francesco Mozart mit seinem Leben ganz zufrieden. Es gab in dem gewaltigen Areal, das vereinfachend nur ›der Stützpunkt‹ genannt wurde, ausreichend Möglichkeiten, die Freizeit unterhaltsam zu gestalten. Was den Captain störte, war allein die Tatsache der Isolation von der Außenwelt. In gewissem Sinn war das unumgänglich, denn Last Hope war eine Höllenwelt, auf der es kaum Orte gab, an denen sich ein Mensch ohne Schutzanzug länger als
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