Silberband 088 - Der Zeitlose
weder hören, denn du befindest dich in der Röhre, noch könntest du den Sinn meiner Worte begreifen, denn wir sind zwei völlig unterschiedliche Wesen, die nie eine gemeinsame Sprache sprechen werden. Im Grunde genommen rede ich auch nicht mit dir, sondern mit Douc Langur, einem Forscher der Kaiserin von Therm. Ich kann nicht verlangen, dass du mich verstehst, Fremder, denn eigentlich verstehe ich mich selbst nicht. Ich weiß nicht, wer ich bin, woher ich komme und was noch alles geschehen wird. Über mich weiß ich so viel wie über irgendeinen Stein, den ich aufhebe und wieder fallen lasse.
Glaubst du, dass es angenehm ist, mit einem solchen Selbstverständnis zu leben?
Du bist verletzt und wirst vielleicht durch mein Verschulden sterben – dennoch bist du mir in einer Beziehung voraus: Du weißt genau, wer du bist, woher du kommst und was du in deinem Leben getan hast.
Ist das nicht eigenartig?
Ich möchte wissen, was du von mir hältst – sofern du mich überhaupt noch wahrnehmen kannst. Du hattest Angst vor mir, nur deshalb konnte es zu dieser Entwicklung kommen. Was hat die Angst in dir ausgelöst? Etwa mein Aussehen? Mein plötzliches Auftauchen?
Ich werde dir wahrscheinlich niemals sagen können, dass ich diese schreckliche Entwicklung nicht gewollt habe. Mein Eigensinn hat dazu geführt, mein krankhaftes Verlangen, durch dich etwas über mich zu erfahren. Dabei kann die Antwort nur in mir selbst liegen. Ich glaube, dass ich ein sehr unbescheidener Forscher bin. Du hast mich darauf gebracht. Forschung darf nicht aus Selbstzweck betrieben werden.
Die Kaiserin von Therm, sofern es sie wirklich gibt, muss ähnlich falsch motiviert sein wie ich. Wie könnte sie sonst einen technischen Koloss wie das MODUL mit unzähligen Forschern an Bord losschicken und erwarten, dass man ihr die Lösung für das Rätsel allen Seins präsentiert?«
Langur holte tief Atem.
»Aber das ist nicht das, was ich dir sagen wollte«, fuhr er nach einer Weile fort. »Es gibt etwas, das mir wesentlich wichtiger erscheint.« Er richtete sich auf, trat dicht an den Behälter heran und sagte leise: »Ich wünsche, du könntest mir klar machen, dass du mir verzeihst, Fremder.«
»Er versteht dich nicht!«, meldete sich LOGIKOR.
»Ich weiß, dass er mich nicht versteht«, sagte Langur abweisend. »Aber das ist eine emotionelle Angelegenheit.«
»Was werden wir tun?«, fragte LOGIKOR.
»Sobald dieses Problem hier gelöst ist, starten wir.«
»Wir verlassen diese Welt?«
»Keineswegs«, widersprach der Forscher. »Diesmal werden wir einen der großen zentralen Raumhäfen anfliegen.«
Langur war über sich selbst überrascht. Nach allem, was sich ereignet hatte, kam ihm seine eigene Haltung nicht im Geringsten wankelmütig vor. Vielleicht suchte er unterschwellig nach einer Gelegenheit, den begangenen Fehler in irgendeiner Form wieder gutzumachen. Natürlich musste er aus diesem Fehler lernen. Falls er wirklich noch einmal mit einem oder mehreren Eingeborenen zusammentraf, würde er sich völlig anders verhalten, sich vorsichtiger annähern. Die Zeit der spontanen Entschlüsse war vorbei.
»Hör zu!«, befahl er LOGIKOR. »Ich will, dass du aus allen vorliegenden Informationen einen Plan ausarbeitest, wie wir uns anderen Wesen dieser Art nähern, ohne dass dabei wieder eine Katastrophe geschieht.«
»Soll ich das Verhaltensmuster des Fremden zugrunde legen – soweit es uns bekannt ist?«
»Was denn sonst?«, herrschte Langur den Rechner an.
»Es könnte die Möglichkeit bestehen, dass andere Eingeborene sich völlig anders verhalten«, wandte LOGIKOR ein.
»Unsinn!«, wies ihn der Forscher zurecht. »Das würde nur zutreffen, wenn sie einem anderen Volk angehörten. Dann müssten wir zwangsläufig eine völlig neue Methode ausarbeiten.«
»Ich werde von dem ausgehen, was ich weiß«, versicherte LOGIKOR eifrig.
»Gut.« Langur wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Antigravwabenröhre zu. »Ich denke, wir sollten ihn allmählich da herausholen. Sein Zustand müsste sich inzwischen geändert haben – in dieser oder jener Form.«
LOGIKOR schwieg. Er war nicht dafür geschaffen, Hypothesen aufzustellen oder sich gar in Spekulationen zu verlieren.
»Warten wir noch«, sagte Langur zu sich selbst. »Warten wir noch ein bisschen – vielleicht hilft es ihm.«
Nur ein Verrückter konnte auf den Gedanken kommen, dass das Wesen aus dem Weltraum ein Dämon war – und zweifellos war ich viele Jahre meines Lebens
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