Silberband 091 - Die Terra-Parouille
farbige Gestalten quollen aus den Öffnungen und formierten sich zu einer langen Prozession. Wenn Tehlarbloe wartete, würden sie unter ihm vorbeikommen. Er fragte sich, was dieses Ritual bedeutete. Begrüßten sie den neuen Tag?
Dann schwenkten die ersten Teilnehmer dieser Prozession ein und verschwanden in einem Tor. Letztlich blieb niemand zurück.
Tehlarbloe ging zögernd weiter, jeden Augenblick auf eine unerwartete Entdeckung gefasst. Er war allein mit dem Heulen des Morgenwindes und seiner Angst.
Zehn Schritte vor ihm wuchs eine Steinplatte aus dem Boden und zwang ihn, im rechten Winkel abzubiegen. Ein Loch im gewachsenen Lavafelsen, doppelt so groß wie er, nahm ihn auf.
Jenseits der Trennwand flammte Licht auf, und nun sah Tehlarbloe zum ersten Mal haarfeine Kristallfäden, die wie Netze von Insektenfressern über die bearbeitete Felswand gespannt waren.
Hinter ihm zischte ohne Warnung eine Metallplatte aus der Wand und ließ ihm nur noch den Weg vorwärts.
Erst als er auf dem schmalen Felsband weiterlief, registrierte er, dass seine Furcht vergangen war. Tehlarbloe folgte dem Pfad, der in weiten Kurven in den Berg aus erstarrter Lava hineinführte. Die Kristallfäden wurden mächtiger, erreichten bereits den Durchmesser von Fingern und waren unter glasartigen Röhren verborgen. Das Licht kam aus der Decke. Hinter dem Rebellen schlossen sich weitere Türen und schnitten ihm den Rückweg ab.
Die Kaiserin hatte ihn nun endgültig in ihrer Gewalt.
Seine Schritte, die heftigen Atemzüge und ein knisterndes Flüstern, das von den Kristallfäden ausging, erfüllten den schmalen Gang. Wie lange er im Laufschritt weitereilte, wusste Tehlarbloe nicht.
Irgendwann endeten die Krümmungen des Korridors, und der Gang erweiterte sich. An seinem Ende erkannte Tehlarbloe flackernde Helligkeit, und dann erreichte er unvermittelt eine riesige Kuppel.
Die Halle war voller Kristalle. An vielen Stellen wuchsen dicke Adern aus dem Fels, verzweigten sich und wurden dünner und zahlreicher. In einem unüberschaubaren System durchzogen sie die gesamte Halle.
Tehlarbloes Erstaunen wuchs.
»Hier bin ich! Du hast mich rufen lassen!« Da er keine Ahnung hatte, ob klassische Einleitungssätze angebracht waren, sprach er in einfachen Worten.
Eine Stimme antwortete, von der er nicht sagen konnte, ob er sie tatsächlich hörte oder ob sie nur in seinen Gedanken sprach.
»Das Berührungselement Moeckdöhnes hat dich kommen lassen.«
»Was willst du von mir?«
Eine winzige Pause entstand. Tehlarbloe dachte an die letzten neun Tage und daran, dass er die zentrale Gestalt einer Rebellion gegen das bestehende System war.
»Ich will dich sehen und kennen lernen.«
»Wie lange dauert das?« Er sprach, ohne seine Worte abzuwägen, denn er hatte nichts mehr zu verlieren.
»Ich denke, es wird eine interessante Unterhaltung werden. Du scheinst eine erstaunliche Person zu sein.«
Tehlarbloe schüttelte verwirrt den Kopf. Er begriff nichts mehr. Wer redete wirklich mit ihm – einer der Regelerschaffer, der Berührungskreis oder die Kaiserin von Therm?
Er spürte die Worte und Begriffe in seltsamer Eindringlichkeit, und endlich verstand er, dass er in einen Dialog eingetreten war. Ausgerechnet er sprach mit einem kosmischen Überwesen, das die Geschicke einer Galaxis beeinflusste – und er sprach wie zu einem Freund.
Die Vorstellung ließ ihn wieder frösteln.
Als der Lärm des startenden Raumschiffs verklungen war, senkte Qartane den Blick.
»Das ist das einundsechzigste Schiff, das außerhalb der Beobachtungsmöglichkeiten der Kaiserin steht. Wir haben gute Arbeit geleistet.«
»Und wie erfahren wir, wo sich der Fremde befindet?«, fragte der Sprecher der Kommandanten.
»Da Sie jeden Stern kennen, wird die Suche schnell vorüber sein. Außerdem rechnen wir damit, dass dieser Rhodan weitere Planeten anfliegt, wie er es schon versucht hat.«
»In diesem Fall werden wir benachrichtigt. Gibt es Informationen über Tehlarbloe?«
»Nichts. Auch das Berührungselement, vorsichtig darauf angesprochen, gab keine Antwort.«
Mahavdoorn bot nach wie vor ein Bild des Friedens und der Ruhe. Die Schiffe waren in großen zeitlichen Abständen gestartet. Pröhndome hatte versprochen, bei der ersten Ortung bekannt zu geben, wo sich das seltsame Schiff befand.
Qartane blickte über den Raumhafen hinweg und dachte nach. Noch hatten sie Zeit, aber stündlich konnten Nachrichten eintreffen, die etwas über den Verbleib des Fremden
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