Silberband 101 - Eiswind der Zeit
sie erreicht. Er schüttelte den Kopf und streckte die Hand nach dem offenen Fenster aus. »Machen Sie keinen Unsinn«, bat er. »Allmählich wird es ungemütlich hier draußen.«
»Sie begreifen überhaupt nichts.« Ihre Augen funkelten zornig. »Sie hätten gehorchen sollen!«
Sie stützte sich mit beiden Händen auf, fuhr herum und stieß mit den Füßen gleichzeitig nach dem Archäologen. Ihr Tritt traf Matzlew an der Schulter und schleuderte ihn zur Seite. Er rutschte über das glatte Metall und schlug vergeblich um sich, um Halt zu finden.
Seine Schreie verklangen. Persephone hatte keinerlei Schuldgefühl, da sie meinte, Matzlew ausreichend gewarnt zu haben.
Sie stieg durch das Fenster.
Hamillers hochtrabende Behauptung war keineswegs nur auf taube Ohren gestoßen. Zwei Polizeioffiziere hatten den Verhörraum für mindestens zehn Minuten verlassen. Nun kamen sie zurück. Ihre Mienen wirkten ein wenig freundlicher als zuvor. Payne Hamiller blickte ihnen erwartungsvoll entgegen.
Wortlos reichten sie ihm einen Minikom. Die Holoprojektion baute sich auf, als Hamiller das handliche Gerät entgegennahm. Julian Tifflors Konterfei stabilisierte sich in der Wiedergabe.
»Was in aller Welt machen Sie in Nairobi?«
»Das ist eine lange Geschichte«, antwortete Hamiller, der sich inzwischen einige Ausflüchte zurechtgelegt hatte. »Alles hängt mit den Entdeckungen auf Kreta zusammen. Ich habe Ihnen ja schon einige Informationen gegeben. Einen Teil der Funde lasse ich aus wissenschaftlichen Gründen und, um Sicherheit zu gewährleisten, in ein Forschungsinstitut bringen. Dabei hat es eine Panne gegeben und wir werden hier aufgrund eines Missverständnisses aufgehalten.« Hamiller lächelte entschuldigend. »In Nairobi mussten wir wegen eines technischen Defekts zwischenlanden.«
Julian Tifflor schien nicht argwöhnisch zu sein. Ohnehin herrschten noch chaotische Zustände auf der Erde. Täglich trafen Rückwanderer ein. Dabei kam es natürlich zu Problemen zwischen den Behörden, den bereits angesiedelten Menschen und den Neuankömmlingen. Auseinandersetzungen drohten vor allem dort, wo sich kriminelle Elemente Vorteile zu verschaffen suchten.
»Ich denke, das genügt«, sagte Tifflor. »Sie werden natürlich freigelassen.« Er nickte Hamiller zu und schaltete ab.
Der Wissenschaftler atmete auf. Er blickte die Polizeioffiziere fragend an.
»Sie haben sich nicht gerade geschickt verhalten«, erklärte einer von ihnen.
»Schon gut«, entgegnete Hamiller. »Ersparen wir uns Erläuterungen und Entschuldigungen. Uns kommt es nur darauf an, den entführten Transporter so schnell wie möglich zu finden und sicherzustellen.«
»Wir werden Ihnen dabei helfen«, versprachen die Polizisten.
Eine halbe Stunde später stiegen vierzig Gleiter auf. Payne Hamiller flog als Einziger allein in seiner Maschine. Er rief Boyt Margor an, als er sich einige Dutzend Kilometer von Nairobi entfernt hatte, und berichtete, was vorgefallen war. Der Mutant blieb ruhig.
»Ich bin sicher, dass Demeter bald wieder in Ihrer Hand sein wird. Geben Sie mir danach sofort Bescheid.« In Margors Augen blitzte es drohend auf.
Kaum eine Minute später wurde Hamiller informiert, dass der Großtransporter über dem Viktoriasee aufgespürt worden war. Erleichtert beschleunigte er und sah schon bald den Transporter, der gemächlich nach Süden flog.
»Wir haben den vorderen Teil des Transporters mit Lähmstrahlen bestrichen«, meldete einer der Polizisten.
»Ausgezeichnet«, erwiderte Hamiller. »Das genügt. Alles Weitere übernehmen wir.«
Er setzte seinen Gleiter auf dem Dach des Großraumtransporters neben einem beschädigten Fenster auf und verankerte ihn mit der Magnetschaltung. Neben ihm gingen vier weitere Maschinen nieder. Sie bildeten einen schützenden Halbkreis um das zerbrochene Fenster, sodass er aussteigen konnte, ohne befürchten zu müssen, vom Fahrtwind weggerissen zu werden.
Hamiller schwang sich durch das Fenster nach unten. Einige der anderen Wissenschaftler folgten ihm. Im Laderaum überzeugte er sich davon, dass Demeter nichts geschehen war. Erleichtert stellte er fest, dass sie nach wie vor in ihrem Schrein lag.
In der Pilotenkanzel fand er gleich darauf drei ihm unbekannte Personen, zwei Männer und eine junge Frau. Es gab aber nicht den geringsten Anhaltspunkt, warum sie den Gleiter gestohlen hatten.
»Wir setzen sie am Rand des Sees ab«, entschied er. »Uns interessiert nur Demeter und sonst nichts. Wer immer sie sein
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