Silberband 096 - Die Gravo-Katastrophe
zu sich. Ächzend wälzte er sich auf die Seite und blickte in die Höhe. Als er Athosien erkannte, wollte er aufspringen, aber da war Danton schon neben ihm.
»Keine Aufregung jetzt, Reginald. Die Hulkoos sind auf dem Weg hierher! Ich habe einen Waffenstillstand mit dem Konzept geschlossen.«
Bully erholte sich trotz dieser Aussage überraschend schnell von den Folgen des fürchterlichen Schlages.
»Raphaels Warnung bezüglich der Schutzschirmprojektoren war übrigens keine Finte«, erklärte Athosien. »Sie hätten in der Tat wahrscheinlich den halben Mond in die Luft gejagt, wenn es Ihnen gelungen wäre, die Projektoren zu aktivieren.«
Reginald Bull bedachte das Konzept mit einem kritischen Blick. »Ich werde mir überlegen, ob ich Ihnen das abnehmen soll oder nicht«, sagte er. »Wie weit sind die Hulkoos schon vorgedrungen?«
»Das wissen wir nicht. Ich schlage vor, wir holen uns die Informationen in der Schaltzentrale.«
Geoffry Waringer war noch bewusstlos. Bull und Danton trugen ihn zum Antigravschacht. Auf dem Weg nach unten bemerkten sie, dass die Aktivität der Roboter nachgelassen hatte.
»NATHAN wird uns helfen«, behauptete Grukel Athosien. »Er legt die Maschinen still, um Energie für andere Funktionen freizustellen.«
Grukel Athosien fand endlich Zeit, sich um sein durcheinander geratenes Innenleben zu kümmern. Zunächst rief er nach Veyto Balaschy.
»Ich kann nichts dafür!«, beteuerte Veyto. Zum ersten Mal wirkte er nicht überheblich, sondern eher niedergeschlagen.
»Ich weiß, dass du nichts dafür kannst«, antwortete Athosien grimmig. »Es ist dir nur schon zum zweiten Mal passiert. Leute deines Schlages denken eben immer so eingleisig, dass einer, der sich in der Trickkiste auskennt, leichtes Spiel mit ihnen hat.«
Veyto wirkte erleichtert, dass Grukel den Vorfall nicht ernster nahm. »Schimpf ruhig«, bemerkte er. »Aber auch Leute wie ich können dazulernen.«
»Ich hoffe es«, kommentierte Athosien. Dann rief er nach Mara Avusteen. Die Frau meldete sich allerdings nicht, sie hatte sich tief in ihren privaten Bewusstseinsbereich zurückgezogen.
»Ich würde vorschlagen, sie in Ruhe zu lassen«, meldete sich Nebort Alcotes in seiner fast unterwürfigen Art. »Ich glaube, dass ihr der jüngste Vorfall eine ernste Lehre war. Sie wird sich nicht mehr gegen uns stellen.«
»Das ist ein großes Wort, Nebort«, sagte Grukel Athosien. »Woher nimmst du die Gewissheit?«
Alcotes antwortete nicht sofort. Als er es endlich tat, schwang in seinen Gedanken eine innere Wärme mit, die Grukel überraschte. »Von Gewissheit ist keine Rede«, erklärte er. »Aber ich hoffe, dass Mara endlich erkannt hat, auf welche Seite sie gehört.«
Mara Avusteen selbst verfolgte den Gedankenaustausch, indem sie in rascher Folge, aber jeweils nur für die Dauer einer Millisekunde die Überlappungszone der Bewusstseine abtastete. Auch sie bemerkte die Wärme in Alcotes' Ausdruck, und diese Erkenntnis setzte einen ungewöhnlichen Denkprozess in Gang. Es war richtig, sie allein wäre für die Zerstörung der sublunaren Anlagen verantwortlich gewesen, wenn sie ihr Vorhaben hätte durchführen können. Sie konnte sich ausmalen, dass die Explosion allen Beteiligten den Tod gebracht hätte. Dabei hatte sie Raphaels Warnung ebenso vernommen wie die ihrer sechs Mitbewusstseine. Wie also musste ihr Verhalten charakterisiert werden? Als das einer Wahnsinnigen?
Diese Einsicht wirkte wie ein Schock. Mara erkannte, dass sie tatsächlich am Rande des Irrsinns lavierte. Durch den Trotz, mit dem sie sich eingeredet hatte, sie habe ein Recht darauf, ihre eigenes Leben zu führen, war sie zu Handlungen verleitet worden, die sich durch nichts und vor niemandem rechtfertigen ließen.
Als Xehmer-Naad Muratochs Bericht erhielt, wusste er zwar, was er zu tun hatte, aber er berief trotzdem eine Sitzung seines Stabes ein. Es war immer besser, wenn eine derart brisante Entscheidung sich auf mehrere Personen stützte.
Er selbst hatte die Meldung, dass sich ungeachtet aller Macht der Kleinen Majestät feindliche Terraner auf Luna befanden, gefasst hingenommen. Dagegen war Bajraktosch, der Experte, völlig aus dem Gleichgewicht geworfen worden. Die Erkenntnis, dass etwas eingetreten war, was aufgrund allen einschlägigen Wissens unmöglich zu sein hatte, blockierte das Denkvermögen des Wissenschaftlers. Und da der Kompetenteste unter ihnen hilflos war, zogen es auch die übrigen Experten vor, Verzagtheit an den Tag zu
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