Silberband 094 - Die Kaiserin von Therm
hinweg. »Das ist richtiger Fels, vermischt mit dem dunklen Zeug. Wir müssen die eigentliche Planetenoberfläche erreicht haben.«
»Aber der Stollen führt weiter nach unten«, stellte Tolot fest, der ein Stück weitergegangen war. »Und hier gibt es keine Kristalle mehr.«
Glatter und kahler Fels bildete nun Decke und Wände. Auch der Boden war frei von jeder Unebenheit, als hätten Spezialmaschinen ihn aus dem Urgestein des Planeten geschnitten.
»Die Ausstrahlung ist wesentlich schwächer geworden«, stellte Gucky erleichtert fest. »Trotzdem können wir noch nicht nach oben teleportieren. Die Schicht mit den Toten Kindern liegt dazwischen.«
»Wer hat diesen Stollen gebaut?«, wollte Caral wisse. »Er ist anders als der Gang, durch den wir kamen. Vor allem sieht er neuer aus.«
»Das ist schwer abzuschätzen«, ließ Avery Talcot sich vernehmen. »Auf keinen Fall die Kelsiren, würde ich behaupten.«
»Sehr richtig!«, sagte der Haluter. »Nicht jene, denen wir begegneten. Vielleicht existiert eine Gruppe von Kelsiren hier unten, die nicht unter dem negativen Einfluss stehen.«
Sie gingen weiter und drangen ohne Zwischenfall einige hundert Meter vor, dann schaltete Gucky die Lampe ab. Es wurde nicht mehr völlig dunkel. Weiter vorn schimmerte es sogar hell, fast wie das gedämpfte Licht der blauen Sonne Yoxa-Sant.
»Das kann unmöglich die Oberfläche sein«, sagte Talcot unsicher. »Wir haben uns stetig abwärts bewegt.«
Bald darauf endete der Stollen in einer Lichtflut. Warme und gute Luft wehte heran, aber so warm wurde es draußen auf der Oberfläche nicht einmal zur Mittagszeit.
Gucky erkannte ein rechteckiges Lichtfenster, und im selben Moment zeichneten sich die Schattenrisse zweier Kelsiren davor ab. Sie gingen aufrecht und schienen nicht deformiert zu sein, doch als sie näher kamen, waren trotzdem winzige dunkle Flecken auf ihrer Schuppenhaut zu sehen.
»Sie denken normal«, raunte Gucky. »Trotzdem kann ich ihre Gedanken nur schwach und undeutlich empfangen. Aber sie hegen keine bösen Absichten.«
Wenige Meter entfernt blieben die beiden Kelsiren stehen. Gegen den hellen Hintergrund waren ihre Gesichter nach wie vor nur undeutlich zu erkennen.
»Wir heißen euch willkommen.« Eine der Frauen machte eine einladende Geste in Richtung des Lichtes. »Gralsmutter Zamya-Lo erwartet euch.«
»Wir danken euch«, erwiderte Gucky und bemühte sich, seine aufkommende Beklemmung zu verbergen. »Ist Zamya-Lo auch eine Dienerin der Toten Kinder?«
»Wir sind die Freien«, sagte die Kelsirenfrau stolz. »Und Zamya-Lo ist unsere erste Gralsmutter. Folgt uns, denn sie erwartet euch.«
Gucky schaltete den Translator ab.
»Ich glaube, wir werden eine kleine Überraschung erleben«, prophezeite er danach. »Die Oma lügt nicht, sie spricht die reine Wahrheit. Es gibt also Kelsiren, die dem negativen Einfluss der Kristalle widerstehen. Damit sind wir wohl ein paar Schritte weitergekommen.«
Sie erreichten zu ihrer Überraschung ein großes und fast rundes Tal, das von steilen Felswänden eingeschlossen wurde. Darüber wölbte sich ein massiver Himmel, in dessen Zentrum eine künstliche blaue Sonne hing. Sie gab genügend Licht und Wärme, um eine bescheidene Flora auf dem kargen Boden gedeihen zu lassen. In einiger Entfernung trat ein Bach aus der Felswand und speiste einen kleinen See.
In regelmäßigen Abständen wurden Stollen sichtbar, die offenbar Verbindungen nach oben darstellten. Hin und wieder waren Kelsiren zu sehen, die diese Stollen offensichtlich bewachten.
»Sie nennen sich frei«, erinnerte der Physiker. »Doch in Wahrheit leben sie in einem Gefängnis, vom bösen Einfluss der Kristalle bedroht und nie ihres Lebens sicher. Warum tun sie nichts dagegen?«
Ohne sich umzudrehen, erwiderte Gucky: »Es ist sinnlos, jetzt noch Vermutungen anstellen zu wollen. Wir müssen warten, bis wir mit der Gralsmutter gesprochen haben. Sie erwartet uns, das ist ein gutes Zeichen, wenn wir auch nicht wissen können, wie und woher sie von unserer Anwesenheit erfahren hat. Auf jeden Fall wird sie uns einige Fragen beantworten müssen.«
»Vielleicht sollen wir ihr helfen«, vermutete Caral Pent.
Was die Kosmobiologin da andeutete, klang einleuchtend. Wenn alle Vermutungen über ihren ungewissen Auftrag zusammengefasst wurden, ergab eine Unterstützung der freien Kelsiren auf Lugh-Pure einen gut passenden Mosaikstein. Die Kaiserin konnte selbst nichts unternehmen, ohne ihre Toten Kinder direkt
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