Silberband 098 - Die Glaswelt
hier!«
»Dann bleiben Sie eben in Dreiteufelsnamen!«, schrie Athosien. »Wenn Sie unbedingt Selbstmord begehen wollen, kann ich Sie nicht daran hindern!«
Im Hintergrund wurde einer der gläsernen Gleiter sichtbar. Niemand schenkte ihm Beachtung. Er landete in unmittelbarer Nähe.
»Wir bleiben nicht, um Selbstmord zu begehen«, antwortete Roi Danton gelassen. »Wir sind hier, um Ihr Vorhaben zu unterbinden.«
»Wie wollen Sie das erreichen?«, fragte Athosien verblüfft.
In der Menge der Konzepte entstand Bewegung.
»Wir haben Vorsorge getroffen«, erklärte Danton kühl. »Welche Vorsorge, das erfahren Sie zur rechten Zeit!«
In der Mauer der Konzepte öffnete sich jetzt eine Gasse. Ein junger, schlanker Mann trat in den Vordergrund.
»Aus Ihrem Plan wird nichts!«, rief er Danton zu.
Hinter ihm erschien Homer G. Adams. Er wich Roi Dantons fragendem Blick nicht aus, aber in seinen Augen lag Bitterkeit.
Inzwischen informierte Ektem Athosien mit knappen Worten. Ein spöttisches Lächeln umfloss Athosiens Mund, als er sich wieder Danton zuwandte.
»Ein Schlag ins Wasser?«, höhnte er. »Sie können uns nicht aufhalten. Also benehmen Sie sich endlich vernünftig und ziehen Sie wieder ab. Sobald alles vorbei ist, werden Sie die erhofften Einzelheiten erfahren.«
Noch bevor Roi Danton antworten konnte, gellte ein Schrei über die Köpfe der Menge hinweg. »Seht! Dort oben!«, rief jemand.
Arme fuhren in die Höhe, Finger zeigten zur Kuppe des Iti-Iti-Felsens hinauf. Roi Danton sah eine Gestalt vornübergebeugt am Rand des Felsens stehen. Sie hatte die Arme zur Seite gestreckt, ein Umhang bedeckte ihre Schultern – nein, kein Umhang. Das waren Schwingen.
Ein Mucierer …
Die Menge war in Bewegung geraten. Walik Kauk musste einige Leute unsanft beiseiteschieben, um zu Roi Danton vorzudringen.
»Das ist Mitsino!«, keuchte er. »Der Allerälteste der Iti-Iti!«
Danton nickte. Dann wandte er sich an Athosien. »Sie haben Goshmos Castle völlig evakuiert, nicht wahr?«
Athosiens Gesicht war grau. Er starrte zur Kuppe des Felsens hinauf. »Ja, das haben wir«, antwortete er tonlos.
»Aber dieser hier ist Ihrer Aufmerksamkeit entgangen! Wie viel solcher Fälle mag es außerdem geben?«
»Keinen!«, stieß Athosien hervor. »Wir haben alles gewissenhaft geprüft! Es kann sich nur um diesen einen Ausnahmefall handeln.«
Er wandte sich an Ektem. »Schnell! Hol ihn da herunter!«
Ektem hastete davon. Wenige Augenblicke später stieg er mit einer Gleiterkugel in die Höhe.
»Er kommt zu spät«, murmelte Walik Kauk.
»Zu spät wofür?«, fragte Danton.
»Um den Feuerflieger zu retten. Mitsino ist ein seltsamer Kauz, intrigant, verräterisch und machthungrig. Aber er tut nichts, ohne dabei das Wohl seines Stammes im Auge zu haben. Er hat nicht ins Paradies übersiedeln wollen – der Himmel mag wissen, warum. Er ist zurückgeblieben, um zu sterben.«
Der Mucierer schien die Kugel zu sehen, denn er trat noch näher an den Rand des Absturzes. Als sie sich ihm bis auf wenige Meter genähert hatte, stieß er einen gellenden Schrei aus, neigte sich vornüber und stürzte in die Tiefe.
Mit angehaltenem Atem verfolgten die Zuschauer den Sturz. Sie warteten darauf, dass die Schwingen sich entfalteten, um den Fall des schmächtigen Körpers abzufangen. Aber sein Sturz wurde schneller, und dann prallte der Mucierer am Fuß des Felsens auf. Eine Wolke aus feinstem Sand stob auf.
Mitsino, der Älteste der Allerältesten, hatte das höchste aller Opfer gebracht, um seinem Volk das Dasein im Paradies zu erleichtern.
Terraner und Konzepte standen einen Atemzug lang starr vor Schreck, dann eilten sie auf die Absturzstelle zu. Der Staub hatte sich verzogen. Mitsino lag auf dem Rücken, seine schwarzen Augen starrten blicklos in den blassen Himmel hinauf.
Unter den Anwesenden gab es nicht viele, die die Physiognomie eines Mucierers zu deuten verstanden. Walik Kauk war einer der wenigen. Er sah den Ausdruck der Zufriedenheit auf dem Gesicht des Toten. Mitsino war in Frieden gestorben.
Roi Danton wandte sich erst nach einer Weile von dem Toten ab und sah Athosien neben sich stehen.
»Da haben Sie Ihr Opfer!«, sagte er bitter. »Vielleicht geht Ihnen jetzt ein Licht auf, dass es außer den Interessen der Konzepte auch noch andere gibt!«
Grukel Athosien erwachte wie aus einem bösen Traum. »Sie haben recht«, murmelte er. »Ich muss Ihnen das alles erklären.«
Dann stand er lange Zeit da, starrte zu Boden und
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