Silberband 086 - Inferno der Dimensionen
überzeugen ihn.«
»Wenn ich mich also heute geweigert hätte, auf Sie zu hören, würde mir morgen früh Casalle gleich Feuer unters Gesäß machen, wie?«, fragte Reginald Bull spöttisch.
»Ich gestehe, dass diese Überlegung eine Rolle spielte«, erklärte Raphael.
Alles ging mehr oder weniger automatisch. Die Anfrage in Terrania City förderte zutage, dass Trevor Casalle schon entschieden hatte, die Evakuierungsflotte solle nicht nach dem ursprünglichen Entwurf, sondern in Form von Röhrenschiffen nach dem raphaelschen Design gebaut werden. Die Fachleute in der Hauptstadt hatten diesmal erstaunlich rasch gearbeitet. Casalle wünschte, dass Raphaels Design erweitert würde. Die Berechnungen hatten ergeben, dass es ebenso leicht sein würde, zwanzig Kilometer lange Raumschiffe mit fünf Kilometern Durchmesser zu bauen wie Fahrzeuge von drei Kilometern Länge mit einem Durchmesser von achthundert Metern. Außerdem waren die Decksabstände auf acht Meter zu reduzieren.
Daraus ergab sich folgende Rechnung: Die Fläche des innersten Decks, der Wandung einer Röhre von einhundert Metern Durchmesser und zwanzig Kilometern Länge entsprechend, betrug über sechs Quadratkilometer. Die Fläche des äußersten Decks, ebenso lang, aber mit einem Durchmesser von fünf Kilometern, belief sich auf 314 Quadratkilometer. Zwischen diesen beiden Extremen lagen insgesamt 305 weitere Decks, von denen jeweils das höher gelegene rund einen Quadratkilometer mehr Fläche hatte als das tiefer liegende. Es gab also insgesamt rund 307 Decks mit einem mittleren Flächenmaß von 160 Quadratkilometern. Mithin wies das Fahrzeug eine Gesamtnutzfläche von über 49.000 Quadratkilometern auf. Pro Passagier eine Nutzfläche von dreiundzwanzig Quadratmetern gerechnet, ergab sich, dass eines dieser Raumschiffe die ungeheure Zahl von über zwei Milliarden Menschen befördern konnte. Für die gesamte Evakuierung genügten also zehn Raumschiffe dieses Typs.
Dagegen gab es kaum überzeugende Argumente. Auch Reginald Bulls Einwand, dass im Falle eines Rückschlags wie in Tafeng und Atacama zwei Milliarden anstatt nur zwei Millionen Menschen weniger von der Erde evakuiert würden, verfing nicht.
Bull und sein Stab, begleitet von Vater Ironside und einigen engen Mitarbeitern sowie Raphael, flogen zur Northern Tiger Lilly, einer Werft im Bergland Nordmexikos, wenige Kilometer südlich der nicht mehr bewohnten Stadt Las Morenas im Bezirk Coahuila. Schon die erste Inspektion des Werftgeländes brachte Reginald Bull nahezu aus dem Gleichgewicht. Die Northern Tiger Lilly machte den Eindruck, als sei hier gestern noch gearbeitet worden. Die Maschinentürme der riesigen Formfeldgeneratoren, altertümliche Gebilde aus der ersten Hälfte des dritten Jahrtausends, glänzten im Schein der Sonne. Der aus wärmereflektierendem Gussbeton bestehende Boden sah aus, als hätten die Reinigungsroboter erst ihre Arbeit beendet. Die Mannschaftsquartiere am Rand des Geländes befanden sich in blitzsauberem Zustand. Bull erinnerte sich, dass die Northern Tiger Lilly kurz nach ihrer Stilllegung präpariert worden war – als Monument früher terranischer Raumfahrttechnologie –, aber einen derart makellosen Zustand hätte er dennoch nicht erwartet.
Sie bezogen Quartier. Reginald Bull achtete darauf, dass seine Mitarbeiter in seiner unmittelbaren Nähe unterkamen. Raphael suchte sich abseits eine Bleibe. Er hatte während des Fluges von Shanghai schon deutlich gemacht, dass er auf allzu engen Kontakt keinen Wert legte.
Während des Tags trafen mit Lastengleitern und anderen Fahrzeugen insgesamt achthundert Mitglieder der LdG -Kolonie Monterrey ein. Auch sie fanden Unterkunft. Das Verpflegungssystem der Werft, aus der 150 Kilometer entfernt gelegenen Stadt Matamoros mit Grundstoffen versorgt, bestand seine erste Probe mit Bravour, als es nahezu tausend Menschen mit einem reichhaltigen Abendessen versorgte.
Für den nächsten Tag stand die Überprüfung der Prozesssteuerungen auf dem Plan. Vom Ausgang dieser Prüfung würde abhängen, ob die Northern Tiger Lilly wieder in Betrieb genommen werden konnte.
Die Prüfung nahm rund zehn Stunden in Anspruch. Trevor Casalle hielt es zudem erstmals für angebracht, Ironside und Bull über Funk zu kontaktieren. Er forderte von beiden, dass sie alle Kräfte einsetzten, um dem Evakuierungsprojekt zum Erfolg zu verhelfen.
»Ich vermute, dass Raphaels Design die entscheidende Wende darstellt«, beendete er seine Forderung. »Die
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