Silberband 092 - Das MODUL
Das Schiff war nur wenige hundert Meter entfernt, eine lächerlich geringe Distanz für einen Forscher, der seinen Aktionsradius nach Hunderttausenden von Lichtjahren bemaß.
Aber zwischen den beiden Schiffen lag das Nichts.
Kaveer pfiff aufgeregt. »Gibt es Lebewesen, die in der Lage sind, sich für einige Zeit ohne Schutzanzug im freien Raum zu bewegen?«
»Es gibt solche Lebewesen«, antwortete LOGIKOR prompt.
Die nächste Frage ergab sich zwangsläufig. »Bin ich ein solches Lebewesen?«
»Meine Informationen reichen nicht aus, das zu beantworten«, behauptete LOGIKOR. »Aber es gibt eine Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden. Wenn du das Schiff ohne Schutzanzug verlässt und dabei stirbst, musst du entweder ein defekter Roboter sein oder ein nicht raumtaugliches Lebewesen.«
»Vielen Dank für diese Auskunft«, sagte Kaveer spöttisch und deaktivierte LOGIKOR.
Natürlich war ihm damit nicht geholfen.
Denke logisch!, ermahnte er sich selbst.
Blieb er an Bord seines Schiffes, würde er – ob als Roboter oder als Lebewesen – sehr bald nicht mehr existieren. Verließ er das Schiff, konnte er im freien Raum den Tod finden, aber vielleicht auch die Rettung an Bord der SCHWIMMER. So betrachtet hatte er zwischen einem sicheren und einem möglichen Tod zu wählen. Froul Kaveer war Forscher und daran gewöhnt, Problemen mit Ruhe und Logik zu begegnen, die Entscheidung war für ihn klar.
Er verdunkelte die Kabine. Ranc Poser hatte seine Kanzel auf Transparenz justiert, daher konnte er Kaveer inzwischen sogar sehen. Kaveer wusste, dass er vielleicht in den Tod ging. Ein ihm unerklärlicher Zwang trieb ihn dazu, diese mögliche Folge geheim zu halten. Er musste verhindern, dass ein anderer Forscher Rückschlüsse zog und so zu Erkenntnissen gelangte, die er nicht haben durfte. Wenn ein Forscher des MODULs mit künstlich getrübtem Gedächtnis auf die Reise geschickt wurde, sogar ohne das Wissen, wer oder was er eigentlich war, dann lagen dafür triftige Gründe vor. Kaveer war zu sehr Forscher der Kaiserin von Therm, als dass er diese Gründe missachtet hätte.
Als er die Schleuse erreichte, stutzte Kaveer. Ihm war rätselhaft, woher er plötzlich wusste, dass er die kurze Strecke durch das Nichts unbeschadet zurücklegen konnte. Er ahnte es nicht, hoffte nicht – er wusste es, und das erschütterte ihn.
Der Chronist
Die SEIDENRAUPE war startklar, Mentro Kosum hatte den Platz des Piloten eingenommen.
Morl Weynard blickte auf den Rücken des Emotionauten. Zu behaupten, dass Weynard große und breitschultrige Männer mochte, wäre übertrieben gewesen, genau genommen verspürte er eine tiefe Abneigung gegen jeden, der größer und stärker als er selbst war. Und Mentro Kosum war sehr groß und sehr stark, dennoch fühlte sich Morl Weynard in seiner Nähe einigermaßen wohl. Die unangenehme Erinnerung, als Heranwachsender häufig von breitschultrigen Altersgenossen verprügelt worden zu sein, schwand angesichts von Kosums Wichtigkeit. Ein besserer Pilot war schwerlich zu finden. Er beherrschte die Fähigkeit, ein Schiff mittels Gedankenkraft über die SERT-Haube zu steuern.
In zwei großen Hologrammen waren Perry Rhodan und Atlan zu sehen.
»Wir werden die SOL im Ortungsschutz einer nahen Sonne verstecken, während die SEIDENRAUPE sich Courstebouth-Stern näher ansieht – oder besser das, was davon übrig ist«, stellte Rhodan fest.
Sekunden später befand sich die SEIDENRAUPE im freien Raum.
Morl Weynard zuckte heftig zusammen, als Schwärze die Panoramaschirme überflutete. Sein Leben hatte er nur in der SOL zugebracht. Für ihn war es natürlich, dass der Blick früher oder später von einer Wand oder einer Decke begrenzt wurde, die endlose Weite hatte etwas Beängstigendes. Das Gefühl, dass zwischen ihm und dem nächsten sichtbaren Punkt auf dem Holoschirm Lichtjahre lagen, verstärkte diese Beklemmung noch. Unwillkürlich warf er einen Blick hinüber zu Margaux. Sie lächelte ihm beruhigend zu.
Die Opfer
Jurlt Tergan hatte mit seinem Leben fast abgeschlossen. Die Maschinen seines Schiffes gaben Geräusche von sich, die er nie zuvor gehört hatte. Jurlt wusste, dass dies das Ende war. In wenigen Minuten würden die Reaktoren detonieren, sie waren der Überlastung nicht gewachsen.
Erst als der Geräuschorkan abebbte, wurde Tergan klar, dass er noch lebte und die Maschinen allen Vorzeichen zum Trotz nicht explodiert waren.
»Ich habe den Rand der Wolke erreicht!«, staunte Tergan. Er war
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