Silberband 088 - Der Zeitlose
wäre ein großer Fehler gewesen.
Die Terraner konnten sich nur durch einen der achtzehn Kanäle zurückgezogen haben, bevor es zur Katastrophe gekommen war. Eine andere Erklärung gab es nicht, solange er nicht bereit war, die Vernichtung der Fremden im Verlauf der Katastrophe zu akzeptieren. Aber daran wollte Callibso nicht glauben, denn dann hätte er annehmen müssen, dass der Anzug der Vernichtung nicht mehr existierte.
Callibso betrat seine Hütte. Er öffnete das Versteck seiner Lieblingspuppe und nahm sie heraus. Sie war ein genaues Ebenbild seiner selbst.
»Es gibt keine guten Nachrichten«, sagte er zu ihr. »Ich befürchte, dass ich die Spur wieder verloren habe.«
Die Puppe rührte sich nicht.
»Wenn ich den Anzug der Vernichtung gefunden habe, wirst du meine Rolle übernehmen«, fuhr Callibso fort. »Ich werde dann meine richtige Gestalt annehmen und Derogwanien verlassen.«
Er verriet nicht, dass er für diesen Fall die Vernichtung des Zeitbrunnens auf Derogwanien geplant hatte. Manchmal hatte er ein schlechtes Gewissen, wenn er die vielen von ihm geschaffenen Puppen sah.
Es war besser, wenn sie keine Gelegenheit bekamen, Derogwanien zu verlassen.
Callibso warf sich auf sein Lager. Er musste sich möglichst schnell erholen, denn je eher er den nächsten bewussten Traum einleiten konnte, desto größer war seine Chance, die verlorene Spur wiederzufinden.
Bevor er seinen nächsten bewussten Traum begann, bereitete Callibso sein Über-Ich auf die chaotischen Verhältnisse im Raum zwischen den Räumen vor. Er wusste aus Erfahrung, dass das Über-Ich sich daran erinnern würde. Auf diese Weise konnte er eine erneute spontane Flucht ausschließen. Wenn er überhaupt noch Hinweise finden wollte, musste er sich beeilen. Deshalb wartete er nicht bis zur völligen Wiederherstellung seiner psychischen Kräfte, sondern entschloss sich, ein gewisses Risiko einzugehen. Er konnte sich zwar keine Situation vorstellen, in der das Über-Ich nicht in den physischen Körper zurückkehrte, aber völlig auszuschließen war diese Möglichkeit nicht.
Als er seinen Platz neben dem Zeitbrunnen wieder einnahm, war auf dieser Seite von Derogwanien Tag. Im Licht der noch tief stehenden Sonne warfen die fremdartigen Statuen lange Schatten über den Zeitbrunnen. Callibso ließ sich am Boden nieder. Diesmal brauchte er etwas länger, um einzuschlafen.
Wie gewohnt löste sich sein Über-Ich vom Körper und trat die vorprogrammierte Reise an. Am Ziel hatte sich die Lage etwas stabilisiert, aber es war eine weitere einschneidende Veränderung vorgegangen.
Callibsos Über-Ich zog sich diesmal nicht zurück, sondern fand sich mit den Gegebenheiten ab. Die Suche nach den Spuren begann.
Callibsos Über-Ich wanderte gemächlich durch den Raum zwischen den Räumen.
Die Lage stabilisierte sich etwas, vor allem, was die Konstellation der Sonnen und Planeten anging. Dagegen befanden sich die Bewohner des Zwischenraums nach wie vor in Panik. Callibso kam dieser Umstand nicht ungelegen, denn er erleichterte seine Nachforschungen.
Wo immer er die Fremden beobachtete und belauschte, stieß er auf Hinweise, die einen Zusammenhang mit der Katastrophe und der Anwesenheit der Terraner erkennen ließen. Callibso sah seine Vermutungen bestätigt. Seit Beginn der Katastrophe waren die Terraner verschwunden. Niemand wusste etwas über ihren Verbleib, aber niemand schien zu glauben, dass sie vernichtet worden waren. Callibso schloss daraus, dass ihnen die Flucht gelungen war. Er nahm an, dass sie durch einen der achtzehn Energiekanäle geflohen waren.
Solange Callibso nicht wusste, welchen Kanal die Gesuchten als Fluchtweg benutzt hatten, war jede weitere Suche sinnlos. Achtzehn Galaxien boten sich als Suchgebiet an – ebenso gut hätten die Terraner in der Unendlichkeit verschwinden können.
Callibso wusste aus Erfahrung, dass Beharrlichkeit oft ans Ziel führte. Er besuchte Planet nach Planet und belauschte die Bewohner. Obwohl sich die Zivilisation innerhalb des Zwischenraums in desolatem Zustand befand, würde sie nicht untergehen. Jedenfalls vorläufig nicht.
Eine andere Frage war, wie sie sich in den nächsten Jahrtausenden entwickeln würde. Abgekapselte Kulturen waren immer zum Untergang verurteilt. Zivilisationen, denen der Sprung in den Kosmos nicht gelang und die keinen Kontakt mit anderen Intelligenzen aufnehmen konnten, verloren irgendwann jede Initiative und degenerierten.
Innerhalb des Zwischenraums lebte niemand, der über
Weitere Kostenlose Bücher