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Silberband 088 - Der Zeitlose

Silberband 088 - Der Zeitlose

Titel: Silberband 088 - Der Zeitlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
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verrückt.
    Jetzt, im schwerelosen Zustand in diesem seltsamen Behälter an Bord eines Raumschiffs, da ich frei von Schmerzen und verhältnismäßig glücklich bin, wird mir klar, dass ich den größten Teil meines Lebens nicht gelebt, sondern dahinvegetiert habe.
    Zweifellos verdanke ich diesen tragischen Umstand einer aphilischen Menschheit, die sich nicht für psychisch Kranke verantwortlich fühlte. Ich bin auch nicht der Kleine Arlo, wie ich mich in meiner Einfalt immer selbst zu nennen pflegte, sondern mein Name ist, soweit ich mich noch entsinne, Arlo Corbucetti.
    Ich glaube, dass ich sechsundfünfzig Jahre alt bin.
    Meine Krankheit hat mich zwar vor dem Zustand der Aphilie bewahrt, aber sie hat mich dafür in anderer Hinsicht umso härter getroffen. Ohne die Hilfe von Kardinal Fosconti wäre ich umgekommen. Natürlich ist Fosconti kein richtiger Kardinal, sondern nur der Verwalter einer uralten Bibliothek des ehemaligen Vatikans. Wahrscheinlich hat er sich den Titel in einer Laune selbst verliehen. Trotzdem muss Fosconti eine Respektsperson gewesen sein – auch für die Aphiliker. Fosconti war immun. Und er war mutig. Nur so erklärt sich, dass ich die schlimmsten Jahre der Aphilie überstanden habe.
    Die Erde – und auch das wird mir erst jetzt richtig bewusst, da ich die Informationen, die mir Fosconti gab, endlich verstehe – ist in den Schlund des Mahlstroms gestürzt. Da ich seither keine Menschen mehr gesehen habe, muss ich annehmen, dass die meisten von ihnen umgekommen sind. Das ist zwar schrecklich, aber die aphilische Gesellschaft wäre früher oder später auf diese oder jene Weise ohnehin ausgelöscht worden.
    Fosconti hat einmal gesagt, dass zwei Dinge das Zusammenleben von Menschen erst ermöglichen: Verständnis und Mitgefühl füreinander. Ich bin sicher, dass er Recht hatte. Bei den Aphilikern gab es weder Verständnis noch Mitgefühl.
    In meiner Verrücktheit habe ich viele Ereignisse falsch eingeschätzt und manche Dinge überhaupt nicht begriffen. Deshalb werde ich jetzt an den Folgen meines Sturzes sterben.
    Ich habe einfach nicht verstehen können, dass dieser unbekannte Raumfahrer lediglich Kontakt mit mir aufnehmen wollte.
    Der Fremde hat versucht, mir zu helfen, und mich in diesen Behälter geschoben, in dem die Schwerkraft aufgehoben ist. Auf diese Weise hat er mich von meiner Verrücktheit befreit. Allerdings bezweifle ich, dass er damit auch meine schweren inneren Verletzungen heilen kann.
    Ich spüre, dass es mit mir zu Ende geht, aber das macht mir nichts aus.
    Ich genieße es, die letzte Stunde meines Lebens als vernünftiger und normaler Mensch zu verbringen. Und als fühlender Mensch, denn ich bin bestimmt nicht aphilisch.
    Der Fremde steht auf der anderen Seite des Behälters. Er hat keine Augen oder damit vergleichbare Sinnesorgane, aber ich bin sicher, dass er mich ›sieht‹ – auf seine Weise.
    Ich wünschte, ich könnte mich mit ihm verständigen, ihm sagen, dass ich ihm dankbar bin.
    Aber das ist unmöglich.
    Schade, dass ich in diesem normalen Zustand nicht mehr mit dem Kardinal reden kann. Auch ihm hätte ich gerne erklärt, wie es jetzt um mich steht.
    Ich frage mich, wie der Fremde mich überhaupt gefunden hat.
    War es Zufall?
    Gibt es Zufälle?
    Hört mir zu, Kardinal und Raumfahrer, ich rufe mit allen meinen Sinnen nach euch und hoffe inbrünstig, dass ich euch auf diese oder jene Weise erreichen kann.
    Hört mir zu, Kardinal und Raumfahrer!
    Die Aphilie war der schlimmste Feind, der sich der Menschheit jemals entgegengestellt hat. Sie zerstörte das, was man die Seele des Menschen nennt. Wenn es irgendwo noch Menschen gibt, will ich hoffen, dass sie diese Bezeichnung auch verdienen.
    Fosconti berichtete von einem Medikament, das kurz vor dem Sturz der Erde in den Schlund des Mahlstroms überall auftauchte und die Menschen von der Aphilie befreite. Wenn sie auch als Aphiliker leben mussten, so konnten die meisten Menschen doch vor dem Ende diesen erbärmlichen und unwürdigen Zustand ablegen.
    Woher kam das Medikament? Sicher gab es nicht genügend Immune auf der Erde, dass sie es in diesem Umfang verteilen konnten. Und doch ist es zu einer umfassenden Verteilung gekommen. Das lässt mich hoffen, dass es Kräfte gab und vielleicht auch noch gibt, die stärker sind als die Aphilie.
    Ich merke, dass ich immer schwächer werde.
    Kardinal! Raumfahrer!
    Ich rufe euch.
    Ich, Arlo Corbucetti.
    Zum letzten Mal …
    »Ich werde ihn jetzt herausholen«, kündigte

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