Silberband 094 - Die Kaiserin von Therm
schuldet.«
Bully rümpfte die Nase und wandte sich an Roi Danton. »Wir brauchen wenigstens zehn Stunden, um die ganze Geschichte zu hören«, beschwerte er sich. »Dein Vater hat vergessen, wie man zusammenhängend berichtet.«
Rhodan lachte auf. Er war bester Laune. »Lass nur!«, wehrte er ab. »Eine Zeit lang hatte mich die Erinnerung in den Fängen. Kulliak Jon war so etwas wie mein Freund. Ich hatte ihm einst das Leben gerettet – unter Umständen, über die ich zum Schweigen verpflichtet bin. Ihr wisst, wie die Siganesen sind. Dankbarkeit ist eine Pflicht des Anstands. Kulliak erbot sich, mir seinerseits einen Dienst zu erweisen. Damals brauchte ich seine Dienste nicht. Ich sagte ihm, er solle nach Siga zurückkehren und sich seines Lebens freuen. Aber kurze Zeit später tauchte er auf Terra auf. Er setzte sich mit mir in Verbindung und ließ mich wissen, dass er so lange auf der Erde bleiben würde, bis sich ihm die Möglichkeit bot, mir einen Gefallen zu tun. Ich war damals ziemlich sicher, dass es diese Möglichkeit nie geben würde.«
Perry Rhodan blickte seine Zuhörer der Reihe nach an. Er wirkte gelöst und zufrieden, wie sie ihn seit langem nicht mehr gesehen hatten.
»Die Erde machte den Fehlsprung durch den Kobold-Transmitter. Die Aphilie brach über uns herein. Ich brauchte geraume Zeit, um diese Entwicklung zu durchschauen. Als ich das Unabwendbare endlich erkannt hatte, handelte ich, zumal ich ahnte, dass ich nicht mehr lange auf Terra bleiben konnte. Gerade deshalb musste ich Vorsorge treffen für den Zeitpunkt meiner Rückkehr. Eine der Vorgehensweisen, die ich einplante, ging davon aus, dass man die Aphilie in die Knie zwingen könne, wenn NATHAN ausgeschaltet würde. Klimakontrolle, Transportwesen, Informationsaustausch – all das wurde von NATHAN gesteuert oder vermittelt. Eine dicht bevölkerte Erde ohne die Hyperinpotronik – da hätten selbst die härtesten Aphiliker aufgeben müssen. Ich wollte die Jahre des Exils nutzen, um die Kodegeber der Obmänner nachzubauen, deren Zustimmung außer der meinen für NATHANs Abschaltung notwendig war. Ich hatte mir da etwas Schwieriges vorgenommen, aber mit deiner Hilfe, Geoffry, hoffte ich es zu schaffen. Allerdings musste ich gleichzeitig dafür sorgen, dass auf der Erde trotz NATHANs Ausfall ein Minimum an Kontroll- und Steuermöglichkeit vorhanden war. Ich erinnerte mich an die alte Kontrollstation Palatka, die vor geraumer Zeit außer Betrieb gesetzt worden war. Sie war in hohem Maße autark und konnte bis zu einem gewissen Grad NATHANs Funktionen übernehmen.
Kulliak Jon fiel mir ein. Die Siganesen haben mit ihrer langen Lebenserwartung eine gänzlich andere Einstellung zur Zeit als wir. Ihm würde es nichts ausmachen, zehn oder zwanzig Jahre im Innern der stillgelegten Station zu verbringen und den Wächter zu spielen. Also setzte ich mich mit Kulliak in Verbindung. Er stimmte sofort zu. Wenig später meldete er sich ein einziges Mal aus der Nähe von Palatka und erklärte, er sei auf dem Weg, in die Station einzudringen. Das war der letzte Kontakt.
Ich muss zugeben, dass ich den Siganesen fast vergessen hatte. SENECA hätte mich beizeiten an ihn erinnert. Trotzdem empfinde ich meine Vergesslichkeit als eine Art Treuebruch. Aber Kulliak wird mir verzeihen, wenn ich ihm berichte, wie es uns in der Zwischenzeit ergangen ist.«
Eine Zeit lang herrschte betretenes Schweigen. Der Erste, der das Wort ergriff, war Geoffry Waringer. »Du hältst Kulliak Jon für den Wächter von Palatka?«
»Wen sonst?«
»War der Siganese mentalstabilisiert?«
»Nicht dass ich wüsste. Warum?«
Waringer zögerte mit der Antwort. Jeder sah, dass es ihm schwer fiel, eine Feststellung zu treffen, die Rhodans heitere Zufriedenheit im Handumdrehen wieder zerstören würde.
»Du solltest dir die Frage selbst beantworten«, sagte der Wissenschaftler. »Wenn Jon nicht mentalstabilisiert war, wie hätte er dem fremden Einfluss auf Terra widerstehen sollen?«
Kulliak Jon erwachte aus tiefem traumlosem Schlaf. Sein erster Eindruck war, es müsse etwas schiefgegangen sein.
Es bedurfte bei ihm nach dem Erwachen keines Übergangszeitraums, in dem er mühselig seine Erinnerungen zusammensuchte. Er erinnerte sich blitzschnell. Vor geraumer Zeit, als er die ersten tastenden Mentalimpulse einer fremden und feindlichen Intelligenz vernahm, hatte er sich einer Schlafautomatik anvertraut, um sich gegen den fremden Einfluss zu schützen. Er hatte die mit einem
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