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Silberband 088 - Der Zeitlose

Silberband 088 - Der Zeitlose

Titel: Silberband 088 - Der Zeitlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
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drinnen keinen einzigen Menschen finden würde. Sie waren alle fort, verschwunden. Nur er allein war noch übrig … er und Cuddly und die Hunde.
    Tränen traten ihm in die Augen. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er weinte, ohne körperlichen Schmerz zu empfinden. Eine merkwürdige Stimmung hatte von ihm Besitz ergriffen. Fast überkam sie ihn wie eine körperliche Schwäche. Er fing an zu schwitzen, und die Beine wollten ihm nicht mehr gehorchen. Langsam trat er durch die offene Tür, scharrte ziellos mit den Füßen den Schnee beiseite und starrte in den breiten, finsteren Gang, der in die Tiefe des Gebäudes führte.
    »Ratio …!«, sagte er laut. Das war die letzte Losung, an die er sich erinnerte. Vielleicht, so suggerierte ihm ein letzter Funke trügerischer Hoffnung, war doch noch jemand hier. Vielleicht lebte noch einer der Zöglinge oder ein Aufseher in den zahllosen Schlafsälen und Aufenthaltsräumen. Für diesen Fall war es besser, dass er die Losung bekannt gab. Denn ihr Vergessen oder das Betreten des Gebäudes ohne vorheriges Nennen der Losung wurden streng bestraft.
    Aber nur ein Echo kehrte aus dem leeren Gang zu ihm zurück. Undeutlich erkannte er in der Finsternis die Vierecke der Türöffnungen, die in die Räume zu beiden Seiten des Korridors führten. Alle Türen standen offen. Bluff wandte sich seitwärts, trat durch eine der Türen und wiederholte hilflos, mit trockenem Würgen im Hals: »Ratio …!«
    Nur Stille und Finsternis umfingen ihn. Er durchquerte den Raum, stieß gegen Bänke und Tische. Hier hatte er oft mit anderen Zöglingen gesessen. Damals hätte er nie vermutet, dass er sich eines Tages mit Wehmut erinnern würde.
    Jetzt aber war ihm unaussprechlich zumute. Er sank in die Knie, barg das Gesicht in den Händen und weinte …
    Lange Zeit ließ er seinen Tränen freien Lauf. Dann spürte er eine Berührung. Etwas Weiches, Zotteliges drängte sich zwischen Körper und Arm, machte unruhige Bewegungen und stieß ein leises Knurren aus.
    Bluff Pollard sah auf. Neben ihm stand Cuddly, ein sanftes Glühen in den Augen, und schaute ihn auffordernd an.
    Ein Gefühl der Erleichterung kam über den Jungen. Er war nicht wirklich allein, er hatte Cuddly und seine Hundemeute. Sie würden von nun an seine Gefährten sein. Er stand auf und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Cuddly, wir gehen jetzt!«, sagte er entschlossen.
    Der Hund wedelte dazu mit dem Stummelschwanz.

24.
    Als der Sturm sich legte, zog Baldwin Tingmer nach Tin City um. Er richtete sich in Humley's Bar ein, weil es dort beachtliche Vorräte jener Getränke gab, auf die er dieser Tage besonders angewiesen war, um sein seelisches Gleichgewicht zu wahren. So kaltschnäuzig, wie er sich Walik Kauk gegenüber gegeben hatte, war er in Wirklichkeit nicht.
    Auf seinen Schneeschuhen machte er mehr als ein Dutzend Gänge zwischen seiner Hütte und Humley's Bar, um das technische Gerät zu überführen. Als Erstes brachte er, in Einzelteile zerlegt, das Notstromaggregat.
    Als der Sturm abflaute, zogen dichte graue Wolken noch stundenlang übers Land. Die Dunkelheit war jedoch nicht mehr so vollkommen wie zuvor, der südliche Horizont zeigte mitunter einen deutlich erkennbaren Lichtsaum. Es würde nicht mehr lange dauern, und die Sonne erschien wieder am Himmel.
    Schließlich lösten sich auch die Wolken auf, und Baldwin Tingmer blickte in das klare, sternenübersäte Firmament hinauf. Zuerst fiel ihm auf, dass das unheimliche Leuchten und Flackern verschwunden war, das die Erde in den letzten Tagen begleitet hatte. Ruhig und klar hing das Meer der Sterne über Tingmer.
    Schlagartig wurde ihm bewusst, dass er Sterne sah, die keines Menschen Auge je zuvor erblickt hatte. Er suchte nach dem vertrauten Lichtband des Mahlstroms, fand es aber nicht. Er sah zahllose Sterne, grellweiße, weißblaue, gelbliche und auch rötlich gefärbte, aber nirgends fügten sie sich zu einer vertrauten Konstellation zusammen. Im Südwesten stieg eine milchig und diffus leuchtende Wolke über den Horizont, zog sich im Bogen über den Himmel und versank im Nordwesten. Tingmer erinnerte sich an die Überlieferung, die vom Anblick der heimatlichen Milchstraße am Nachthimmel der Erde berichtete. Um etwas Ähnliches, eine Art Milchstraße, handelte es sich auch hier.
    Er ertappte sich bei der Frage, wo in der endlosen Weite des Universums diese Galaxis liegen mochte. Doch mit der Antwort hätte er ohnehin nichts anfangen können.
    Stundenlang

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