Silberband 101 - Eiswind der Zeit
Als Psi-Analytiker konnte er aus wenigen Hinweisen exakte Rückschlüsse auf die Hintergrundereignisse ziehen. Seine Lagebeurteilungen waren fast immer richtig. In diesem Fall besaß er jedoch kaum Informationen.
»Wir müssen einen der Assistenten aushorchen«, sagte er. »Bran, das ist deine Aufgabe. Kläre mal eben ab, was die in den letzten Stunden getrieben haben.«
Bran Howatzer verzog das Gesicht zu einer Grimasse, schwieg aber. Er wusste, dass Vapido das nicht ernst gemeint hatte. So leicht, wie es den Anschein hatte, war seine parapsychische Arbeit als Pastsensor keineswegs.
Howatzer ging durch den Hain bis nahe an die Anlage heran. Er beobachtete, dass in kurzer Folge fünf Gleiter landeten, deren Insassen sehr schnell im Tempel verschwanden. Der Erlebnis-Rekonstrukteur gewann den Eindruck, dass sie etwas aufsuchten, was unter den minoischen Ruinen lag. Er wusste zu wenig von der Geschichte der Erdvölker, um beurteilen zu können, wie überraschend diese Tatsache war. Dass Hamiller sich hier aufhielt, war ihm jedoch Beweis genug dafür, dass sich in der Anlage etwas außerordentlich Wichtiges befand.
Howatzer konzentrierte sich auf die junge Frau, die unter einem Sonnensegel fotografische Arbeiten sortierte. Er setzte sich unter einen Olivenbaum, sodass er die Frau noch sehen konnte, und begann mit seiner parapsychischen Sondierung.
Fünf Minuten später wusste er schon genug und lief zu Vapido und ter Gedan zurück.
»Sie haben eine Göttin gefunden! Demeter heißt sie und muss furchtbar wichtig sein, denn alle sind ziemlich aus dem Häuschen.«
»Dann ist sie wahrscheinlich sehr hübsch«, sagte das Relais.
»Woher weißt du das?«, fragte Howatzer verblüfft.
»Wenn Männer schon mal aus dem Häuschen sind …«, entgegnete Eawy schnippisch.
»Die Frauen sind nicht weniger aufgeregt.« Bran Howatzer berichtete, was er herausgefunden hatte.
»Damit wird alles klar«, sagte Dun Vapido. »Hamiller wird diese Göttin in ihrem Schrein an einen Ort entführen, an dem Boyt Margor versuchen wird, sie zu wecken. Margor geht es darum, Demeters mögliche Macht für sich selbst auszunutzen.«
»Warum gehen wir nicht endlich offensiv vor?«, fragte Eawy ter Gedan.
19.
Alle Wissenschaftler, die gekommen waren, um Hamiller zu unterstützen, waren Paratender Margors. Der Rat überließ es seinen Helfern, die Bodenplatten rings um den Schrein der schlafenden Göttin herum zu lösen. Er verfolgte die Arbeiten aus einiger Entfernung.
Die Männer arbeiteten schnell, aber dennoch sorgfältig. Schon nach etwa zwölf Stunden hoben sie Demeter mit ihrem Schrein und der dazugehörigen Anlage heraus. Unter dem transparenten ›Sarg‹ war ein Equipment verborgen, das einen Großcontainer von zwanzig Metern Länge, fünf Metern Breite und drei Metern Höhe in Anspruch nahm.
Um Demeter mit dieser Apparatur aus der Halle bringen zu können, musste Matzlew eine hochenergetische Schmelzbohrung mit Aushubverdampfung durchführen. Nur auf diese Weise konnte ein Tunnel von der Oberfläche bis in die Halle geführt werden, der groß genug war. Der Archäologe sträubte sich zunächst, doch Hamiller fuhr ihm so energisch in die Parade, dass er jeglichen Widerstand aufgab.
Vierundzwanzig Stunden nach Beginn der Arbeiten schwebte Demeter mit ihrem Versorgungssystem durch den Tunnel nach oben.
Matzlew kam zu Hamiller, als Demeter in einem riesigen Lastengleiter verschwand. »Fliegen Sie mit nach Südafrika?«, fragte er.
»Allerdings«, antwortete der Rat. »Ich werde nicht von Demeters Seite weichen, bis sie aufgewacht ist. Sie können unbesorgt sein, Ihrer Göttin wird nichts geschehen.«
Hamiller verabschiedete sich und stieg in den Gleiter. Als die Maschine Sekunden später abhob, atmete er auf.
Jandra Kays landete zwischen den Zelten der Archäologen. Zwei Wissenschaftler eilten auf sie zu, als sie ausstieg. »Sie dürfen ihre Maschine hier nicht aufsetzen!«, rief einer von ihnen.
Jandra holte aus und schlug ihm die Faust unter das Kinn. Der Mann taumelte gegen den anderen.
»Aus dem Weg!«, befahl die Frau und lief die Treppe hinab, die unter den Tempel führte. Die Männer folgten ihr. Einer griff nach ihrem Arm.
»Fassen Sie mich nicht an!«, fauchte Jandra Kays. »Ich töte Sie, wenn Sie mich nicht augenblicklich loslassen.«
Der Wissenschaftler glaubte, eine Wahnsinnige vor sich zu haben. »Seien Sie vernünftig«, bat er. »Sie haben hier keinen Zutritt. Wir sind mit wissenschaftlichen Arbeiten
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