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Silberband 088 - Der Zeitlose

Silberband 088 - Der Zeitlose

Titel: Silberband 088 - Der Zeitlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
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ein Stück davon abgebrochen. So vorsichtig und zärtlich, wie man es der großen, haarigen Schnauze gar nicht zutraute, hatte der Hund ihm das Stück Konzentrat aus der Hand genommen und es verschlungen.
    »Du bist ein gescheiter Hund, Cuddly«, hatte Bluff damals bemerkt.
    Er sah auf. Die Meute hatte den Kreis enger gezogen. Kaum drei Schritte trennten ihn noch von den vordersten Hunden.
    »Cuddly …!«, schrie er in höchster Not.
    Einer der Hunde antwortete mit wütendem Gekläff. Aber aus dem Hintergrund der Meute kam ein tiefer, grollender Ton. Mehrere abgemagerte Hundekörper wurden rücksichtslos beiseite geschleudert, als sich der große Grauschwarze durch die Front seiner Untergebenen drängte. Schnuppernd kam er auf Bluff zu.
    »Cuddly, du kennst mich doch …«, sagte der Junge bittend.
    Der Grauschwarze hockte sich in den Schnee. Bluff entblößte die Hand und streckte sie ihm entgegen. Cuddly beschnupperte sie und fing an, mit dem Schwanz zu wedeln.
    »Cuddly, ihr dürft mir nichts tun!«, sagte Bluff beschwörend. »Ich weiß, ihr habt Hunger. Ich werde euch zu fressen beschaffen.«
    Cuddly stand auf und wandte sich um. Er bellte zweimal kurz und scharf, und das Wunder geschah. Die hechelnde Meute wurde still und friedlich. Schwanzwedelnd legten die Hunde sich in den Schnee und sahen zu ihrem Anführer auf.
    Wenn man fünfzehn Jahre alt ist und obendrein noch sozusagen im Handumdrehen die Wandlung vom Anbeter der reinen Vernunft zum wahren Menschen durchgemacht hat, erscheint einem manches als selbstverständlich oder doch wenigstens plausibel, was anderen wie ein Wunder vorgekommen wäre.
    Bluff Pollard empfand nichts als Erleichterung über das Verhalten der Hunde. Es schien ihm durchaus vernünftig, dass seine Freundschaft mit Cuddly – Freundschaft! Er hatte das Wort schon immer gekannt, aber nicht einmal in Gedanken je verwendet –, dass diese Freundschaft ihn vor weiterem Schaden bewahrte.
    Der Grauschwarze hatte sich wieder umgedreht und musterte ihn mit wachem Blick.
    »Ich muss zuerst ins Heim, Cuddly«, sagte Bluff. »Dort sind Leute. Und dann finden wir für euch genügend zu fressen.«
    Cuddly knurrte leise. Er drehte sich zur Seite und tat so, als wolle er davonlaufen. Bluff verstand ihn sofort. Er kannte diesen Park gut. Trotz der wehenden Schneefahnen fiel es ihm leicht, sich anhand der eisüberzogenen Bäume zu orientieren. In der Richtung, die Cuddly andeutete, lag ein Fischereikombinat, das Plankton und Algen zu Konzentratnahrung verarbeitete. Die versandbereiten Vorräte lagerten in Riesenhallen. Es gab dort Nahrung für wenigstens einhundert solcher Meuten.
    »Ich weiß, was du willst, Cuddly«, sagte Bluff voller Ernst. »Aber du musst noch ein wenig Geduld haben. Zuerst will ich ins Heim!«
    Der Grauschwarze gab seinen Widerstand auf. Als Bluff in Richtung des Heims durch den Schnee stapfte, folgte er ihm, und hinter ihm kam die ganze Meute, friedlich, einer hinter dem andern, in der Spur, die der Junge bahnte.
    Das Heim war in einem großen, schmucklosen Gebäude untergebracht, das – so wollte es das Gerücht – einstmals ein Stummhaus hätte werden sollen. Die Unruhe, mit der die Bevölkerung auf die Einrichtung der Stummhäuser reagierte, hatte die Regierenden jedoch veranlasst, ihre Pläne zu ändern. Aus dem Stummhaus war ein Heim für Aufzöglinge geworden. Im Alter von zehn Jahren war Bluff Pollard aus einem Kinderheim in Vancouver hierher gebracht worden.
    Das Gebäude war rechteckig, von einem großen Hof umgeben, den wiederum eine hohe Mauer umschloss. In der Mauer gab es zwei breite Öffnungen, die durch eine Energiebarriere unpassierbar gemacht werden konnten. Bluff sah, dass die Barrieren nicht mehr existierten. Verwirrt und furchtsam trat er auf die Öffnung zu und wartete darauf, dass er von dem Pförtnerroboter angesprochen wurde. Aber nichts geschah. Bluff brauchte die Tageslosung nicht zu nennen.
    Halb benommen schritt er auf das Gebäude zu. Die Hundemeute folgte ihm. Das Portal, zu dem zwei breite, steinerne Stufen hinaufführten, stand halb offen. Der Sturm hatte eine Menge Schnee nach drinnen geweht. Die Fenster waren finster, im ganzen Haus brannte kein Licht.
    Plötzlich wusste Bluff Pollard, dass etwas Schreckliches geschehen war. Die Dunkelheit des Tunnels und der Baracken, das Stehenbleiben der Uhr, das Versiegen des Verkehrs … das alles waren Anzeichen einer ungeheuren Katastrophe. Noch bevor er das Gebäude betrat, wusste er, dass er

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