Silberband 090 - Gegner im Dunkel
Von dem aufgeregten Matten-Willy war keine präzise Analyse der Lage zu erwarten. Vorsichtig fuhr er zwei Sehzellen aus und ließ die Optiken an den langen biegsamen Stängeln durch den Türspalt gleiten.
Zu Dutzenden rannten Tbahrgs umher. Einstweilen war es also nicht ratsam, sich wieder nach draußen zu wagen.
Söhrlox untersuchte den Raum nach einem anderen Fluchtweg. Auf den ersten Blick bot sich keine Möglichkeit, aber der Posbi dachte nicht daran, sich mit der oberflächlichen Prüfung zufrieden zu geben. Er fuhr eine Messsonde aus und setzte die Rückwand des Verstecks unter Ultraschall. Die Reflexionen wertete er in kurzer Zeit aus. Nach einer halben Minute wusste Söhrlox, dass nur eine zehn Zentimeter dicke Felsschicht zwischen dem Versteck und einem großen Raum lagen, in dem zahlreiche Maschinen standen.
»Wir werden die Wand durchbrechen!«, erklärte er und machte sich an die Arbeit.
»Gib Acht«, warnte Kleenz aufgeregt. »Das Gewölbe könnte zusammenbrechen und uns begraben.«
Söhrlox achtete nicht auf die Sorgen des Matten-Willys. Ohne Zögern fuhr er eine Kreissäge aus und rückte damit gegen die Wand los. Sein Reaktor lieferte die nötige Energie, um das Gerät mit einem schallschluckenden Feld zu umgeben. Die mehrdimensionale Streustrahlung würde kaum auffallen, da im Nachbarraum Geräte auf 5-D-Basis arbeiteten. Das Kreischen der Säge hätte jedoch in kürzester Zeit die Tbahrgs auf den Plan gerufen.
Die ersten Meldungen trafen ein.
»Keine Nachricht aus Hangar V«, bemerkte Kordahl. »Bislang kein Anzeichen für ein Auftauchen des Terraners und seiner Helfer.«
Hommersolth lächelte dünn. »Machen wir einen neuen Test aus diesem Vorfall. Je länger die Tbahrgs brauchen, um die drei wieder einzufangen, desto besser sind die Terraner und umso schlechter die Tbahrgs.«
»Meinetwegen«, stimmte Kordahl zu. »Ich wüsste allerdings gern, was die Entflohenen vorhaben. Sabotage vielleicht?«
Hommersolth schüttelte den Kopf. »Sie können es versuchen«, erwiderte er gelassen. »Gelingen wird ihnen das nicht.«
Schon Augenblicke später hatten die Feyerdaler allen Grund, sich über die Aktivitäten der Entflohenen zu wundern.
Das Loch war groß genug für den massigen Körper von Söhrlox. Kleenz hatte hingegen einige Mühe, schaffte es letztlich aber doch, den ohnmächtigen Galto unbeschadet in den angrenzenden Raum zu schaffen.
»Wo sind wir?«, ächzte der Matten-Willy.
Auf diese Frage hätte auch Söhrlox gern eine Antwort gewusst. Selbst einem Posbi, der gewohnt war, mit den absonderlichsten Maschinen und technischen Anlagen umzugehen, gab dieser Maschinenpark Rätsel auf.
Zu gerne hätte Söhrlox sich näher mit den Anlagen beschäftigt, vielleicht hätte er sich mit einer der Maschinen sogar anfreunden können. Dem standen aber annähernd dreißig Tbahrgs entgegen, die plötzlich in die Maschinenhalle eindrangen und sich nach kurzer Beratung auf die Entflohenen stürzten.
Kleenz kreischte vor Entsetzen und floh. Seine Angst war so groß, dass er sogar seine Fürsorge für Galto vergaß und ihn fallen ließ. Es schepperte vernehmlich, als die Pickelhaube auf dem Boden aufschlug.
»Aber Liebling, nicht immer auf den Hinterkopf«, murmelte Galto wehleidig.
Kleenz verzog sich in die Maschinen. Es gab genügend Ritzen und Spalten, die einem verängstigten Matten-Willy das Entkommen ermöglichten.
Für Söhrlox gestaltete sich die Verteidigung entschieden schwieriger. Die ersten acht Angreifer konnte er mit dem Narkosestrahler noch außer Gefecht setzen, dann aber nahmen die Tbahrgs ihn unter konzentrisches Feuer. Der Posbi war gezwungen, seinen Schutzschirm aufzubauen, und der verschlang Energie, die ihm nun für seine fehlgeschalteten Gliedmaßen fehlte. Er konnte sehen, wie die Tbahrgs erstaunt die Augen aufrissen, als er zu tanzen anfing. Die nur unvollkommen gereinigten Gelenke quietschten und ächzten, als Söhrlox nacheinander die Beine hob, in den Hüften einknickte und mit drei Teleskoparmen komplizierte, aber sehr graziöse Bewegungen ausführte. In seiner Verzweiflung feuerte Söhrlox aus allen Waffensystemen. Die meisten Schüsse schlugen in Wände und Decken ein, der Rest aber traf, wenn auch nicht die Tbahrgs. Im Innern des Mondes Sh’donth brach das Chaos aus.
»Sie haben die Flüchtlinge aufgespürt«, stellte Kordahl fest. »Die Tbahrgs sind den Terranern offenbar überlegen.«
»Abwarten«, empfahl Hommersolth. »Riechst du nichts?«
Kordahl
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