Silberband 091 - Die Terra-Parouille
kostbare Fahrzeug. Sie schritten durch den Schnee, bis sie sich etwa einen Kilometer von der Ruine entfernt hatten. Schließlich bogen sie ab und schlugen einen weiten Kreis.
Der Wind hatte sich gelegt, die Luft war klar und bitterkalt. Walik Kauk blickte auf und gewahrte hoch über sich im frostigen Himmel der sibirischen Winternacht den hellen Lichtpunkt von Orange 81, jenem Stern, der an diesem fremden Firmament die Rolle des ehemaligen Polarsterns übernommen hatte. Walik selbst hatte ihn getauft und auf dem Marsch von seiner Jagdhütte nach Jensens Camp und weiter nach Nome mit Erfolg als Markierungspunkt benützt.
Sie waren etwa eine halbe Stunde lang durch den Schnee gestapft, als Bluff Pollard plötzlich Halt machte. »Hier haben wir es!«, sagte er.
Im Widerschein seiner Lampe sahen sie die Schleifspuren, erzeugt von oval geformten Schneebrettern. Es handelte sich um zwei parallel verlaufende Spuren, eine für jeden Fuß, also um die Spur eines Menschen.
»Er ist doch allein!«
»Sieht so aus«, gestand Walik Kauk ein. Zu seinem Bild von Shamanov hätte es indes viel besser gepasst, wären sie auf die Spuren von zwei Personen gestoßen.
»So schnell lasse ich mich nicht hinters Licht führen!«, protestierte Tingmer. »Ich schlage vor, wir gehen noch ein Stück weiter!«
Zu ihrer Linken lag, mehr zu ahnen, als zu sehen, die Laborruine. Den Hovercraft konnten sie schon nicht mehr ausmachen. Nach weiteren zwanzig Minuten kam, ebenfalls linker Hand, eine kleine Unebenheit in Sicht. Sie hatten sie gestern bei Tageslicht aus der Nähe gesehen. Dort lagen schneebedeckte Felsblöcke, zwischen denen Krüppelkiefern ein armseliges Dasein fristeten. Von dem Kreis aus gerechnet, auf dem die drei Männer sich bewegten, lag die Felsgruppe etwa auf halbem Weg zwischen ihnen und der Ruine.
Diesmal ging Baldwin Tingmer voran. Es war klar, dass er dem Biophysiker noch mehr misstraute als die anderen. Binnen kurzem zeigte sich, dass sein Misstrauen gerechtfertigt war.
»Hier ist eine zweite Spur!«, sagte er barsch und schwenkte den Lichtkegel seiner Lampe über neue Schleifspuren, die von rechts kamen und zu der Felsengruppe führten.
Sie folgten der Fährte. Im Schatten der Felsen hatte der Unbekannte angehalten.
»Sieht fast so aus, als ob er hier auf etwas gewartet hätte«, erklärte Baldwin, nachdem er die Eindrücke im Schnee untersucht hatte.
Sie schritten um die Felsen herum und sahen, dass die Spur auf der anderen Seite weiterführte … in Richtung der Ruine.
»Der Kerl hat sich verdammt schnell bewegt«, schloss Tingmer aus der geringen Tiefe der Eindrücke.
Bluff blickte nach rechts. »Kein Wunder«, kommentierte er. »Er musste befürchten, von uns gesehen zu werden.«
Der Hovercraft lag mittlerweile wieder in Sichtweite. Er war zwar nur ein dunkler Fleck im Schnee, doch jemand, der die Deckung der Felsen verließ, konnte durchaus von dem Fahrzeug aus beobachtet werden.
»Also hatten wir Recht!«, schloss Walik seine Überlegungen ab.
»Was machen wir nun mit diesem Shamanov?«, fragte Bluff.
»Hier lassen!«, schlug Baldwin bissig vor. »Einfach Gas geben und weiterfahren. Der Kerl bringt uns nichts als Unglück.«
»Die Kerle«, verbesserte Walik Kauk. »Ich möchte ihm trotzdem eine Chance geben und werde ihm auf den Kopf zu sagen, dass wir seine Lügen durchschaut haben. Alles hängt davon ab, wie er reagiert.«
Am neuen Morgen war Chara Shamanov bemerkenswert guten Mutes. Er hatte sein Ziel zwar noch nicht erreicht, aber er war ihm ein gutes Stück näher gekommen.
Als die Sonne aufging, hielt er Ausschau. Falls die Männer den Roboter mitbrachten, würde er ihnen entgegengehen oder sie bitten, die Verhandlung in derselben Besetzung wie in der vergangenen Nacht zu führen. Er konnte vorgeben, eine unüberwindliche Abneigung gegenüber Robotern zu haben.
Zu seiner Erleichterung kletterten jedoch nur Bluff Pollard und Walik Kauk aus dem Fahrzeug. Er öffnete die Tür, als sie bis auf wenige Meter heran waren. Es entging ihm nicht, dass beide sich misstrauisch umsahen. »Es freut mich«, sagte er, »dass ihr die Verabredung mit einem armen, einsamen Mann so pünktlich eingehalten habt …«
Er wollte noch mehr sagen, aber Kauk fiel ihm scharf ins Wort: »Du bist kein einsamer, armer Mann, Chara Shamanov, sondern ein erbärmlicher Lügner!«
Shamanov zuckte zusammen. Er war trotz seiner bulligen Gestalt ein Feigling, Entschlossenheit und Härte hatten ihn stets eingeschüchtert. »Ich
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