Silberband 095 - Mensch aus dem Nichts
gelegt.
»Überlebende?«
»Bislang keine Feststellung, Verkünder.«
»Dann sucht nach Überlebenden!«, befahl Hotrenor-Taak müde. »Und sucht auch nach diesem Kaiser Anson Argyris. Wenn möglich, bringt ihn mir lebend!«
Die Untergebenen eilten davon.
Hotrenor-Taak blieb mit seinen quälenden Gedanken allein. Über die Tatsache, dass auf Olymp, in der Nähe der zerstörten Station, eine Mastibekk-Pyramide stehen sollte, hatte er kein Wort verloren. Die Pyramide war nicht mehr da.
Der Verkünder der Hetosonen glaubte nicht, dass die Suche nach Überlebenden Erfolg haben würde. Sie hätten längst das landende Schiff angefunkt. Und daran, dass seine Laren den Kaiser Argyris finden würden, glaubte er ebenfalls nicht. »Ein Fehlschlag«, murmelte Hotrenor-Taak. »Ein böser Fehlschlag!«
Niemand wusste besser als er, was aus solchen Gegebenheiten erwachsen konnte. Das Konzil war in Gefahr. Und es gab etwas, das noch schlimmer war: Der Verkünder der Hetosonen selbst war in Gefahr. Denn den Mächtigen wurden Misserfolge nur selten verziehen.
»In der Provcon-Faust sind wir absolut sicher«, sagte Roctin-Par stolz. »Kein Schiff der Konzilslaren wird jemals seinen Weg durch die Energiewirbel finden.«
Er sagte dies nicht nur, um Anson Argyris von der Sicherheit des Verstecks zu überzeugen, sondern vor allem, um dem vincranischen Lotsen ein Kompliment zu machen. Die Vincraner brauchten diese Bezeugungen ab und zu, um ihr Selbstvertrauen zu bewahren. Ihre Situation war alles andere als einfach.
Auf der Flucht vor den Halutern waren ihre Vorfahren hier gelandet, und immer noch schwelte die Angst vor jenen gewaltigen Kämpfern. Übergroß war das Sicherheitsbedürfnis der Vincraner – seit die Provconer die Terraner in die Wolke eingeladen hatten, hatte sich ein intensiver Schiffsverkehr entwickelt. Diese Tatsache erschien den Vincranern längst bedrohlich. Umso dankbarer waren sie, wenn ihnen bestätigt wurde, dass sie – und nur sie – in der Lage waren, einen Weg in die Dunkelwolke Provcon-Faust zu finden und sogar die größten Raumschiffe sicher zu lotsen.
Kershyll Vanne kannte die Provcon-Faust und ihre Probleme, er kannte sie besser als irgendein Mensch.
»Kein Schiff wird hier durchkommen«, fuhr der Provconer fort. »Ohne die Lotsen ist kein Zugang möglich.«
»Ach wirklich?« Vannes Stimme war leise und freundlich.
Roctin-Par und der Vincraner fuhren fast gleichzeitig herum, der Provconer ehrlich erschrocken, der Vincraner zornig.
»Was soll das heißen, ach wirklich?«, fragte Roctin-Par scharf. Er hatte den merkwürdigen Mann, den Anson Argyris als seinen Freund bezeichnete, mehr oder weniger ignoriert.
»Ich meine, dass vielleicht auch andere als die Vincraner einen Weg durch die Provcon-Faust finden könnten.«
»Sie?«, fragte der Lotse höhnisch.
Noch gab es eine geringe Chance, den Konflikt zu vermeiden. Anson Argyris erkannte das und wollte eingreifen. Er kam zu spät.
»Warum nicht?« Kershyll Vanne lächelte freundlich. Der Vincraner riss die Augen auf, dann verschränkte er die Arme vor der Brust. »Nur zu!«, sagte er.
Einzig Roctin-Par erkannte die Gefahr in ihrem ganzen Ausmaß. Der Lotse würde das Schiff nicht mehr steuern. Er war beleidigt worden und nahm persönlich Rache. Schweigend würde er zusehen, wie Kershyll Vanne das Schiff lenkte – in den sicheren Tod. Der Vincraner würde dabei ebenfalls sterben, jedoch in dem Gefühl, seine Ehre wiederhergestellt zu haben.
»Heilige Galaxis!«, stöhnte Roctin-Par kaum hörbar. Er konnte nichts unternehmen. Wollte er warten, bis ein anderes Schiff die Wolke mit einem Lotsen verließ, musste er womöglich lange Zeit außerhalb der Wolke verbringen. Und wahrscheinlich würde sich jener Lotse ohne Zögern mit seinem Kollegen solidarisieren.
»Ich brauche eine leistungsfähige Positronik!«, sagte Vanne.
»Sie wollen es allen Ernstes versuchen?«, fragte Roctin-Par. Er warf einen verzweifelten Blick zu Anson Argyris, aber der Robotkaiser dachte nicht daran, seinem Freund in den Arm zu fallen.
»Sie werden bekommen, was Sie verlangen«, sagte der Provcon-Lare resigniert.
»Vielen Dank!« Kershyll Vanne lächelte freundlich.
Der Vincraner starrte nur noch die Wand an. Er wartete auf den Tod, der die Schmach rächen sollte, die ihm und seinem Volk angetan worden war. Der Tod würde den unumstößlichen Beweis liefern, dass nur die Vincraner in der Lage waren, ein Schiff ungefährdet durch die Provcon-Faust zu lenken.
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